Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau

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Fleischeshülle, und mit ihm, dem Tattergreis? Schnell schlug er ein.
    Ein Schmerz durchfuhr ihn. Er biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Zu seiner Überraschung blieb alles, wie es war. Seine Hand tat nur so weh, weil Hooters Pranke sie wie ein Schraubstock zusammenquetschte. »Du musst unbedingt lernen, deine Kräfte zu zügeln«, keuchte er.
    »Oh! Entschuldige. Ich hab so fest zugepackt, damit wir nicht versehentlich die Körper tauschen. Warte noch einen Moment.« Sie lockerte etwas den Griff. Ein paar Herzschläge später gab sie seine gichtknotigen Finger wieder frei und schmunzelte. »Du siehst irgendwie enttäuscht aus.«
    Er verzog den Mund. »Ich hätte nichts dagegen gehabt, mit dir den Platz zu wechseln. Immerhin hast du dich freiwillig in diesen Körper…« Ein Geräusch ließ ihn verstummen. In der Nähe hatte ein Hund gebellt. Es war ein tiefer Laut, so als würden massive Felsen zusammenrutschen. »Hast du das gehört?«
    Sie nickte. »Ist nur irgendein Straßenköter.«
    »Nicht irgendeiner. Das war eine Englische Bulldogge.«
    »Davon laufen hier doch bestimmt viele herum.«
    »Aber es gibt nur einen Bulldog, der Monster heißt.« Arian starrte Mira aus schmalen Augen an. Hatte sie ihn verraten?
    Plötzlich krachte die Haustür aus den Angeln und Slits näselnde Stimme hallte durchs Haus.
    »Überraschuuuung!«

Turtlenecks Misstrauen hat gesiegt.
Er schickt dem falschen Hooter seine Mordbuben hinterher.
Für Arian und Mira geht es um Leben und Tod.



    London, 8. Juni 1793

    Arian löschte rasch die Flamme der Öllampe und zückte den Giftdolch. »Bleib hinter mir, damit ich dich nicht aus Versehen aufspieße«, wisperte er.
    Abermals hallte der Ruf des Schlitzers durchs Haus. »Hooter, du altes Rhinozeros. Zeig dich gefälligst, sonst muss ich ja denken, du hättest etwas vor mir zu verbergen.«
    »Vielleicht hat er das Licht noch nicht gesehen«, flüsterte Mira.
    »Ich werde versuchen, ihn nach oben zu locken«, antwortete Arian leise. »Wenn ich loslaufe, tust du es auch, verstanden?«
    »Willst du etwa durch die Decke gehen?«
    »Nicht ich, nur meine Stimme. Schon mal was von Telebauchreden gehört?«
    »Wie bitte?«
    »Hooter!«, schrie Slit. Es klang ziemlich verärgert. »Ich weiß, dass du und der Alte im Haus seid. Monsters Nase irrt sich nie.«
    Ein schnelles Klicken war zu hören – die Krallen des Bulldogs, die über die Dielen tippelten.
    Leise trat Arian an die Zimmertür, ging ächzend in die Knie und blickte durchs Schlüsselloch. Im Flur war es dunkel. Eine massige Gestalt stand im Ausgang, schwarz wie ein Scherenschnitt auf einer Schiefertafel. Abgesehen vom Hecheln des Kampfhundes war es still.
    Arian rief sich die kaputte Treppe ins Gedächtnis. Sein besonderer Sinn brauchte ein genaues Bild von dem Raum, in dem er sich entfaltete. Ihm blieb nicht viel Zeit. Als er Slits pneumatisches Feuerzeug schnappen hörte, ließ er die Kraft strömen, die ihn zu einem Plagiator machte.
    Aus dem ersten Stock ertönte die Stimme von Zedekiah Blacksmith. »Ich bin hier oben, Slit. Muss den Seelendieb in Schach halten. Komm rauf und hilf mir.«
    »Bei Fuß, Monster!«, befahl der Schlitzer. Während seine Spürnase herbeitippelte, entzündete er an der Glut seines Feuerzeugs eine Fackel. Als die Flammen das Entree erhellten, hatte Arian bereits eine weitere Illusion erschaffen. Hätte er die Wahl gehabt, würden die Treppenstufen jetzt wie Holz aussehen, nicht wie Stein. Hoffentlich kam er damit durch.
    »Du bleibst da, Sabberschnute. Wenn jemand an dir vorbei will, mach Hackfleisch aus ihm«, sagte Slit zu dem Bullenbeißer.
    Aus Monsters Kehle kam ein Grollen, dem ein einzelnes Wuff! folgte, was in die Menschensprache übersetzt vermutlich so viel wie Aye, aye, Sir! bedeutete .
    Arian vernahm ein lautes Knarzen. Der Schlitzer war also auf dem Holzweg – im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Schritt und noch einer. Die wurmstichige Treppe protestierte ächzend unter dem Gewicht des Dicken. Er stieg trotzdem weiter nach oben, als wäre es ganz normal, dass Steinstufen solche Geräusche machten.
    Plötzlich krachte es.
    »Verflucht!«, hallte Slits wütender Schrei durchs Haus.
    »Jetzt!«, rief Arian und riss die Tür auf.
    Zu seiner Rechten sah er im Halbdunkel ein Paar zappelnder Beine, die unten aus der Treppe ragten. Vor dem Ausgang hockte Monster und knurrte.
    Arian fackelte nicht lang. Wie vom Blitz entfacht, flammte vor dem Hund eine Lohe auf. Das Tier