Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Morpheus, als Arian und Mira die Stufen des Podests fast erreicht hatten.
    Sie blieben augenblicklich stehen.
    Er deutete lächelnd ins Halbdunkel zu den Wächtern hin. »Wir haben in letzter Zeit wenig Besuch gehabt. Deshalb greift meine famose Leibgarde manchmal schneller zu den Waffen, als mir lieb ist. Ich hoffe, Hauptmann Sumru war nicht allzu ruppig zu euch.«
    Mira machte einen vollendeten Knicks. »Er hat nur seine Pflicht getan, Hoheit.«
    Arian fühlte sich von ihrem Vorbild dazu genötigt, sich ebenfalls zu verbeugen. Er hatte das Gefühl, die Luft würde knistern, so angespannt war er. Konnte er diesem uralten Mann trauen?
    Morpheus nickte. »Als Nostradamus mich davon unterrichtete, dass Sumru euch festgenommen hat, ließ ich gleich anordnen, euch jedmögliche Annehmlichkeit angedeihen zu lassen. Ich hoffe, alles ist zu eurer Zufriedenheit?«
    Das Mädchen neigte anmutig das Haupt. »Wir danken Euch für Eure Großzügigkeit, Hoheit.«
    »Wie ich erfreut feststelle, ist dein Liebreiz noch größer, als der alte Sternendeuter ihn mir beschrieben hat.«
    Mira sah wieder auf und lächelte. »Ihr seid zu gütig, Hoheit.«
    Der Fürst strich sich eine Locke aus der Stirn und wandte sich Arian zu. Selbst in seinen knappsten Gesten und kürzesten Äußerungen waren ein ehernes Selbstbewusstsein und eine unbezwingbare Autorität zu spüren. Trotzdem gab er sich alle Mühe, umgänglich, ja sogar liebenswürdig zu sein. Er entblößte die Zähne. »Ein alter Freund ist zu mir zurückgekehrt. Was für eine Freude!«
    Arian blinzelte irritiert. »Wie meinen?«
    Morpheus erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem Thron, schritt zum Rand des Podestes und stieg über die Stufen zu den Besuchern hinab. Verglichen mit Arians Beutekörper war er ein Riese. Die schwarzen Augen des Fürsten hielten den Blick seines Gegenübers unverwandt fest. Er deutete auf den roten Stein in dem Narbengesicht. »Der Feuerkristall. Er wurde mir vor langer Zeit gestohlen. Lass mich ihn ansehen.«
    »Ich soll…?« Arian wusste nicht, was er davon halten sollte.
    »Du bekommst ihn zurück. Oder traust du mir nicht?«
    Ein Ja wäre eine Beleidigung gewesen, mit einem Nein hätte Arian gelogen, was ihm noch gefährlicher erschien. Also schwieg er.
    Der Fürst lächelte. »Ich kann dich verstehen, obwohl ich dir mein wahres Wesen gezeigt habe – es gibt nichts, was jemand vor dem Kristall der Wahrheit verbergen könnte. Willst du mir im Gegenzug nicht verraten, wer du bist? Darf ich?« Er streckte seine Rechte aus.
    In der fordernden Geste und dem diamantharten Blick des Metasomenfürsten lag etwas Unnachgiebiges, dem Arian sich nicht zu widersetzen vermochte. Er nahm das rubinrote Auge heraus und reichte es Morpheus. Ehe er es jedoch in dessen offene Hand fallen lassen konnte, fuhr diese plötzlich nach oben. Arian spürte eine Berührung an den Fingerspitzen. Blitzschnell umschloss er den Kristall mit der Faust, ein Reflex, der nicht verhinderte, was darauf geschah.
    Es war grauenhaft, ein Gefühl, als werde er von einer gewaltigen Woge gepackt und herumgeschleudert. Sie walkte ihn durch und zerrte an seinen Gliedmaßen, als läge er auf einer Streckbank. Seine Beine schienen sich in Luft aufzulösen. Wankend suchte er Halt, griff aber nur ins Leere. Sämtliche Kerzen im Audienzsaal verwandelten sich in Sonnen. Das gleißende Licht blendete ihn. Er hörte einen fernen Schrei. Nein, er selbst brüllte da wie am Spieß. Ein schrecklicher Gedanke traf ihn wie ein Pfeil: Du verschmilzt mit ihm! Morpheus hatte ihn getäuscht. Arian bäumte sich gegen den fremden Willen auf…
    »Nicht schießen!«, rief jemand, der wie Turtleneck klang. Vor Arians Augen tanzten zu viele Sterne, um den Besitzer der Stimme zu erkennen. »Ruhig!«, setzte der Mann hinzu. »Dir geschieht nichts. Ich will nur, dass du endlich klar siehst.«
    Tatsächlich klärte sich Arians Blick allmählich auf. Fast hätte er wieder zu schreien begonnen, als aus den verschwommenen Schleiern das Narbengesicht des Londoner Verbrecherkönigs auftauchte. Die leere Augenhöhle schien ihn direkt anzusehen. Er hatte mit dem Metasomenfürsten den Platz getauscht.
    Turtlenecks Mund lächelte zufrieden. »Und? Wie gefällt dir mein Körper?«
    Arian hörte, wie Mira erschrocken einatmete. Schneller als er hatte sie die tödliche Gefahr der neuen Situation erkannt: Morpheus besaß jetzt ihre Namensliste. Was, wenn Tarin sich doch nicht irrte und dieser uralte Swapper sämtliche

Weitere Kostenlose Bücher