Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
Staatssekretär. Grace war als Hauptgeschäftsführerin aufgeführt, da weder er noch Henry sich um den Job gerissen hatten. Wieder musste er an Casey denken: Sie hätte eine tolle Geschäftsführerin abgegeben. Er wischte den Gedanken weg und wandte sich seinen Geschäftspartnern zu. »Fährt euch beiden nicht gerade der Zug davon?«
»Du hast Recht!«, rief Grace. »Wir sind schon weg!«
»Frohe Weihnachten!« Von der Schwelle aus sah John zu, wie Grace und Henry in den Pick-up stiegen.
Als sie verschwunden waren, drehte er sich um und blickte auf den Automaten, in dem er zuvor knietief gestanden hatte: eines seiner Modelle für einen einzigen Spieler. Von Anfang an hatte er einen traditionellen Flipper bauen wollen, genau wie die, die er aus seinem Heimatuniversum kannte. Er griff in die Innereien des Automaten, löste ein Spiel aus, ließ eine Kugel sausen und schoss sie ein paar Minuten lang herum. Auch wenn er es sich nur ungern eingestand, musste er zugeben, dass dieser Flipper weniger Spaß machte als ihre Neuentwicklungen für zwei Spieler.
Sechs verschiedene Designs für Flipperhebel hatten sie entworfen und wieder verworfen, bis Grace endlich zufrieden war. Über hundert verschiedene Bumper konnte man aus den einfachen Plastikteilen basteln, die Henry zusammengekauft hatte. Wenn sie zehn Automaten im Monat herstellen
konnten, und wenn jeder davon genauso viel Geld einbrachte wie ihre Erstlingswerke, würden sie die Hallenmiete bezahlen können und vielleicht sogar noch ein bisschen was übrig haben, eine Art erstes Gehalt.
Schließlich ließ John die Kugel entnervt ins Aus plumpsen. Er hatte genug von Zylinderspulen, Flipperhebeln und Stahlkugeln. Stattdessen widmete er sich lieber dem Aktenkoffer, der die ganze Zeit unauffällig auf einem Tisch neben der Kransteuerung gelegen hatte. Darin befand sich das Gerät.
Laut Aussage der Immobilienmaklerin funktionierte der Kran. Zu Johns Verblüffung senkte sich der Haken tatsächlich, als er den entsprechenden Schalter betätigte. Die ganze Apparatur wackelte, während sich das Stahlseil in rasender Geschwindigkeit entrollte. Schließlich schlug der eiserne Haken mit voller Wucht auf dem Boden auf, so dass Betonsplitter bis in die letzten Ecken der Halle spritzten.
John dachte nach. Zuerst musste er das Gerät mit Hilfe einer Schraubzwinge fixieren. Dabei war natürlich größte Vorsicht geboten, er durfte es auf keinen Fall zerstören. Sollte er diesen Versuch überhaupt wagen? Was, wenn das Gerät einfach zerbrach? Wenn es danach nicht mehr funktionierte?
Doch selbst dann würden ihm immer noch die Einzelteile bleiben. Und das Wissen, das er so mühevoll angesammelt hatte. Die einzige Alternative war inakzeptabel: ein quälend langwieriges Experimentieren mit der Physik der multiplen Universen, wahrscheinlich nach zehn unendlichen Jahren Physikstudium, und das alles ohne jede Garantie, dass ihm jemals der Durchbruch gelingen würde. Gleichzeitig lag hier, direkt vor ihm, ein funktionsfähiges Gerät. Die Kratzspuren an der Seite waren ein klarer Hinweis darauf, dass es schon einmal geöffnet worden war. Er musste den Vorgang nur wiederholen, um Zugang zum Innenleben zu erlangen.
John klappte den Aktenkoffer auf, nahm das Gerät heraus und legte es neben den Kranhaken. In seinem Magen nistete
sich ein flaues Gefühl ein. Wenn das schiefging, saß er für immer in diesem Universum fest – in einem Universum, in dem er es sich mit Casey verdorben hatte.
Wut und Angst machten sich in ihm breit. Wut über die Chance, die er vertan hatte, und Angst davor, was es bedeuten würde, wenn er das Gerät zerstörte. Würde er damit nicht noch viel mehr Chancen vertun?
Mit zittrigen Fingern legte er das Gerät zurück in den Aktenkoffer und schloss ihn ab. Nein, dachte John, dafür ist es noch zu früh.
An diesem Abend fand John zwei Briefe in seinem Briefkasten. Den Absender auf dem ersten erkannte er sofort: das Finanzamt der Stadt Toledo. Dort hatten sie die Lizenzen für die Flipperautomaten beantragt.
Er riss den Brief auf und las: »Es ist festgestellt worden, dass die Lizenzen (s. Anlage), die Pinball Wizards, Inc., erteilt wurden, für Glücksspielautomaten gelten. Glücksspielautomaten dürfen nicht innerhalb der Stadtgrenzen aufgestellt werden. Deshalb sind Sie verpflichtet, die Automaten binnen 24 Stunden von ihren derzeitigen Standorten zu entfernen. Zuwiderhandlung zieht eine Strafe von 100 Dollar pro Tag je Automat nach
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