Die Maurin
er, schien aber ansonsten bei guter Gesundheit.
Als der letzte der Scheidenden aus dem Hof geritten war, wies Isabel eine Dame ihres Gefolges an, Zahra ihre Räumlichkeiten zu zeigen. Man hatte zwei Zimmer für sie vorbereitet, die durch eine Tür miteinander verbunden waren. Die Räume lagen im rechten Flügel des ersten Stocks des Alcázar, waren sonnendurchflutet, geräumig und so exquisit eingerichtet, wie man es in einem königlichen Palast erwarten durfte. Zahra wollte Ahmed absetzen, doch der kleine Kerl wollte sie nicht loslassen. »Ahmed, du brauchst keine Angst zu haben. Das hier ist unser neues Zuhause.«
»Nein, nein, nein.« Ahmed schüttelte heftig den Kopf.
»Abi.
Nach Hause.«
Sie strich ihm über den Kopf. »Das geht nicht, mein Liebling. Fürs Erste müssen wir hierbleiben.«
Sie zeigte ihm, wo sie schlafen würde und wo sein Bett stand, und versprach ihm, die Verbindungstür immer offen stehen zu lassen. Während für Zahra die vierfüßigen Holzgestelle mit strohgefüllten Matratzen und den überspannenden Baldachinen nichts Neues waren – auch Deborahs Familie schlief in solchen Betten –, sah Ahmed zum ersten Mal in seinem Leben ein solches Gestell und fand dies so aufregend, dass er nun doch aus Zahras Armen glitt, um es sich näher anzusehen. Zahra ließ ihn gewähren und trat an das Fenster, das auf die weitläufigen Gärten des Alcázar hinausging und dessen Ausblick von keinem Maschrabiya-Gitter eingeschränkt wurde. Die Gärten waren kunstvoll und mit vielen Wasserbecken und Springbrunnen angelegt und stammten wie der ganze Palast mit seinen Hufeisenbögen, Stalaktitgewölben, Stuckornamenten und Wand- und Bodenmosaiken aus der Zeit der Mauren, was Zahra das Gefühl von Fremdheit leichter überwinden ließ. 1236 hatten die Christen das in der fruchtbaren Ebene des Guadalquivirs liegende Córdoba von den Mauren zurückerobert, das bis dahin Sitz der maurischen Kalifen von al-Andalus gewesen war. Damals war Córdoba eine der größten Städte der Welt gewesen und hatte Ärzte, Musiker, Dichter und Maler ebenso angezogen wie Studenten und Gelehrte aus der ganzen Welt, die in den riesigen Bibliotheken und Universitäten der Stadt ihre Studien vervollständigt hatten. Seither war der Alcázar schon der Sitz einiger kastilischer Könige gewesen, die an dem prächtigen Mudéjarpalast und seinen idyllischen Gartenanlagen jedoch kaum Veränderungen vorgenommen hatten.
Als es an der Tür klopfte, wandte sich Zahra um. Ein Diener brachte ihnen ihr Gepäck – eine Truhe mit ihrer und Ahmeds Kleidung, Zahras Gebetsteppich und ein wenig Spielzeug. Kaum war der Diener gegangen, jammerte Ahmed, dass er Hunger habe. Zahra ging zu dem kleinen Tischchen, auf dem eine gefüllte Obstschüssel stand, fand aber kein Messer, um das Obst für Ahmed in mundgerechte Stücke zu schneiden. Sie nahm Ahmed an die Hand. »Wir suchen einen Diener, ja?«
Sie öffnete die Tür und spähte über den langen Gang der Galerie. Niemand war zu sehen. Sie lief die Treppe hinunter, über den blumengeschmückten Innenpatio und auf gut Glück in ein Nebengebäude. Dort traf sie Gonzalo.
»Zahra!« Mit großen Schritten kam er auf sie zu. »Wie ich mich freue, dass gerade Ihr Ahmeds Kindermädchen seid!«
Zahra legte sich die rechte Hand auf die Brust und begrüßte Gonzalo mit einer leichten Verbeugung. »Meiner Gebieterin war wichtig, dass ihr Enkel nicht ohne vertraute Gesichter an Eurem Hof weilt.«
»Ich bin sicher, er ist bei Euch in den allerbesten Händen!«
»Und was macht Euer Bein?« In Zahras Blick trat Sorge. »Zwar hat man, wenn man Euch gehen sieht, den Eindruck, dass alles bestens verheilt ist, aber …«
»Nein, nein, macht Euch keine Gedanken!« Gonzalo lachte auf. »Mein Bein ist so gut verheilt, wie es kein Arzt besser hinbekommen hätte!«
Zahra blickte sich nervös um und trat noch einen Schritt näher zu Gonzalo. »Ich … bitte, ich würde so gern wissen, wie es … dieser Frau geht, die Loja damals mit Euch und Eurem Freund verlassen hat.« Hayats Namen zu nennen erschien ihr zu gefährlich.
Gonzalo nickte ihr beruhigend zu. »Mein Freund und die Frau sind wohlbehalten auf seinem Gut angekommen. Mehr als das weiß ich allerdings auch nicht, weil wir uns seither nicht gesehen haben, aber seid versichert, dass es der Frau bei meinem Freund an nichts fehlen wird.«
Vor Erleichterung traten Zahra Tränen in die Augen. »Danke, mehr muss ich im Moment auch gar nicht wissen!«
Ahmed zog an
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