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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Ohren kommen!«
    Gonzalo wurde blass. Jetzt wusste er, worauf Don Juan anspielte: Am Hof erzählte man sich, dass Isabel einen wahren Narren an ihm gefressen habe – was den Kern seiner Beziehung zu Isabel seiner Ansicht nach zwar nicht im Entferntesten traf, aber er nahm an, dass die stets gelangweilten Hofdamen sich ein Vergnügen daraus machten, das Ihre zu diesen Gerüchten beizutragen. Er sah, wie sich Don Juan zufrieden über sein Bärtchen strich.
    »Ich sehe, wir verstehen uns, mein Herr«, grinste er.
    »Nein, mein Herr, wir verstehen uns nicht!« Allein die Empörung über Don Juans Unterstellung hatte Gonzalo für den Moment die Sprache verschlagen. »Und Ihr wisst, dass Eure Worte eine Majestätsbeleidigung sind, die Euch den Kopf kosten kann! Entweder Ihr entschuldigt Euch auf der Stelle, oder Ihr …«
    »Gar nichts werde ich«, erwiderte Don Juan und trat so dicht vor Gonzalo, dass diesem dessen stark nach Knoblauch riechender Atem ins Gesicht schlug. »Aber Ihr werdet Euch gleich bei der Königin mit Euren maurenfreundlichen Kommentaren zurückhalten, sonst schwöre ich Euch, dass Eure Karriere am Hof schneller beendet sein wird, als Ihr Euren Hintern auf Euer Pferd wuchten könnt!«
    Im dem Moment öffnete sich die Tür zum Empfangssaal der Königin; ein ganz in Königsblau gekleideter Diener nahm ihnen die Umhänge ab und forderte sie auf einzutreten. Gonzalo sah zwischen ihm und Don Juan hin und her – und wusste, dass er dem untadeligen Ruf der Königin zuliebe Don Juan zumindest für den Moment die Antwort schuldig bleiben musste.
     
    Isabel empfing ihre beiden Botschafter auf einem erhöhten Sitz unter der erhabenen, holzgeschnitzten, mit goldenem Sternengespinst überzogenen Kuppel der zweistöckigen Sala de los Embajadores mit einem huldvollen Lächeln. Gonzalo und Don Juan knieten ehrerbietig vor ihr nieder, bis sie ihnen mit einem Nicken zu verstehen gab, dass sie sich auf den breiten Polsterbänken zu ihren Füßen niederlassen durften. Gonzalo hatte gehofft, die Königin allein anzutreffen, aber wie so oft war sie von ihren geistlichen Räten umringt. Weit mehr als ihr Beichtvater, der gütige Hernando de Talavera, und Bischof Jimenez de Cisneros erfüllte ihn die Anwesenheit des Dominikanerpriors Tomas de Torquemada mit Unbehagen. Seine asketische Hagerkeit und sein frömmlerisches Gehabe waren ihm ebenso verhasst wie seine Manier, immer und überall in dieser groben, wollweißen Kutte und den derben Sandalen aufzutauchen, um sich von den anderen geistlichen Würdenträgern und ihren edlen Gewändern abzusetzen. Noch mehr aber graute es ihm vor dem Fanatismus, der in seinen tiefschwarzen Augen aufglühte, sobald jemand das Gespräch auf die Juden oder die Mauren brachte.
    Kaum hatten sie ihre Plätze eingenommen, betrat Kardinal Mendoza den Saal. Wie immer außerhalb der Liturgie trug er einen Pileolus, ein Scheitelkäppchen aus roter Moiréseide, und eine schwarze Soutane aus edelstem Stoff mit roter Paspelierung und roten Knöpfen. Nach einer Verneigung in Richtung Königin schritt er zu seinem Sitz, der sich direkt neben dem ihrem befand.
    Als der Kardinal seinen Platz eingenommen hatte, hob Isabel die rechte Hand. Sofort richtete sich die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sie. In den vier Jahren ihrer Regierungszeit hatte sie sich trotz ihrer erst siebenundzwanzig Jahre Respekt und Achtung erworben. Zum Herrschen geboren, strahlte sie die Würde aus, gegen die sich nach göttlichem Gesetz kein Untertan ungestraft vergehen würde.
    Isabel wandte sich an Don Juan und Gonzalo. »Nun, meine Herren, wie Ihr seht, wird Euer Bericht aus dem fernen Granada schon sehnsüchtig erwartet. Ich hoffe, Ihr habt Erfreuliches zu berichten?«
    Sofort ergriff Don Juan das Wort. »Lasst es mich so formulieren: Ich denke, unser Verhältnis zu den beturbanten Ungläubigen läuft auf eine Entscheidung zu – und nichts anderes sollten wir uns wünschen. Aber damit diese Entscheidung zu unseren Gunsten ausfällt, müssen wir den Mauren jetzt mit aller Entschlossenheit begegnen.«
    In den saphirblauen Augen der Königin flackerte Ungeduld auf. »Ich würde es vorziehen, wenn Ihr Euch zunächst an die Fakten halten würdet!«
    »Wie Ihr wünscht, Majestät. Die Fakten sind, dass der Sultan sich weigert, weiter den Tribut zu zahlen, und uns überdies ganz offen mit Säbeln und Lanzen droht. Nicht minder schwer wiegt meiner Meinung nach, dass wir in den maurischen Hallen eine unerhörte

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