Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
Trotzdem mache ich gerne den Anfang. Trotzdem erkläre ich Ihnen gerne in allen Einzelheiten, warum Sie auf diesem Stuhl hier sitzen. Sie schalten sich dann einfach ein, wenn ich was Falsches sage, okay?«
»Anwalt«, wiederholte Prime.
Duderstadt ignorierte ihn. »Also. So sehe ich die Sache: Alles fing mit Ihrem Rausschmiss aus der Highschool an. Wann war das nochmal? Vor einem Jahr?«
»So ungefähr«, warf Eckart ein.
»Aber was soll man sagen? Vom Schüler direkt zum Chef einer albernen Spielzeugfirma, nicht schlecht! Und jetzt werfen Sie alles weg wegen irgendeines Idioten. Ich kapier einfach nicht, warum man so was tun sollte.«
»Ich habe es ja auch nicht getan«, erwiderte Prime und bereute sofort, dass er überhaupt auf Duderstadt eingegangen war.
»Natürlich, natürlich. Aber hat das nicht alles begonnen, bevor Sie reich und berühmt wurden? Als Sie selbst nur ein kleiner Idiot waren? Zwei kleine Idioten, die
sich nicht leiden können – das geht immer schlecht aus.«
»Ein blaues Auge, ein Beinbruch, ein Messerstich in die Lunge«, zählte Eckart an den Fingern ab. »Ach ja, und eine Schusswunde im Bein.«
»Und das in einer Woche!« Duderstadt schlürfte genüsslich seinen Kaffee. Prime hatte man keinen angeboten. »Zwei Idioten, die sich nicht leiden können. Ganz, ganz schlecht. Also! Eines schönen Sommermorgens begleitet Ted Carson seinen Vater zur Arbeit und sieht seinen alten Erzfeind. Gefühle kochen hoch, Worte werden gewechselt. Carson beleidigt Ihre Frau, Sie beschuldigen ihn der Tierquälerei.« Duderstadt hielt inne. »Woher wollten Sie das eigentlich wissen? Wie kamen Sie an diese Information? Ted Carson, der Tierquäler. Ich sehe nur eine Möglichkeit: Sie waren Komplizen.«
Prime fuhr in die Höhe, hielt aber den Mund.
»Nun gut, vielleicht auch nicht. Vielleicht hatten Sie es einfach irgendwo gehört und sorgten sich jetzt um Ihre Frau. Schließlich war Ihnen klar, wozu Carson fähig war. Verständlich. Und als Carson dann bei Ihnen auftauchte und Sie bedrohte, wussten Sie, dass Sie handeln mussten, um Ihre Familie zu schützen. Sie wussten, was zu tun war. Es gab nur eine Möglichkeit: Sie mussten Carson umbringen, bevor er Sie umbrachte.«
Schweigend hielt Prime Duderstadts Blick stand. Er durfte sich nicht anmerken lassen, wie nahe der Detective der Wahrheit gekommen war.
»Hören Sie, Rayburn. Wahrscheinlich war Ihr Handeln entschuldbar. Wahrscheinlich kommen Sie besser weg, als Sie denken. Ich meine, der Typ hatte es verdient, oder? Kein Zweifel. Ich selbst werde dem Richter erzählen, was Carson so alles getrieben hat. Vielleicht müssen Sie nicht mal ins Gefängnis. Wer weiß, vielleicht können Sie Weihnachten zusammen mit Ihrer Familie feiern!« Duderstadts Gesicht war
von tiefstem Ernst erfüllt: ein wahrer Vertrauter, der beste Freund, den sich eine verirrte Seele wünschen konnte. »Ich glaube, im tiefsten Inneren wissen Sie, dass Sie mit mir reden sollten. Kommen Sie. Es ist besser so.«
Primes Mund öffnete sich – und schloss sich wieder.
»Kommen Sie. Danach geht es Ihnen besser.«
»Warum fickst du nicht einfach deine Kollegentunte und besorgst mir meinen Anwalt?«
Während Eckart unwillkürlich losprustete, lief Duderstadt dunkelrot an und knallte Prime den Rücken seiner rechten Faust gegen die Wange.
Blut floss über Primes grinsende Lippen und tropfte auf sein Hemd. »Das werden Sie meinem Anwalt erklären müssen.« In der Hoffnung, möglichst vampirhaft zu wirken, bleckte Prime die Zähne zu einem teuflischen Lächeln.
Duderstadt widmete sich seinen Fingernägeln. »Sie waren schon ziemlich übel zugerichtet, als Sie hier ankamen.«
»Ja, von Ihren Leuten. Das wird eine schöne Klage.«
Grunzend stand Duderstadt auf. »Eines Tages werden Sie sich wünschen, Sie hätten gleich gestanden. Glauben Sie mir, Rayburn, es tut weh, das alles in sich einzuschließen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ein vollständiges Geständnis einen Mann verwandeln kann. Manchmal komme ich mir hier vor wie der reinste Priester.«
Prime biss sich auf die Zunge. Am liebsten hätte er Duderstadt aufgefordert, sich zu verpissen und ihn endlich schlafen zu lassen. Allerdings hatte der Mistkerl Recht: Im Grunde wollte Prime nichts lieber als gestehen.
Sich einfach alles von der Seele reden …
Nein. »Tut mir leid, Pater Duderstadt. Die Beichte fällt heute aus. Warum gehen Sie nicht einfach, damit ich schlafen kann?«
Der Detective starrte ihn an. Eine
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