Die Maurin
opulent gedeckten Tafel saß, wäre sie am liebsten zurück in ihr Zimmers geflüchtet, vor allem, als sie merkte, mit welchen Blicken ihre maurische Tunika, der Niqab und der Hidschab angestarrt wurden.
»Die gaffen, als sei ich eine dreiköpfige Natter«, sagte sie zu sich, während die Dienerin ihnen einen Platz zuwies. Zahra wollte Ahmed auf seinem Stuhl absetzen, doch angesichts der vielen Fremden weigerte er sich, die Hände von ihrem Hals zu nehmen. Notgedrungen setzte Zahra ihn auf ihren Schoß.
Immer mehr Gäste betraten die illustre Halle, und schließlich erschienen auch zwei Männer, die Zahra vertraut waren: Gonzalo und sein Bruder Jaime. Gonzalo nahm den Platz gegenüber von Zahra ein; sein Bruder setzte sich neben ihn. Während Gonzalo ihr zuzwinkerte, maß Jaime sie mit einem missfälligen Heben der Augenbrauen und gönnte ihr kein Nicken.
»Und um diesen Mistkerl habe ich mir nach der Schlacht von Axarquía Sorgen gemacht!«, ärgerte sich Zahra und konnte sich kaum noch über das Wiedersehen mit Gonzalo freuen. Wieder einmal fragte sie sich, wie zwei Menschen, die einander so ähnlich sahen, vom Wesen her so verschieden sein konnten.
»Ich hoffe, Ihr und Ahmed habt Euch hier inzwischen eingelebt?«, fragte Gonzalo.
Zahra nickte zögernd. »Ahmed vermisst allerdings sein gewohntes Umfeld und noch mehr die vertrauten Gesichter. Es ist oft nicht leicht, ihn bei Laune zu halten, zumal unsere Beschäftigungsmöglichkeiten beschränkt sind.« Sie verkniff es sich zu ergänzen, dass auch ihr die Eintönigkeit ihrer Tage aufs Gemüt drückte.
»Sicher werden dieser Einladung noch weitere folgen und vielleicht auch der eine oder andere Kontakt mit anderen, die Kinder haben«, versuchte Gonzalo sie aufzumuntern.
Jaime streifte das Kind auf Zahras Schoß mit einem abfälligen Blick. »Die Adelsfamilie möchte ich sehen, die sich freiwillig einen Maurenbalg ins Haus holt! Ich jedenfalls empfinde es als Zumutung, mit ihm an einem Tisch sitzen zu müssen. Sosehr ich nachvollziehen kann, dass die Könige ihre neuste Trophäe vorzeigen möchten, so wenig verstehe ich, dass sie dafür gerade diesen Weg gewählt haben. Hätte es nicht gereicht, den Maurensprössling in einem Käfig auf dem Markt auszustellen?«
Gonzalo versetzte seinem Bruder einen derben Rippenstoß und sah ihn wütend an. Zugleich warnte er Zahra mit einem Blick, sich nicht provozieren zu lassen.
»Ich denke, Ihr seht die Rolle des kleinen Mauren nicht richtig«, erschall es da von weiter oben am Tisch. »Wenn es uns gelingt, einen guten Christenmenschen aus ihm zu machen, können wir über ihn noch sehr viel mehr erreichen als nur, aus Boabdil eine Marionette zu machen!«
Zahra erkannte in dem Sprecher den Dominikanermönch wieder, dem sie in Baena schon begegnet war. Seine kalten, schwarzen Augen brannten sich auf dem Kind in ihrem Schoß fest. Unwillkürlich drückte sie Ahmed fester an sich und wünschte sich weit fort.
»Der Sohn des Heidenemirs als guter Christenmensch!« Jaime lachte lauthals auf. »Bei allem Respekt, Vater, und wozu sollte das gut sein?«
»Der Herr freut sich über jede gerettete Seele«, gab Torquemada scharf zurück. »Und ein wenig mehr Frömmigkeit stünde auch Euch gut an, Don Jaime. Wie ich höre, hat man Euch schon lange nicht mehr in der Kirche gesehen!«
»Aber dafür umso häufiger auf dem Schlachtfeld«, gab dieser ungerührt zurück.
Das Erscheinen des Königspaars unterbrach ihren Disput. Die Anwesenden erhoben sich und setzten sich erst wieder, als die Königin und ihr Gemahl ihre Plätze am oberen Kopfende eingenommen und Isabel ihnen mit einer huldvollen Handbewegung das Niedersetzen gestattet hatte.
»Es hat sich eben die Frage aufgeworfen«, sagte Torquemada zu ihr, »was weiter mit dem Heidenjungen geschehen soll. Ich finde, wir sollten uns möglichst bald um seine christliche Erziehung bemühen.«
»Eine vortreffliche Idee!« Isabel strahlte auf. »Auch wenn er mir für eine ernsthafte Belehrung noch ein wenig jung erscheint.«
»Das früh ausgebrachte Korn sprießt früher als das späte und kann umso kraftvolleres Wurzelwerk entwickeln«, gab Torquemada zurück.
»Welchem Bruder möchtet Ihr seine christliche Erziehung anvertrauen?«
Auf Torquemadas Gesicht breitete sich ein süßliches Lächeln aus. »Ich hätte nicht übel Lust, mich seiner selbst anzunehmen.«
Zahra stellten sich die Nackenhaare auf.
»Und überdies denke ich«, fuhr Torquemada mit Blick auf Zahra fort, »dass
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