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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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empfing. »Ich nehme an, du hast den Aufruhr hier unten heute Nachmittag mitbekommen?«
    »Du meinst die Rumräumerei der Diener wegen der Hochzeit?«
    »Nein, ich meine die Soldaten, die hergekommen sind.« Er schluckte. »Sie haben einen Boten hierherbegleitet, der Ibrahim mitgeteilt hat, dass ein spanischer Soldatentrupp eine der Warenlieferungen, die er von Málaga erwartet, überfallen hat. Nur wenige seiner Männer konnten fliehen. Die meisten Waren sind verloren. Ibrahim ist sofort aufgebrochen, um nach dem Rechten zu sehen. Die Hochzeit wird also um einige Wochen verschoben werden müssen.«
    Zahra sah ihn an. Einige Wochen, dachte sie, was helfen mir einige Wochen? Sie konnte sich nicht beherrschen. »Von mir aus kann ihn unterwegs die Pest wegraffen!«, presste sie hervor.
    Augenblicklich schwoll die Ader auf der Stirn ihres Vaters. »Wie redest du denn über deinen künftigen Gemahl?«
    Statt ihm zu antworten, drehte sich Zahra um und rannte in ihr Zimmer, doch kurz vor ihrer Tür hielt Tamu sie auf und sagte ihr, dass ihre Mutter sie zu sprechen wünsche. Als Tamu mit fragendem Blick stehenblieb, wurde sie wütend.
    »Was ist?«, fuhr sie die alte Berberin an. »Sind mir Hörner gewachsen, oder warum stierst du mich so an?«
    »Kind, was ist mit Euch? Schon seit Tagen seid Ihr so seltsam und …«
    »Wie sollte ich das auch nicht sein? Hier wird man ja auch nie in Frieden gelassen!«
    Tamu hob die Augenbrauen.
    »Jetzt geh mir schon aus dem Weg, du dumme Alte«, knurrte Zahra weiter und hastete zurück in Richtung des Zimmers ihrer Mutter, doch schon nach wenigen Schritten blieb sie stehen und kam reumütig zu Tamu zurück. »Ich … ich wollte das eben nicht sagen. Bitte, verzeih mir!«
    »Ach Kind!« Tamu schüttelte schwermütig den Kopf. »Außerdem ahne ich ja, was mit Euch los ist …«
    Nein,
das
kannst auch du nicht erahnen, dachte Zahra bitter. »Ich habe nichts, Tamu, gar nichts.«
    »Doch, Kind, doch, aber ich …« Tamu strich ihr über die Wange. »Nein, in diesem Fall kann Euch niemand helfen, niemand außer dem Allmächtigen. Aber wer weiß: Vielleicht hat Er noch ein Einsehen mit Eurer Not.«
    Zahra hörte ihre Mutter nach ihr rufen. Eilig lief sie zu ihr.
     
    Leonor erzählte ihr freudestrahlend, dass sie sich den ganzen Tag über noch nicht ein Mal hatte übergeben müssen. »Vielleicht kann ich jetzt wenigstens das letzte Drittel meiner Schwangerschaft ruhig überstehen!«
    Zahra zwang alle Gedanken an Ibrahim aus ihrem Kopf und nickte. »Ja, Mutter, ja!«
    Da Zahra wusste, dass Ibrahim ihr im Haus erst einmal nicht mehr nachstellen konnte, wurde sie in den nächsten Tagen ruhiger und verbrachte wieder mehr Zeit mit ihrer Mutter. Der siebte Monat ihrer Schwangerschaft brach an. Ihr Gesicht wurde fülliger und beinah rosig, ihre Stimme fand zu ihrer alten Kraft zurück, und die Kindsbewegungen waren so kräftig, dass sich im Haus allmählich die Hoffnung ausbreitete, dass doch alles gut werden würde. Selbst Zahra dachte bald mehr an die Geburt ihres kleinen Geschwisterchens als an Ibrahim, zumal sie nichts mehr von ihm gehört hatten.
    Dann aber gab es für die Familie wieder Grund zur Sorge: Es häuften sich die Gerüchte, dass Hassan mit seinem Bruder az-Zagal einen Angriff auf Granada und das Umland plane. Da Abdarrahman befürchtete, dass nun auch die Seidenfarm kein sicherer Ort mehr für seine Familie war, schickte er einen Boten zu Ali al-Attar, seinem Schwiegervater aus seiner ersten Ehe, der stets einer der treusten und wegen seiner klugen Schlachttaktiken auch einer der gefürchtetsten Mitstreiter Hassans gewesen war, selbst nachdem seine Tochter mit Boabdil verheiratet worden war. Der Sieg über Zahara war Hassan nicht allein wegen Yazids Idee mit den Kletterern, sondern auch dank Ali al-Attars kluger strategischer Planung gelungen. Nachdem Boabdil seinem Vater den Thron entrissen hatte, hatte sich Ali al-Attar zunächst weiter zu Hassan bekannt, aber als er dann sah, wie besonnen und weitsichtig sein Schwiegersohn das Land regierte, fiel er von Hassan ab und bot Boabdil seine Unterstützung an. Binnen weniger Tage kam Abdarrahmans Bote mit Ali al-Attars Zusage zurück, dass es diesem eine Freude und Ehre sei, Abdarrahmans Frau und seine Töchter unter seine Fittiche zu nehmen.
    Schon am nächsten Tag begleitete Abdarrahman seine Familie mit einigen Dienern und einer großen Anzahl Soldaten nach Loja. Zahra atmete auf: Solange sie in Loja weilten, würde sie auch vor

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