Die Maurin
Ankunft kein einziger Schuss mehr gefallen«, brummte Jaime, »und im Herbstregen in einer Zeltstadt zu sitzen führt zu Krankheiten, Hunger, Fahnenflüchtigen, und wenn Sturm aufkommt, müssen ihre Schiffe weichen, und az-Zagals afrikanische Verbündete könnten uns zu Hilfe eilen.«
»Und dann habt Ihr El Zegris Berberkrieger, die Ghumara, inzwischen ja kennengelernt. Die Armee, die sie das Fürchten lehrt, muss erst noch erfunden werden!«
Trotzdem blieb Jaime skeptisch. Er kannte Fernando – und erst recht Isabel, die schon mehrfach vermeintlich Unmögliches möglich gemacht hatte. Und als hätte die kastilische Herrscherin seine Gedanken gehört, brach im gleichen Moment ein gewaltiges Donnern über sie herein. Jaime zuckte zusammen, und Ali Dordur flüchtete sich mit einem Aufschrei unter seinen Schreibtisch.
»Derzeit haben sie jedenfalls noch Pulver«, knurrte Jaime anschließend und sah Ali Dordur herausfordernd an. »Ich glaube, wir täten trotz El Zegris Zweckoptimismus gut daran, uns weiter darum zu bemühen, endlich aus diesem Hexenkessel hinauszukommen!«
Es blieb nicht bei diesem einzigen Donnerschlag. Den ganzen Tag, selbst die Nacht über beschossen die Christen Málaga. Ein unaufhörliches Blitzen und Donnern krachte aus den Geschützstücken, und am folgenden Morgen ließ Don Diego die Kanonade sogar noch verstärken. Schließlich sanken die ersten maurischen Bollwerke in sich zusammen. Als Erstes stürzte der hohe Turm mit dem maurischen Banner in sich zusammen, ein kleinerer in seiner Nähe folgte wenige Stunden später, und in den Wällen zwischen ihnen klaffte eine breite Bresche.
Am nächsten Morgen stürmten die Christen, angeführt vom Marqués de Cadiz, dem Marqués de Cabra und Gonzalo auf die Stadt los, aber in der Nacht hatten die Mauren hinter der Bresche einen tiefen Graben ausgehoben und hinter ihm Palisaden und hohe Brustwerke errichtet.
»Auch das wird uns nicht aufhalten!«, schrie Don Diego, und in der Tat brauchten sie nur zwei Stunden, um auch noch die Palisadenmauer zu überwinden. Doch hinter der Mauer stürzten über zweitausend Soldaten mit ohrenbetäubendem Gebrüll und blitzenden Schwertern über die christliche Vorhut her und metzelten sie wie tollwütige Schlächter nieder.
»Lasst euch nicht zurückdrängen!«, brüllte Don Diego seine Soldaten an. »Na los, vorwärts, wir müssen nur durch dieses Nadelöhr hindurch, dann gehört die Stadt uns!«
Von der Seite hieb ein Krummsäbel auf Don Diego nieder; Gonzalo schmetterte ihn für seinen Onkel ab. Brüllend fuhr der Maure zu Gonzalo um und erwischte ihn unterhalb des Schallers am Kinn. Fluchend wich Gonzalo zurück, machte sogleich einen Ausfallschritt und rammte dem Mauren sein Schwert in den Leib. Röchelnd sackte der Mann in sich zusammen. Gonzalo wandte den Kopf und sah, dass endlich weitere christliche Soldaten nachrückten. Er versuchte, eine Linie zwischen ihnen zu bilden, doch da ging von der Festungsmauer ein Pfeilhagel auf sie nieder.
»Wir müssen zurück!«, brüllte er seinem Onkel zu, der aber schüttelte verbissen den Kopf. Im gleichen Moment drang ein Pfeil durch Don Diegos Harnisch, und Gonzalo sah entsetzt, wie sein Onkel zusammenbrach. Er bahnte sich mit seinem Schwert einen Weg zu ihm und zog ihn aus dem Kampfgetümmel. »Wir haben keine Chance!«, keuchte Gonzalo. Sein Onkel hielt sich die blutende Seite und nickte. Erleichtert ließ Gonzalo zum Rückzug blasen. Die Mauren johlten vor Freude.
Auf dem Weg ins Lager blickte Gonzalo noch einmal zu den maurischen Wällen hoch und erblickte in den luftigen Höhen ein ihm seit Kindertagen vertrautes Gesicht.
»Jaime, verdammt, was tust du denn hier?«, stöhnte er, und als er daran dachte, dass gewiss auch Zahra in der Stadt war, brannte ihm das Herz.
»Zumindest diese Schlacht konnte El Zegri gewinnen«, sagte Ali Dordur später am Abend zu Jaime.
»Was besagt schon eine gewonnene Schlacht?«, erwiderte Jaime unwillig und strich sich über den rechten Arm. Ein christlicher Pfeil hatte ihn getroffen, und auch wenn es nur eine harmlose Wunde war, schmerzte sie doch. »Und wisst Ihr überhaupt schon, was El Zegri nach dem Sieg gemacht hat? Er hat alles Vieh und Getreide beschlagnahmt und in seine Burg bringen lassen.« Beim Gedanken an seinen prächtigen Barbakan brodelte eine unbändige Wut in Jaime auf. »Ab sofort dürfen sich nur noch seine Ghumara satt essen, während die gemeinen Soldaten lediglich sechs Unzen Brot am Morgen und
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