Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
Vom Netzwerk:
zuvor.
    »Gonzalo!«, drängte ihn sein Onkel.
    Gonzalo fasste sich, überflog die arabischen Schriftzeichen und nickte. »Ja, der maurische Dolmetscher hat alles korrekt wiedergegeben.«
    Er sah seinem Onkel an, dass er Mühe hatte, ein freudiges Aufstrahlen zu unterzudrücken. Der Preis, den Aischa für ihren Sohn bot, überstieg alles, was zu erwarten gewesen war oder sie von sich aus gefordert hätten. »Sag ihnen, dass ich ihr Angebot vernommen habe und an die Königin weiterleiten werde.«
    Noch ehe Gonzalo dazu kam, die Worte zu übersetzen, tat dies der maurische Dolmetscher. Gonzalo nickte seinem Onkel zu: Ja, er hatte alles richtig wiedergegeben.
    Nun sprach Ismail. Zahra wiederholte seine Worte auf Spanisch: »Der Alcalde von Granada möchte wissen, ob es unbedingt nötig ist, die Königin einzuschalten. Es würde die Sache sicher vereinfachen und beschleunigen, wenn wir das Lösegeld direkt an Euch zahlen.«
    »Der Maurenkönig ist Gefangener der christlichen Krone, und niemand anderes als die Königin kann über sein weiteres Schicksal verfügen«, gab Don Diego eisig zurück. »Außerdem, Gonzalo, solltest du die Herrschaften vielleicht daran erinnern, dass wir hier nicht auf einem verdammten maurischen Bazar sind!«
    Ehe sich Zahra an die Übersetzung machen konnte, gab Gonzalo die Worte seines Onkels wieder, wobei er dessen letzten Satz geflissentlich ausließ und durch nichtssagende Höflichkeiten ersetzte. Zahra warf ihm einen verwunderten Blick zu, korrigierte ihn jedoch nicht.
    »Aber Boabdil ist doch hier?«, fragte Ismail, und als Gonzalo nickte, fuhr er fort: »Dann verstehe ich nicht, warum man den Prozess unnötig komplizieren muss. Die Sultanin wäre sicher bereit, Don Diego für sein Entgegenkommen gesondert zu entlohnen.«
    Wiederum kam Gonzalo dem maurischen Dolmetscher zuvor und übermittelte seinem Onkel lediglich die Frage, ob Boabdil hier sei und ob es wirklich keinen Weg gebe, den Prozess abzukürzen, und erfand einen besonderen Dank hinzu, dass man Boabdil nicht getötet, sondern nur gefangen genommen hatte. Das Arabisch seines Onkels war so schlecht, dass Gonzalo nicht Gefahr lief, von ihm bei seinen kleinen diplomatischen Beschönigungen ertappt zu werden, umgekehrt aber kannte er ihn gut genug, um zu wissen, dass ihn Ismails unmissverständlicher Bestechungsversuch in höchste Wut versetzt und ihn sicher zum Abbruch des Gesprächs veranlasst hätte. Auch jetzt berichtigte Zahra ihn nicht, sondern warf ihm nur verstohlen einen dankbaren Blick zu, der Gonzalo seltsam berührte.
    »Nein, es gibt keine Möglichkeit, diesen Prozess abzukürzen«, erwiderte Don Diego. »Wir haben die Königin schon benachrichtigt und gehen davon aus, dass sie uns innerhalb der nächsten Tage einen Boten schicken oder sogar selbst herkommen wird.«
    Damit sein vorheriges Spiel nicht auffiel, kam Gonzalo dem maurischen Dolmetscher auch jetzt zuvor, konnte sich in diesem Fall aber weitere Auslassungen sparen.
    Ismail wollte wissen, ob sie Boabdil sehen könnten. Gonzalo gab die Frage weiter. Sein Onkel verneinte durch Kopfschütteln. Gonzalo warf ihm einen drängenden Blick zu, den sein Onkel zu dessen Ärger geflissentlich übersah.
    Schließlich schlug Gonzalo Ismail und seinem Begleiter vor, unten im Speisesaal ein paar Erfrischungen zu sich zu nehmen – und sagte seinem Onkel erst nach Ismails Zustimmung, dass er die Besucher zu einem kleinen Imbiss eingeladen hatte.
     
    Kaum hatten die Wachleute die Besucher nach unten geführt, sprang Don Diego von seinem Platz auf und donnerte seinen Neffen an: »Was fällt dir ein, diese Heiden in meinem Haus zum Essen einzuladen?«
    Gonzalo hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte die Gelegenheit haben, kurz unter vier Augen mit dir zu reden!«
    »Ich weiß nicht, was es da noch zu reden gibt. Die Entscheidung, was mit Boabdil geschieht, obliegt allein der Königin, und ich werde den Teufel tun, mich da einzumischen oder gar ihrer Entscheidung vorzugreifen!«
    »Aber man könnte sie doch trotzdem Boabdil kurz besuchen lassen«, gab Gonzalo zurück. »Du hast diese beiden dürren Gestalten doch gesehen. Meinst du wirklich, sie könnten etwas gegen deine Wachsoldaten ausrichten? Sie sorgen sich um ihren Emir und wollen sich vergewissern, dass es ihm gutgeht. Das ist doch nur verständlich!«
    Don Diego stieß einen Schwall Luft aus. »Allmählich verstehe ich Don Juans Vorbehalte gegen dich, Gonzalo. Es geht hier nicht um eine rührende

Weitere Kostenlose Bücher