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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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wird über Wochen nicht arbeiten können. Mein Herr kocht vor Wut!«
    »Welcher eurer Sklaven ist denn geflohen?«, fragte Zahra, ehe Hayat dazukam und sich durch ihre Aufgeregtheit verraten konnte.
    »Na, dieser neue Kastilier war’s. Erst seit zwei Monaten haben wir ihn, und bisher hat er nichts als Ärger gemacht. Störrisch wie ein Maulesel, sage ich euch, störrisch wie ein Maulesel war er, daran hat selbst die Peitsche nichts ändern können, die mein Herr ihm regelmäßig über den Rücken gezogen hat!«
    Zahra sah, wie Hayat erblasste. Zugleich wurde ihr klar, warum Hayat in der letzten Zeit mehrmals Heilsalbe von ihr hatte haben wollen.
    »Ist der entflohene Sklave so ein großer Blonder?«, presste Hayat atemlos hervor.
    Durriyyah bejahte. »Miguel heißt er oder so.«
    Zahra sah, wie Hayat schwankte, und ergriff erneut für sie das Wort: »Dann hat dein Herr sicher Leute ausgeschickt, um nach dem Sklaven zu suchen?«
    Die Alte nickte und biss genüsslich in ein weiteres Honigküchlein. »Und sie haben auch Erfolg gehabt!«
    Besorgt sah Zahra zu ihrer Halbschwester, die schneeweiß war. Auch Zahra wurden die Knie weich. »Haben sie ihn erwischt?«, fragte sie mit rauher Stimme.
    Die Dienerin strich mit ihren dicklichen Fingern über ihre Tunika, um die Kuchenkrümel abzustreifen. »Und ob! Der Lump war noch gar nicht aus der Stadt heraus. Saß in einem zerfallenen Schuppen. Jemand hat ihn dort reingehen sehen und die Wachen alarmiert. Aber jetzt sitzt er wieder bei uns. Haben ihn im Pferdestall angekettet. In drei Tagen wollen sie ihn öffentlich köpfen lassen – zur Abschreckung.«
    Ein heftiger Schlag ließ sie alle umfahren. Hayat war zusammengebrochen.
     
    Hayats Ohnmacht versetzte die Anwesenden umso mehr in Aufregung, als ihnen noch der Schreck über Deborahs verfrühte Wehen in den Knochen saß. Die Küchenmagd schrie: »Der Fluch hat uns getroffen«, die Dienerin der Nachbarn: »Die Pest ist im Haus!«
    Einzig Tamu und Zahra behielten die Nerven. Sie trugen Hayat hoch in ihr Zimmer. Durch das Geschrei der Magd und der Dienerin angelockt, eilte auch Leonor herbei. Sie wollte nach dem Arzt schicken, aber Zahra konnte sie davon überzeugen, dass Hayat nur ohnmächtig geworden sei, weil sie heute noch kaum etwas gegessen habe. »Deswegen sind wir auch in die Küche gegangen«, log sie weiter.
    Als Hayat wieder zu sich kam, sah Zahra sie eindringlich an. »Wenn du etwas isst, wirst du dich gleich besser fühlen!«, redete Zahra auf ihre Halbschwester ein und drehte die Augen warnend in Leonors Richtung.
    Hayat verstand den Hinweis und ließ sich von Zahra mit Salzgebäck füttern. Beruhigt ging Leonor zurück zu Deborah, um die sie sich noch immer große Sorgen machte. Kaum waren sie wieder allein, drückte Zahra mitfühlend die Hand ihrer Halbschwester. »Ich kann mir vorstellen, wie dir zumute ist, aber du darfst jetzt nicht an Miguel, sondern musst vor allem an dich denken! Du kannst nichts für ihn tun. Und niemand, hörst du, niemand darf jemals erfahren, was zwischen euch war. Ich flehe dich an: Mach jetzt nicht alles noch schlimmer!«
    Über Hayats Wangen rannen Tränen.
    »Hayat, bitte, sei vernünftig!«
    Hayat blickte zur Decke. Aus ihren Augenwinkeln lösten sich weitere Tränen und versickerten in ihrem schweren, blauschwarzen Haar. Erst etliche Atemzüge später sah sie wieder zu Zahra. »Ich muss zu ihm«, stieß sie hervor.
    »Aber du kannst nichts für ihn tun!«
    Hayat setzte sich auf. »Zahra, ich weiß, du meinst es gut, aber ich kann nicht anders. Ich muss einen Weg finden, um ihm zu helfen, ich muss!«
    Mit jedem ihrer Worte gewann Hayats Stimme an Kraft und ihr Blick an Entschlossenheit.
    Zahra stöhnte auf. »Mein Gott, weißt du eigentlich, was du da redest?«
    »Ja, das weiß ich. Ich sehe ganz klar. So klar wie noch nie zuvor in meinem Leben.«
    »Aber du kannst ihn da doch nicht einfach … rausholen!«
    Hayat stand auf. »Vielleicht nicht. Aber ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich es nicht wenigstens versuche!«
     
    Zahra erkannte, dass sie Hayat mit nichts davon würde abbringen können, alles in ihrer Kraft Stehende zu tun, um Miguel zu retten, und bestand schließlich nur noch darauf, sie zu unterstützen. Die halbe Nacht schmiedeten sie Fluchtpläne für Miguel, und schon vor Tagesanbruch saßen sie wieder zusammen auf Zahras Schlafstatt und gingen noch einmal die Details des Plans durch, der ihnen als der einzig durchführbare erschienen war. Wenig später

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