Die Maurin
versucht, einen eigenen Boten zu Fernando und Isabel zu schicken – in der Hoffnung, dass sie einen Unterschied machen würden zwischen der Stadtbevölkerung, die sehr wohl bereit ist, sich zu ergeben, und den Soldaten, die dies ablehnen. Doch jemand muss ihn verraten haben. El Zegri hat seinen Boten am Tor abgefangen und seinen Kopf über dem Eingang aufhängen lassen, zur Warnung für Nachahmer. Trotzdem hat Dordur noch einen zweiten Boten auftreiben können, aber auch dieser kam nicht viel weiter. Er starb im Pfeilhagel, nur wenige Meter vor der Stadt.«
Vier Tage später drangen die Christen mit johlendem Geschrei über die Mauern der Vorstadt. Sie metzelten die Menschen nieder und machten Hunderte von Gefangenen; die Soldaten flüchteten sich in die Innenstadt, was nur den wenigsten Menschen aus dem Volk gelang. Noch hielten die hohen Mauern des Stadtkerns die Christen ab, aber niemand vermochte zu sagen, wie lange noch. Jaime ging zu El Zegris Hauptmann und ließ sich in die Truppe der Soldaten aufnehmen.
3.
Málaga
18 . September 1487
N atürlich haben wir diese erste Schlacht gewonnen«, pflichtete Gonzalo seinem Onkel, dem Marqués de Cabra, bei, während er aufgeregt in seinem Zelt auf und ab lief, »aber machen wir uns nichts vor: Die Mauer um die Innenstadt ist wesentlich höher und besser gesichert als die, die wir überwunden haben! Außerdem geht unter den Soldaten das Gerücht um, Fernando selbst glaube nicht an unseren Sieg – und prompt haben wir die ersten Fahnenflüchtigen. Einige sind sogar direkt zu den Mauren übergelaufen. Das spornt diese natürlich an. Vorhin haben sie einen Ausfall gewagt. Während sie beinahe ohne Verluste hinter ihre Stadtmauer zurückgelangt sind, haben wir Dutzende von Toten. Das Blatt wendet sich!«
»In der Haut der Überläufer möchte ich nicht stecken, wenn wir gesiegt haben«, murmelte Don Diego. Gonzalo fragte sich, ob sein Onkel ihm eigentlich zugehört hatte. Er stemmte die Hände in die Seiten. »Verdammt, Onkel, wir haben keine Chance gegen die Mauren. Du musst Fernando dazu bringen, zu kapitulieren!«
Don Diego hob erstaunt den Kopf. »Aufgeben? Aber wo denkst du hin?« Er strich sein in den letzten Jahren stark ergrautes Haar aus der Stirn und zeigte in Richtung der Wälle Málagas. »Die Mauren sind geschlagen, sie wissen es nur noch nicht.«
»Besiegen könnten wir sie nur durch eine Belagerung, aber für die fehlt es uns an Vorräten. Da wir im Maurengebiet alles niedergebrannt haben, müssten wir eine Riesenstrecke zurücklegen – und das, wo die Regenzeit vor der Tür steht!«
»Regenzeit hin, Proviant her.« Don Diego schüttelte den Kopf. »Glaub mir, Gonzalo, meine alten Soldatenknochen sagen mir, dass wir so dicht am Ziel sind wie noch nie zuvor. Und wegen der Soldaten werde ich mit Fernando reden. Er soll Isabel herbitten. Nichts wird die Moral der Soldaten mehr heben als die Anwesenheit ihrer Königin!«
Und schon erhob er sich, um Fernando suchen zu gehen.
Knapp zwei Wochen später sahen die Mauren, wie die kastilische Königin mitsamt den Infanten, ihrem Beichtvater Hernando de Talavera, Prälaten, Hofleuten, Rittern und Damen von hoher Herkunft zu der Truppe stieß. Von ihren Wällen konnten sie beobachten, wie eine große Anzahl von Soldaten abgestellt wurde, um ihre prächtigen Zelte aufzuschlagen.
»Das kann nur bedeuten, dass Isabel für länger hierbleiben will – und sich die Kastilier ihrer Sache verdammt sicher sind«, knurrte Ali Dordur, als Jaime ihm von den Vorgängen im Christenlager berichtete. »Und daraus müssen wir schließen, dass die Versorgungs- und Stimmungslage bei den Christen weit besser ist, als wir dachten.«
»Ich nehme an, Ihr habt schon gehört, dass die Christen El Zegri erneut ein Friedensangebot unterbreitet haben.«
Der stattliche Mann nickte, erhob sich von der breiten, bequemen Bank seines Empfangszimmers und ging mit schweren Schritten in dem mit edlen Hölzern verkleideten Zimmer auf und ab. »Aber El Zegri hat auch dieses Angebot wieder abgelehnt. Er sagt, die Tatsache, dass die Christen ihr Friedensangebot wiederholt haben, beweise, wie hoffnungslos sie ihre Lage einschätzen, und behauptet, dass sie kaum noch Pulver hätten und ihnen ihre Donnerbüchsen deswegen nicht mehr viel nutzen würden. Außerdem hat er uns daran erinnert, dass bald die großen Regenfälle einsetzen werden und die Christen dann kaum noch an Nachschub kommen können.«
»In der Tat ist seit Isabels
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