Die Maske des Alien
interkulturellen Kontakte. Alvea wäre in einer kulturellen Sackgasse.“ Er sagte nicht, daß Alvea in seinen Augen ohnehin schon fast stagnierte. Das war wahrscheinlich auch ein vorübergehender Effekt der Seuchen.
„Die Schiffe haben euren Glauben zerstört.“
„Nein, das haben die Daten getan. Niemand konnte Gommersets Resultate wiederholen.“
„Nicht einmal mit seinen Vierhundert?“
„Nun, die waren offensichtlich präpariert; jemand hatte sich an ihrem Vorderhirn zu schaffen gemacht, da gab es keinen Zweifel.“
„Gommerset?“
„Weiß ich nicht. Als eine komplette Analyse möglich war, lebte er schon nicht mehr.“
„Es ist auch leichter, einen toten Mann in den Schmutz zu ziehen.“
„Nun, ich will wirklich keine große Sache daraus machen.“
„Ihr wollt nicht glauben. Die Erde will nicht glauben.“
„Ach …“ Diesmal war es Skallon, der nach ihrer Hand griff. „Glauben, nicht glauben – mir ist es egal.“
„Das denke ich nicht.“
„Wenn ich sterbe und in einem anderen Job wieder zurückkomme, als Agrimech oder sonstwas – prima. Ich kann doch daran nichts ändern. Und wenn irgendwann Schluß ist – pfifft –, genausowenig. Also mache ich mir auch keine Sorgen.“
„Jeder denkt über diese Dinge nach. Jeder hat Sehnsucht.“
„Ich habe keine Sehnsucht danach, auf jeder Ebene des Lebens noch einmal zurückzukommen. Aber das ist es, was ihr denkt, nicht wahr? Weil ihr eine unbegrenzte Anzahl – oder doch wenigstens eine sehr große Anzahl – von Leben habt, braucht ihr euch auch nicht die Mühe zu machen, eure soziale Rolle jetzt zu verändern, nicht wahr?“
„Unser Weg gibt uns innere Ruhe.“
„Ich habe aber lieber die … die Freude des Neuen.“ Er starrte sie ernsthaft an. Der Kerrinwein in seinem Essen ließ seinen Kopf ein wenig rauschen. Der Raum hallte wider von vielen ineinander verflochtenen Gesprächen; die Luft war schwer und voller Gerüche.
„Auch Ihr braucht die Ruhe. Jeder braucht sie.“
Skallon lehnte die mürben Süßigkeiten, die ihm zum Dessert gereicht wurden, ab, und so verließen sie das Communal frühzeitig, noch ehe das Gedränge am dichtesten war. Von den gedämpften Eß- und Sprechgeräuschen und dem scharfen Knacken des offenen Feuers führte sie ihn in die hinteren Korridore des Hotels. Sie kamen an Fains Zimmer vorbei, und Skallon verspürte einen Impuls anzuklopfen, doch er unterdrückte ihn. Er brauchte Ruhe, und die Durchsuchung der Großen Halle würde später seine ganze Wachsamkeit erfordern.
Joane öffnete ihm eine rohe Holztür, hinter der er zunächst seine Kammer vermutete. Aber der Raum war größer, und durch die Fenster sah man die Felder hinter dem Haus. Die Luft hier war frischer als in den unteren Räumen, und sein Kopf war gleich klarer.
Sie trat zu ihm, als die Tür klickend ins Schloß fiel. Joane war viel kleiner als Skallon, aber sie schien ihn ganz zu umschließen, und der Duft einer neuen, warmen, animalischen Hitze stieg zwischen ihnen auf. Er hatte das Gefühl, nur aus Ellbogen und Knien zu bestehen. Sie murmelte etwas, als sie seinen Hals küßte, aber er verstand es nicht, konnte sich nicht konzentrieren auf das, was er tat.
Allmählich entspannte er sich. Es war nicht wie bei den anderen Gelegenheiten, wo er sich jeder Bewegung, jeder Geste bewußt gewesen war, bewußt auch der Implikationen dessen, was die Frauen wollten und was sie von ihm erwarteten. Hier mit Joane floß alles ineinander. Griffe lösten sich, Glieder glitten geschmeidig hindurch und schlangen sich umeinander. Er verlor das Gleichgewicht, und sie fielen mit traumhafter Leichtigkeit (die Gravitation? fragte er sich, aber nein, das war es nicht) und formten einander zu verschiedenen Gestalten,
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