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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Produktivität.
    Er erfuhr, dass sein Ratschlag von Gio übernommen worden
war, weil er ihn vergessen hatte. Und Marie hatte ihm eines
Tages auf die Schulter geklopft und gesagt: „Am Zwanzigsten,
Allan, holst du dir Leistungsbons.“ Und als er sie verwundert
ansah, nickte sie nur und fügte hinzu: „Das geht schon in
Ordnung, wir sind alle dafür.“
    Nagy war sich im Klaren darüber, dass er diese Gelegenheit
der Bewährung nutzen, sich in den gegebenen Normen
bewegen musste, dass er eine solche Chance nicht gleich
wieder bekam. Und trotzdem juckte es ihm in den Fingern –
und das war es eigentlich, was ihn täglich zu den Schweinen
zog
–, die Züchtungen zu beschleunigen, damit der
Versuchsbeginn vorgezogen werden konnte. ,Es wäre schnell
gemacht’, dachte er, ,jedem der Kleinen die Spritze zu
verabreichen, die die Mutation einleitet. Das könnte man sogar
kombinieren: schnelleres Wachstum mit vorzeitiger
Geschlechtsreife. Wahrscheinlich würde es gar niemand
bemerken. Wer weiß heutzutage schon noch über natürliche
Tragezeiten Bescheid.’ Aber der Stamm sollte von normal
entwickelten Tieren gebildet werden. So hatten sie es
gemeinsam festgelegt, ein völlig richtiger Beschluss. Niemand
würde Verständnis für mich haben, käme es heraus. Und was
wäre das für ein Erfolg? Nüchtern betrachtet: Ein Vierteljahr
früher oder später dort, was macht es aus? Anne wird nicht
wieder lebendig.
    Obwohl sich Nagy stets, wenn ihn die Versuchung packte,
solche Argumente vorhielt, gab er sich diesem Wunschdenken
hin, das auch von einer gewissen Berufsehre geschürt wurde.
Nagy war überzeugt, und der Versuch könnte diese
Überzeugung nur bestätigen, dass Mutanten und sogar Doubles
sich genauso zu den Versuchen eignen würden wie die echten
Tiere.
    Aber er war sich auch im Klaren, dass er nach einer weiteren
Disziplinlosigkeit unweigerlich entlassen werden würde und
dann in den nächsten 10 Jahren keine Chance hätte, eine
Planetenfähre von innen zu sehen.
    Allan Nagy ging die Koben entlang. Tiere unterschiedlicher
Größen und Rassen grunzten ihn an, hochbeinige und
hängebäuchige, Fettschweine, lange aus der Mode, und
magere. Er verweilte bei den A-Mutanten, Tieren so groß wie
Kälber. Neben jeder Box befand sich das Abteil für die
entsprechenden Doubles. Und sie ließen sich von den
Originalen nur durch die Kennmarke unterscheiden. „Wir
werden sehen, wer sich bewährt.“
    Dann wurde er auf einen besonders lauten Spektakel
aufmerksam, der aus den hinteren, hermetisch abgetrennten
Boxen drang, von dorther, wo Tageshelle herrschte, wo die
ersten Flor-Mutanten standen.
    Da der Krach nicht nachließ, beschleunigte Nagy seine
Schritte, schleuste sich ein, nahm eine Sauerstoffmaske, stand
wenig später vor der Box, aus der das Gekreisch kam, und
betrachtete eine merkwürdige Szene: Ein mittelgroßer Läufer
wälzte sich, beäugt von seinen drei Boxgefährten, die sich an
die Bande drängten, auf dem Boden, grunzte und quietschte,
führte Ringeltänze auf, raste in der engen Box herum, kurz,
benahm sich unschweinisch merkwürdig.
    Aber trotz sehr aufmerksamen Beobachtens hatte Nagy nicht
den Eindruck, als empfinde die Kreatur Schmerzen. Das Tier
unterbrach zeitweise seine Eskapaden, fraß oder soff etwas,
was sich ganz normal ausnahm, setzte dann aber sein Getöse
fort, bis es sich – es mochten fünfzehn Minuten vergangen sein
– erschöpft hinstreckte, noch ein wenig grunzte und zuckte und
dann friedlich einschlief.
    Nagy blieb noch eine Weile an dieser Box, aber das Tier
atmete ruhig. Es schlief fest, auf der Seite liegend, alle vier
Beine von sich gestreckt. ,Vielleicht ein Exemplar mit einer
besonders fröhlichen Grundstimmung’, dachte er, und er
lächelte. Was ihn auch zufrieden stimmte, war, dass trotz
dieser Bewegungsorgie, die das Tier veranstaltet hatte, die
Atemfrequenz nicht anormal gestiegen war, dass das Tier nicht
vor Atemnot gekeucht hatte.
    Nagy überprüfte den Sauerstoffmesser: immerhin nur zwölf
Prozent. Er sah durch die Scheiben in die Nachbarbox: nur
zehn dort, die Tiere aber ebenfalls gesund und lebhaft. Er
inspizierte noch die zugehörigen Mutanten und Doubles. Die
pflanzenfressenden, schnellwüchsigen Letzteren sahen am
wohlsten aus.
    Allan Nagy verließ die Boxen. ,Bitte’, dachte er, ,alles zum
Besten’. Man könnte beginnen, morgen schon. Aber erst
müssen die echten Schweine die notwendige Stückzahl
erreichen… ,Noch ein halbes Jahr, Allan! Nimm

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