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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Angeklagten vorbeiging, zwinkerte er ihm aufmunternd zu. Vor dem Richtertisch angelangt, musste er sich zunächst darüber belehren lassen, dass Anredeformen wie »Euer Ehren« der Gleichheit aller Bürger widersprächen. Dann fragte der Vorsitzende: »Sind Sie mit dem Arzt Pierre Tarin verwandt?«
    Tarin verbeugte sich. »Nein, ich bin Zigor Tarin, Euer Gna… Ich wollte sagen, Ehrenbürger Herman.«
    Der Präsident verdrehte die Augen. »Was könnt Ihr uns über den kleinen Dicken berichten?«
    »Ich habe ihn gefunden.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich möchte, dass der wahre Schuldige verurteilt wird.«
    Der Vorsitzende lächelte. »Ein aufrechter Bürger. Und wo?«
    »Ich bin seiner Spur bis nach Bicêtre gefolgt. Das ist …«
    »… ungefähr eine Wegstunde südlich von Paris, ich weiß. Haben Sie ihn gleich mitgebracht?«
    »Das war nicht nötig, Euer … bürgerliche Hoheit.«
    Herman verzog das Gesicht. »Wieso nicht?«
    »Doktor Philippe Pinel passt auf ihn auf. Er hat dort ein Krankenhaus.«
    »Die Irrenanstalt?«
    Tarin nickte. »Es ist mehr als das. Die Kranken werden dort weder angekettet, noch wie Tiere behandelt. Wie auch immer, sie können nicht so einfach weglaufen. Ich muss Sie indes vorwarnen: Monsieur M. hat den Verstand verloren.«
    Herman stöhnte einmal mehr. »Ist denn die ganze Welt verblödet!«

Arian wird freigelassen.
Um Miras willen beschließt er die Rückkehr nach England,
ahnt er doch, dass Morpheus ihnen nach dem Leben trachtet.
      
      
      
    Paris, 16. Juli 1793
      
    Bis Montagnacht hatten alle Zeugen die Aussagen von Mira – in Gestalt des Zeitungsfalters – und Tarin bestätigt. Am Dienstagmorgen wurde Arian – endlich wieder im eigenen Körper – freigelassen. Er konnte sein Glück kaum fassen, als man ihm die goldene Taschenuhr mit dem Bild seines Vaters aushändigte; Morpheus musste sie bei seiner Verhaftung getragen haben. Arians Freunde, darunter auch Zedekiah Blacksmith und, so mochte man meinen, Monsieur Laurent Basse, holten ihn mit einer offenen Kutsche von der Conciergerie ab.
    »Danke, dass du Mira noch einmal deine Hülle geliehen hast«, sagte Arian zu Charlotte Corday, als das Gespann die Île de la Cité hinter sich ließ. Zed, der auf dem Kutschbock saß, benutzte den Pont Neuf zur Überquerung der Seine.
    Das Provinzfräulein im Männerleib lächelte. Es saß neben Tarin auf der Bank gegenüber. »Das bin ich ihr schuldig gewesen. Schade, dass ich ihren Körper wieder zurückgeben musste. Du hast dir das schönste Mädchen der Welt ausgesucht.«
    »Ich weiß.«
    »Du bist aber auch sehr ansehnlich.«
    Mira räusperte sich. »Er gehört mir, Schwester.«
    Charlotte errötete. »Pardon, so war das nicht gemeint.«
    »Findest du mich denn ebenfalls … ansehnlich? «, feixte Arian. Er grinste Mira an.
    »Du hast mir bisher keine Zeit gelassen, darüber nachzudenken«, versetzte sie.
    »Dann halte ich jetzt besser den Mund, damit du dir ein Urteil bilden kannst.«
    Sie beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn auf die Wange. »Ich hätte dich auch als einäugiges Narbengesicht genommen, aber so bin ich rundum mit dir zufrieden.«
    »Famoses Kompliment!«
    Mira wurde schlagartig ernst. Hastig kramte sie den Feuerkristall aus ihrer Rocktasche und betrachtete Arian durch den Stein. Sie atmete erleichtert auf.
    »Stimmt was nicht?«, wunderte er sich.
    »Dieses Wort – famos –, das hat dein Urgroßvater immer benutzt. Einen Moment dachte ich …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Dass ich Morpheus bin?« Er schauderte. »Du hast recht. Bisher ist bei jedem Swap etwas von den anderen auf mich übergegangen. Durchaus denkbar, dass auch von ihm Erinnerungen, Talente oder Marotten auf mich abgefärbt haben.«
    Sie krauste die Stirn. »Hoffentlich nur Famoses .«
    »Ich habe keine Machtgelüste wie er, falls du das meinst.«
    »Wo er jetzt wohl ist?«, sagte Tarin. »Ich habe den Söldnern eine Botschaft geschickt, dass eine Garnison den Elfenbeinpalast besetzt halten soll. Die übrigen Männer habe ich zu meiner Unterstützung nach Paris gerufen.«
    »Kannst du dir ein ganzes Heer leisten?«, staunte Charlotte. Tarin grinste. »Ich habe ihnen erlaubt, sich an den Schätzen des Metasomenfürsten zu bedienen. Demnächst stelle ich mich ihnen als Ikelas Erbe und Nachfolger vor. Dann veranstalten wir eine Hatz auf die Schwarzen Wölfe.«
    Arians Aufmerksamkeit war einen Moment vom Louvre abgelenkt worden. Jetzt sah er seinen Freund fragend an. »Wozu?«
    »Morpheus lebt

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