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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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Schraubenschlüssel weg. Kurz darauf verstaute er auch die restlichen Werkzeuge, sperrte die Fabrik ab und fuhr zur nächsten Tankstelle. Er warf zwei Münzen in das öffentliche Telefon und wählte die Nummer von Caseys Eltern in Findlay. Zu seiner Überraschung war Casey selbst am Apparat.
    »Hallo?«
    »Äh … Hallo, Casey.«
    »John.« Sie klang weder wütend noch in irgendeiner Weise überrascht oder interessiert. Am ehesten gleichgültig.
    »Hast du heute Abend schon was vor? Wenn nicht, könntest du dir mal unsere Fabrik anschauen …«
    Ein kurzes Schweigen. »Nein, ich hab noch nichts vor.«

28
    Es war nicht das erste Mal, dass sich Prime in einem Polizeirevier befand. Einmal hatte man ihn wegen Landstreicherei verhaftet. Tatsächlich nur dieses eine Mal, was ziemlich erstaunlich war, da er auf seinen Reisen häufig im Freien hatte übernachten müssen. Wie oft war er in einem Universum festgesessen, ohne Geld in der dortigen Währung auftreiben zu können, und hatte zugleich panische Angst davor gehabt, die Reise in die nächste Welt anzutreten. Einmal hatte man ihn auch in seinem Mietwagen rausgewunken, da er fälschlicherweise davon ausgegangen war, dass sich die Zahlen auf den Verkehrsschildern auf Meilen pro Stunde bezogen – es waren aber Kilometer gewesen. Und wie viele Male war er nur um Haaresbreite davongekommen! Zum Beispiel damals, als die Fahnder des Finanzamts die Tür seines Hotelzimmers eingetreten hatten. Gerade noch rechtzeitig hatte er den Hebel umlegen können. In einem anderen Universum hatte Caseys aufgebrachter Vater die Polizei gerufen.
    Aber diesmal war alles anders. Diesmal war kein Fluchtweg in Sicht. Und was noch viel schlimmer war: Er war schuldig. Es gab keine mildernden Umstände. Er hatte einen Menschen getötet, und jetzt hatten sie ihn erwischt. Seine einzige Hoffnung war Casey.
    »Schauen Sie mir in die Augen, Rayburn!«, brüllte Detective Duderstadt.
    Prime starrte weiter zu Boden.
    »Sie denken wohl, das geht einfach alles vorbei, wenn Sie dasitzen und schweigen? So ist es doch, oder?« Duderstadt
schüttelte den Kopf und wandte sich dem uniformierten Polizisten zu, der mit verschränkten Armen neben der Tür des Verhörzimmers stand. »Ich glaub, für den bin ich gar nicht vorhanden. Für den existiere ich überhaupt nicht!«
    Der andere Polizist verzog keine Miene. »Wenn es doch nur so wäre. Wann hast du zuletzt geduscht, Duderstadt? 1972?«
    Duderstadt winkte ab und wandte sich wieder Prime zu. »Mein Kollege Eckart ist ein wahrer Komiker. Er findet das hier lustig. Ich dagegen nehme Mord sehr, sehr ernst, genau wie die Bürger dieser Stadt. Und Sie, Rayburn, was denken Sie über Mord?«
    »Wenden Sie sich an meinen Anwalt«, stieß Prime hervor. Seine Stimme war ausgelaugt und klang brüchig. Die langwierige Erfassung der Personalien, das Fahndungsfoto, das stundenlange Verhör, allein in diesem winzigen Raum mit diesen zwei Männern, hatten Spuren hinterlassen.
    »Offenbar finden Sie diese Situation gleichfalls lustig und verkennen den Ernst der Lage! Hahaha!« Das bellende Lachen Duderstadts dröhnte Prime in den Ohren. »Ihr Anwalt ist doch überhaupt nicht hier! Zumindest nicht für die nächsten dreiundzwanzig Stunden.«
    »Zweiundzwanzig Stunden und dreißig Minuten, Boss«, korrigierte Eckart.
    »Exakt. Laut Gesetz sind wir berechtigt, Sie für vierundzwanzig Stunden isoliert zu halten. Vor Ablauf dieser Frist können Sie nicht mal davon träumen, Ihren Anwalt zu sprechen!«
    Prime zuckte nur mit den Schultern. Er war es gewohnt, dass die Gesetze, die Haft, Verhör und Gerichtsverfahren regelten, je nach Universum leicht variierten. »Ich habe nichts zu sagen.«
    »Wie auch, wo Sie doch schuldig sind?« Duderstadts Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. »Ich würde mich auch
zurückhalten, wenn ich schuldig wäre. Schließlich will man sich ja nicht selbst belasten. Oder, Eckart?«
    Eckart nickte. »Wenn die Leute nicht reden, bedeutet das, dass sie schuldig sind. Lernt man auf der Polizeihochschule als Erstes.«
    »Ganz genau. Schweigen ist gleichbedeutend mit Schuld. Wenn Sie nichts sagen, Rayburn, werden wir einfach davon ausgehen, dass Sie schuldig sind.«
    Prime blickte nicht mal auf. »Ich will meinen Anwalt sprechen.«
    »Ja, ja, der wird schon kommen, in genau …«
    »Zweiundzwanzig Stunden und achtundzwanzig Minuten«, flötete Eckart.
    »Danke. Wissen Sie, Rayburn, wenn ich so viel reden muss, bekomme ich immer eine furchtbar trockene Kehle.

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