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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Kardinal Mendoza, der ihnen anbot, im Palast zu wohnen, bis das Königspaar zurückkäme.
    Morayma bedrängte ihren Mann mit Blicken und formte mit ihren Lippen ein stummes »Ahmed«, doch Boabdil schüttelte den Kopf. In Moraymas Augen traten Tränen. Raschid, Deborah und ihr Sohn erhielten Zahras und Ahmeds Zimmer, und obwohl nichts in diesem Raum mehr an Zahra erinnerte, befiel Raschid, als sie das Zimmer betraten, eine unerklärliche Unruhe. Er ging zum Fenster und blickte nachdenklich hinaus in den Park, in dem Zahra und Ahmed so viele Stunden verbracht hatten.

6.
    Córdoba
    25 . Juni 1485
    G onzalo und Boabdil umarmten sich wie alte Freunde; als er von der Ankunft des maurischen Emirs im Palast erfahren hatte, war Gonzalo sofort zu ihm geeilt. Boabdil stellte ihm Zahras Bruder Raschid vor, und Gonzalo wurde schlagartig ernst. »Ich nehme an, Ihr wisst, dass Eure Schwester seit mehreren Monaten verschwunden ist.«
    »Wie – verschwunden?« Fragend hob Raschid die Augenbrauen.
    »Nun, sie war von einem Tag auf den anderen nicht mehr im Palast«, gab Gonzalo zurück. »Ich habe schon überall Nachforschungen nachgestellt, aber bisher sind sie im Sande verlaufen.«
    »Geht Ihr davon aus, dass Zahra den Hof freiwillig verlassen hat?«, mischte sich Boabdil in das Gespräch ein. »Und wo ist mein Sohn? Hat Zahra ihn mitgenommen?«
    »Nein«, erwiderte Gonzalo. »Und da Zahra sehr an Eurem Sohn hängt und ihre Verantwortung sehr ernst nimmt, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie den Palast aus freien Stücken verlassen hat.«
    »Und in wessen Obhut ist mein Sohn jetzt?«
    »Torquemada und seine Mönche kümmern sich um ihn.« Gonzalo zuckte mit den Achseln. »Das klingt schlimmer, als es ist. Torquemada hat an dem Jungen einen Narren gefressen, und auch der Junge ist ihm herzlich zugeneigt.«
    »Mein Sohn – und Torquemada?« Boabdils Miene versteinerte.
    »Gott sei Dank ist Ahmed noch zu klein, um zu verstehen, was Torquemada ihm predigt«, versuchte Gonzalo ihn zu beschwichtigen und wandte sich wieder an Raschid. »Ich rechne täglich mit der Rückkehr meines Bruders. Als wir von Zahara zurückkamen, hatte Isabel schon Weisungen für ihn hinterlegt. Eigentlich müsste er längst zurück sein. Er hat die nötigen Verbindungen, um auch in den Kerkern nach Zahra zu suchen.«
    »Ihr meint, meine Schwester …« Raschid schluckte. »Aber was wirft man ihr denn vor?«
    »Bisher ist es nur ein Verdacht, aber ich will nichts unversucht lassen, um sie zu finden!«
    »Dieser verdammte Krieg«, stöhnte Raschid. »Mein Halbbruder hat unseren Vater in Granada in den Kerker werfen lassen, und Gott allein weiß, ob er noch lebt, meine Halbschwester ist seit Loja verschwunden, meine Tochter vor wenigen Tagen gestorben …« Er brach ab und sah aus dem Fenster, ohne die prächtigen Bougainvilleen wahrzunehmen, die im Park ihre fuchsienfarbene Blütenpracht entfalteten.
    »Wann werden die christlichen Könige denn zurückerwartet?«, fragte Boabdil Gonzalo und erklärte, warum er hergekommen war.
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass die Könige sich für Euren Vorschlag erwärmen werden«, gab Gonzalo zurück. »Wisst Ihr schon, dass Euer Vater die Regierungsgeschäfte jetzt ganz in die Hände Eures Onkels gelegt hat? Die letzten Nachrichten unserer Spitzel besagen, dass Euer Vater sich mit Soraya und ihren Söhnen nach Almuñécar zurückgezogen hat. Als erste Amtshandlung soll az-Zagal alle Schätze Eures Vaters beschlagnahmt haben.«
    Boabdil zeigte keine Regung.
    Unsicher trat Morayma vor und blickte ihren Mann bittend an. Boabdil nickte und wandte sich noch einmal an Gonzalo. »Meine Frau würde gern unseren Sohn wiedersehen. Meint Ihr, das ließe sich einrichten?«
    Boabdil blickte zu der kleinen Frau mit den großen Kinderaugen. »Ich werde mich für Euch einsetzen, aber macht Euch besser keine Hoffnungen!«
    Trotzdem schlich sich ein kleines, dankbares Strahlen in Moraymas Augen, das erste, seit man ihr den Sohn genommen hatte.
     
    Drei Tage später erfuhr Gonzalo von einem Burschen im königlichen Stall, dass Jaime zurück in der Stadt war. Er drückte dem Jungen eine Münze in die Hand und schickte ihn seinen Bruder suchen. »Sag ihm, ich muss ihn dringend sprechen. Er findet mich in dem Stadthaus meiner Frau!«
    Bisher hatte Gonzalo es vermieden, dort zu wohnen, aber da er sich seit Zahras Verschwinden im Palast höchst unwohl fühlte und seine Gattin derzeit auf ihrem Landsitz weilte, war ihm dies als das

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