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Die Masken der Niedertracht

Die Masken der Niedertracht

Titel: Die Masken der Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-France Hirigoyen
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erledigen. Sie stacheln zur Ablehnung an; denn es beruhigt sie zu sehen, daß das Leben genau so ist, wie sie es vorhergesehen hatten, aber wenn eine Beziehung zu Ende geht, suchen sie eiligst nach einer neuen, die ihnen die Unterstützung gibt, die sie benötigen.
     
     
    Die Paranoia
     
    Die narzißtischen Perversen neigen dazu, als Moralprediger aufzutreten. Sie erteilen anderen Lektionen in Redlichkeit. Darin ähneln sie den paranoischen Persönlichkeiten.
     
    Die paranoische Persönlichkeit ist charakterisiert durch:
     
    • # Hypertrophie des Ich: Hochmut, Überlegenheitsgefühl;
    • # Psychorigidität: Halsstarrigkeit, Unduldsamkeit, kalte Rationalität, Schwierigkeit, positive Gemütsbewegungen zu zeigen, Geringschätzung anderer;
    • # Mißtrauen: übertriebene Angst vor der Aggressivität anderer, Gefühl, Opfer des Übelwollens anderer zu sein, Verdacht, Eifersucht;
    • # Unrichtigkeit des Urteils: sie deutet neutrale Ereignisse als gegen sie gerichtet.
     
    Im Unterschied zum Paranoiker indessen macht sich der Perverse, auch wenn er die Gesetze und Regeln des gesellschaftlichen Lebens genau kennt, doch über diese Regeln lustig, um sie triumphierend zu umgehen. Die Eigentümlichkeit des Perversen ist es, die Gesetze zu mißachten. Sein Ziel ist es, den Gesprächspartner zu verwirren, indem er ihm zeigt, daß sein moralisches Wertesystem nicht funktioniert, und ihn für eine perverse Ethik zu gewinnen.
    Die Machtergreifung der Paranoiker geschieht durch Gewalt, während die der Perversen durch Verführung geschieht – aber wenn die Verführung nicht verfängt, können auch sie auf die Gewalt zurückgreifen. Die Phase der Gewalt ist in sich ein Vorgang paranoischer Dekompensation: Der andere muß vernichtet werden, weil er gefährlich ist. Man muß angreifen, bevor man selbst angegriffen wird.
    Wie wir gesehen haben, ist die narzißtische Perversion eine Methode, die es ermöglicht, Angst zu vermeiden, indem man alles, was schlecht scheint, nach außen verlagert. Es handelt sich dabei um einen Schutzmechanismus vor dem psychischen Zerfall. Die Perversen greifen an, um sich selbst zu schützen. Wo Schuld aufscheinen könnte, entsteht eine unerträgliche psychotische Angst, die mit Gewalt einem Sündenbock aufgehalst wird. Dieser ist das Sammelbecken all dessen, was sein Aggressor nicht aushalten kann.
    Weil sie selbst schon in der Kindheit haben lernen müssen, aus Selbstschutz die gesunden Teile in sich von den verletzten zu trennen, fahren die Perversen fort, sich gespalten zu verhalten. Ihre Welt ist geteilt in Gut und Böse. Alles Schlechte auf einen anderen zu projizieren ermöglicht ihnen, sich besser zu fühlen, und verschafft ihnen relative Stabilität. Weil sie sich machtlos fühlen, fürchten die Perversen die vermeintliche Allmacht der anderen. Fast wahnhaft mißtrauen sie ihnen, unterstellen ihnen feindliche Gesinnung, die aber nur die Spiegelung der eigenen feindlichen Gesinnung ist.
    Ist dieser Mechanismus wirksam, genügt der auf ein zur Beute gewordenes Ziel projizierte Haß, um die inneren Spannungen zu lindern, was es dem Perversen ermöglicht, sich anderswo als angenehmer Gesellschafter zu zeigen. Daraus erklärt sich die Überraschung oder sogar das empörte «unmöglich!» derer, die von den perversen Umtrieben eines Verwandten hören, der sich bis dahin immer nur von seiner besten Seite gezeigt hatte. Die Aussagen der Opfer erscheinen unglaubwürdig.
     
     
     
    7. Das Opfer
     
     
    Das Opfer als Objekt
     
    Das Opfer ist Opfer, weil es vom Perversen dazu bestimmt wurde. Es wird Sündenbock, verantwortlich für alles Übel. Es wird von nun an Ziel der Gewalt sein und so seinem Aggressor Depression oder Selbstzweifel ersparen.
    Das Opfer, das ja wirklich Opfer ist, hat das Verbrechen, für das es bezahlen wird, nicht begangen. Dennoch verdächtigen es selbst diejenigen, die Zeugen der Aggression wurden. Alles läuft ab, als könne es ein unschuldiges Opfer nicht geben. Man mutmaßt, daß es stillschweigend einverstanden ist oder daß es – bewußt oder unbewußt – Komplize dieser Aggression ist.
    Laut René Girard 29 erzeugten in der primitiven Gesellschaft die Rivalitäten innerhalb der Gruppe Situationen undifferenzierter Gewalt, die sich ausbreiteten durch Nachahmung und nur in einem Opferritual einen Ausweg fanden, das zum Ausschluß (sogar zur Tötung) eines Mannes oder einer Gruppe von Männern führte, die als verantwortlich für die Gewalttätigkeit bezeichnet

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