Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
jede Spur von Henrys Wagen. John raste zur neuen Fabrik, vorbei am mittäglichen Verkehr auf dem Highway. Gut, dass man nur zehn Minuten brauchte.
Der Trans Am krachte mit dem Unterboden gegen eine Bodenwelle, als John mit quietschenden Reifen in das Fabrikgelände einbog. Er stieg auf die Bremsen und ließ ihn um die letzte Kurve schlittern.
Dann sah er es:
Ein Krankenwagen vor dem Haupteingang.
Henrys Wagen in der Feuerwehreinfahrt, die Tür geöffnet. Daneben Graces Auto.
Sanitäter, die sich mitten auf der Straße zu jemandem hinunterbückten.
John stieß die Tür auf und rannte auf den leblosen Körper zu.
Auf halber Strecke entdeckte er einen Damenschuh. Er blieb stehen. Sein Herz schlug wie ein Presslufthammer.
Casey lag auf der Straße. An ihrem Bauch klaffte eine blutige Wunde.
»Casey!«, schrie John. Er wollte zu ihr, aber eine Sanitäterin versperrte ihm den Weg. »Lass uns arbeiten, Junge«, knurrte sie. »Kannst von Glück sagen, dass uns der Herr da drüben gerufen hat.«
John stolperte zurück und fiel fast über die Bordsteinkante; den unscheinbaren Passanten am Straßenrand registrierte er kaum. Was war hier geschehen? Wo war Grace? Wo war Henry?
Da trat Viv, die Vorarbeiterin, aus der Fabriktür.
»Viv!«, brüllte John. »Wo sind Henry und Grace?«
Sie wirkte verwirrt. »Nicht hier«, antwortete sie achselzuckend.
»Aber wo dann?«
»Sind vor ein paar Minuten weggefahren. Mit Casey und den zwielichtigen Zwei.«
»Mit wem?«
»Du weißt schon, Visgrath und Charboric. Eine Zeit lang hatten sie sich alle zusammen im Büro eingesperrt, bis Henry auftauchte, und dann sind sie alle abgehauen.« Viv versuchte, um Johns Schulter herumzublicken. »Was ist hier eigentlich los?«
»Casey«, würgte John hervor. »Sie …«
»Scheiße, ist das Blut? Mein Gott, das ist ja Casey!«
John spürte, wie seine Knie unter ihm nachgaben. Viv, mit ihren baumdicken Beinen, half ihm wieder auf die Füße. »Ganz ruhig, John. Jetzt bringen wir dich erst mal rein.«
Er schüttelte sie ab. Auf einmal trat ihm alles deutlich vor Augen, als hätte jemand einen Vorhang zurückgezogen. Sie hatten auf Casey geschossen. Visgrath und Charboric wussten alles, kein Zweifel. Und jetzt hatte sie irgendetwas zum Handeln gezwungen … Die nächste Erleuchtung: das Gerät. Sie hatten es auf das Gerät abgesehen! Und selbst wenn sie noch nichts Genaueres darüber wussten, würde sich das sehr bald ändern.
Doch das Gerät war nicht hier, John hatte es nicht bei sich. Es war in der alten Fabrik.
Er schob Viv beiseite, ihrem empörten Kreischen zum Trotz. Der Motor seines Wagens lief noch, die Tür stand offen. John steuerte zwischen dem Krankenwagen und den geparkten Autos hindurch. Als er Casey auf dem Asphalt liegen sah, verkrampfte sich sein Herz. Er verfluchte sich dafür, dass er sie jetzt im Stich ließ.
Doch was war die Alternative? Er musste es tun.
Vor der alten Fabrik stand ein dunkler Geländewagen. John fuhr weiter, um die Ecke in die angrenzende Gasse, und blieb einen Moment lang hinter dem Steuer sitzen, am ganzen Leib zitternd. Er hätte das Gerät mitnehmen sollen. Dann hätte er … was? Abhauen können? Nein. Diesmal nicht.
Er klappte den Kofferraum auf, kramte darin herum und zog schließlich einen schweren Kreuzschlüssel hervor. Das Eisen lag kühl in seiner Hand. Nutzlos und kraftlos.
Auf Zehenspitzen ging er die Gasse entlang und schlich sich von hinten an die Fabrik heran. Dabei spähte er auf den parkenden Geländewagen, konnte auf dem Vordersitz aber niemanden entdecken. Plötzlich kam er sich unendlich lächerlich vor. Dutzende Leute parkten in dieser Gasse! Bestimmt hatte er den Geländewagen schon unzählige Male gesehen, ohne dass er ihm weiter aufgefallen war.
Als er endlich die Hintertür der Fabrikhalle erreicht hatte, versperrte ihm ein Vorhängeschloss den Weg, und natürlich hatte er den Schlüssel nicht dabei – der lag zu Hause in der Kommode. Durch das verschmierte, dreckverkrustete Fenster konnte er nichts erkennen. Er hatte keine Wahl: Er musste den Vordereingang nehmen.
Ein großer, halbverrosteter Müllcontainer, der nach fauligem Wasser stank, versperrte den schmalen Weg an der Seite der Fabrik fast vollständig, dahinter türmte sich ein riesiger Haufen alter Paletten auf. Genaugenommen gehörte das alles ihm, aber John hatte sich nie darum gekümmert, hier aufzuräumen.
Langsam schob er sich an der hinteren Wand der Halle entlang. Die Sonne brannte auf ihn
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