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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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werden beim Spionieren. Aber da konnte
man sich gewiss etwas einfallen lassen, schließlich waren
Stunden verstrichen, seit er sich zur Zentrale abgemeldet hatte.
Warum, zum Beispiel, konnte er nicht auch diesem Teil ihres
Verantwortungsbereiches einen Inspektionsbesuch abstatten?
Na also!
Allein, Alexejs Befangenheit nahm eher zu als ab. Je näher
ihm diese Frau kam, desto mehr löste sich ihr Körper aus dem
scheinbaren Dunkel, immer mehr ging die blendende Aureole,
die diesen Körper umgab, in scharfe Trennungslinien über.
Alexej fühlte sich nicht etwa befangen, weil diese Frau
absolut nackt war, das verwunderte ihn höchstens angesichts
der doch alles andere als hautfreundlichen Umgebung und
auch, weil es eben doch unüblich war. Aber wenn sie meinte,
zu einem Rendezvous unbekleidet zu gehen, sei zweckmäßig –
war das ihre und Macs Sache!
Was ihn irritierte und zugleich erregte, ihn sogar an Flucht
denken ließ, war, dass die Frau völlig unbefangen
schnurstracks auf ihn zuschritt, nicht eben schnell, sondern in
einem aufreizend schleppenden Gang, und dass sie, je mehr sie
Konturen bekam, nicht etwa, wie Alexej vermutet hatte,
sportliche Bräune präsentierte, sondern grünlich wurde und es
auch blieb, als sie ganz nah war!
Alexej drückte sich an den Felsen, dass sich die kleinen
Vorsprünge schmerzhaft in seinen Rücken bohrten. Und
blitzartig begriff er Macs Heimlichtuerei.
Einen Meter vor Alexej blieb die Frau stehen.
Alexej kam sich lächerlich vor. Er saß wie in einer erstarrten
Gymnastikpose, ein Bein angewinkelt, das andere
ausgestreckt.
Sie sah auf ihn herab.
Alexej war fasziniert von dem Anblick. Er registrierte nicht –
jedenfalls noch nicht bewusst
– das verfilzte Haar, die
zerschundenen Beine und Unterarme, die rotgrauen
Schlammkrusten an Füßen und Waden.
Jetzt öffneten sich ihre Lippen, dann lachte sie, immer
fröhlicher, hob die linke Hand mit dem ausgestreckten
Zeigefinger, wies auf Alexej und – lachte ihn aus.
Ihm fiel nichts Besseres ein, als gequält zurückzulächeln, das
ausgestreckte, eingeschlafene Bein anzuziehen und sich
langsam an der Felswand empor zu stemmen.
Sie lachte noch immer. Plötzlich fiel ihm auf, dass ihr Blick
nicht auf ihn gerichtet blieb, dass ihre Augäpfel rollten, sie
unstet umhersah.
Dann hörte sie ebenso plötzlich mit dem Lachen auf,
vollführte eine jähe leichte Drehung, schritt an dem Felsblock
vorbei und war verschwunden, noch ehe Alexej das Geschehen
voll erfasst hatte.
Er wollte ihr hinterhereilen – und hielt sich nach dem ersten
Schritt aufstöhnend an der Felswand fest. Sein eingeschlafenes
Bein verweigerte den Dienst. –
Sylvester Reim klopfte kurz und riss die Tür weit auf. Er
wollte rufen: ,Hier ist der, ohne den ihr es nicht aushalten
könnt, der, den ihr aus dem letzten Winkel der Welt
zurückholt, dem ihr den Urlaub versaut…’ So ähnlich hatte er
sich seinen Begrüßungsauftritt zurechtgelegt. Aber mehr als
ein „Hier…“ brachte er nicht zuwege. Die Szenerie vor ihm
verschlug ihm buchstäblich die Sprache. Kopf an Kopf über
eine Zeichnung gebeugt, standen da Marie und – Allan Nagy,
jetzt in einer eigenartigen wie eingefrorenen, unnatürlichen
Haltung, da sie, als Sylvester eingetreten war, den Kopf
gehoben hatten, ohne den Körper aufzurichten.
„Hallo!“, grüßte Marie und ließ den Stift auf die Folie fallen.
Sie richtete sich empor und kam Sylvester einen Schritt
entgegen. Nagy hob lässig die Hand zum Gruß.
„Eigentlich hatte ich dich schon gestern im Laufe des Tages
erwartet. – Schon gut!“ Sie vollführte eine abwehrende
Armbewegung, als sie bemerkte, dass Sylvester ansetzte, sich
zu rechtfertigen. „Nagy kennst du.“ Sie wies mit einem
Kopfnicken in dessen Richtung. „Er konnte stichhaltig
aufklären, warum seinerzeit die Versuche abgebrochen
wurden. Ausschließlich technische Ursachen. Nämlich…“, sie
wiegte den Kopf hin und her, „er hat nachgeholfen.“ Sie legte
eine Pause ein und fuhr dann betont sachlich fort: „Er arbeitet
in unserem Team, und wir nehmen die Versuche dort auf, wo
sie vor sieben Jahren abgebrochen wurden; natürlich arbeiten
wir unsere Ergebnisse ein. Eine Kopie der Unterlagen liegt für
dich bereit. Mach dich dran. Am Zweiundzwanzigsten setzen
wir uns zusammen und legen den weiteren Ablauf fest. Bis
dahin möchtest du auf dem Laufenden sein. Du hast uns
gegenüber einen Tag Verzug. Er wird unterdessen“, sie wies
erneut mit dem Kopf auf Nagy, „eine bauliche

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