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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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zwischen dem Lastwagen und der Menge hin und her. »Hoffentlich. Sonst haben wir ein Problem. Letzte Woche gab’s Orangen. Keine Ahnung, woher die kamen, und sehr viele waren es auch nicht. Bald sind sie uns ausgegangen. Wir mussten die Menge zurückdrängen und abhauen, sonst hätten die Leute den Laster gestürmt.«
    »Vielleicht kamen die Orangen ja aus Florida?«
    »Sicher nicht. Voriges Jahr haben sie da doch die letzten Plantagen umgepflügt, um Weizen und Soja anzubauen. Schließlich ist die Ernte in Kansas dieses Jahr komplett ausgefallen.«
    Langsam wurde John klar, was hier vorging. »Ein nuklearer Winter«, murmelte er.
    Der Soldat blickte ihn verwirrt an. »Natürlich. Was denn sonst?«
    John zuckte die Achseln. Er musste mehr herausfinden, aber möglichst unauffällig. »Und wie ist es passiert, Ihrer Meinung nach? Was erzählt man sich denn so in der Armee?«
    Währenddessen erhielten eine junge Frau und deren Tochter, sie mochte drei oder vier Jahre alt sein, ihre beiden Dosen. John hätte allein zwei Teller Suppe verspeisen können.
Wie sollten die beiden – und wer noch alles zu Hause warten mochte – mit diesen zwei jämmerlichen Konserven überleben?
    Die Stimme des Soldaten klang resigniert. »Genau das, was auch in der Zeitung stand. Die verdammten Pakistanis. Den Indern kann man keinen Vorwurf machen, obwohl ihre Bomben den größten Schaden angerichtet haben. Ich würde ja selbst nicht anders reagieren, wenn jemand die Bombe auf Washington schmeißen würde … Massive Vergeltung, keine Frage. Ich glaube, zuletzt hatten sie hundertsiebzehn Bomben gezählt. In Pakistan gibt’s keinen Quadratzentimeter mehr, auf dem noch irgendwas leben könnte. Und in der restlichen Welt ist es kalt. Arschkalt.«
    John verstand. Wenn Atombomben explodierten, wurden riesige Mengen Staub und Ruß in die Atmosphäre geschleudert. So winzig diese Partikel auch waren, in der Masse schirmten sie die Erde vom Sonnenlicht ab und bewirkten einen einzigen, endlosen Winter, den nuklearen Winter. In diesem Fall hielt er schon drei Jahre an. Wahrscheinlich hatte ein ähnlicher Vorfall einst zum Aussterben der Dinosaurier geführt: Ein Meteor war auf der Erde eingeschlagen und hatte sie so weit heruntergekühlt, dass die meisten Saurier nicht überlebten.
    »Weiß man eigentlich, wann es vorbei sein wird?«, fragte John. Irgendwann, wenn die Staubpartikel aus der Atmosphäre herausgewaschen waren, endete auch ein nuklearer Winter.
    Der Soldat winkte ab. »Noch ein Jahrzehnt, bis es wieder wärmer wird, sagt man. Aber ich habe gehört, dass irgendwelche Wissenschaftler den Himmel reinigen wollen. Keine Ahnung, wie das funktionieren soll. Also vielleicht geht’s schneller, aber ich würde mich nicht drauf verlassen. Doch auf eins kannst du dich verlassen: Bald machen die Jungs und ich einen Ausflug nach Mexiko.«

    »Krieg?«
    »Aber hallo. Ich freu mich drauf. In Mexiko wird’s himmlisch sein. Mein Cousin in Dallas meinte, dass es dieses Jahr dort nie heißer war als zwanzig Grad. Kannst du dir das vorstellen? Als Kind hab ich mal einen Sommer bei ihm verbracht. Scheiße, war das heiß, und überall nur Sand und Kakteen. Und diese brennende Sonne. Also wenn es mittlerweile schon in Texas kälter wird, dann können sich die im Süden bald auf Gesellschaft freuen. Die Kanadier haben es mit uns ja auch nicht anders gemacht.«
    Kaum hatte der Soldat zu Ende gesprochen, bedeutete ihm der befehlshabende Offizier, zum Lastwagen zurückzukehren. Erst jetzt bemerkte John, dass seit einer Weile keine Konserven mehr ausgegeben wurden. Und er sah auch, warum: Der Laster war nicht mal halb so vollbeladen gewesen, wie er gedacht hatte. Die Paletten mit den Dosen hatten nur den hinteren Teil der Ladefläche ausgefüllt, der ganze vordere Teil war leer.
    Auch der Soldat begriff, was los war. Er schob John sanft, aber bestimmt nach hinten. »Geh in Deckung, Junge. Könnte gleich ungemütlich werden.«
    Während John langsam rückwärtsging, hörte er, wie die Stimmen aus der Schlange immer lauter wurden. »Kein Essen mehr!«, rief jemand. »Das kann doch nicht wahr sein!«, ein anderer.
    Fäuste wurden geballt, Füße stampften auf den Boden. Binnen weniger Sekunden verwandelte sich die Menge in einen brüllenden Mob. In einer einzigen, kollektiven Bewegung stürmten die Leute nach vorne, auf den Lastwagen zu. Hundert wütende, ausgehungerte Frauen und Männer.
    »Soldaten, aufsitzen!«, brüllte der Offizier. Die Soldaten zielten mit

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