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Die Mausefalle

Die Mausefalle

Titel: Die Mausefalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war’s nicht. Sergeant Trotter hat das behauptet. Ich hasse den Mann. Der – der setzt einem Sachen in den Kopf – Sachen, die gar nicht stimmen – das kann doch nicht stimmen.«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht und verbarg ihre Augen darin. Christopher zog sie ihr ganz sanft wieder weg.
    »Aber, aber, Molly«, sagte er, »was soll denn das alles?«
    Sie wehrte sich nicht, als er sie sanft auf einen Stuhl am Küchentisch drückte. Sein Verhalten hatte überhaupt nichts Hysterisches oder Kindisches mehr. »Was ist denn los mit Ihnen, Molly?«, fragte er.
    Molly sah ihn an – es war ein langer, prüfender Blick. Dann, statt zu antworten, fragte sie ihn: »Wie lange kenne ich Sie jetzt, Christopher? Zwei Tage?«
    »So ungefähr. Und Sie finden auch, dass wir uns, obwohl es erst ganz kurz ist, schon ziemlich gut kennen, nicht?«
    »Ja – das ist doch seltsam, oder?«
    »Ach, ich weiß gar nicht. Wir sind uns irgendwie sympathisch. Vielleicht weil wir beide – einiges durchgemacht haben.«
    Das war keine Frage. Es war eine Feststellung. Molly ließ es so stehen. »Sie heißen nicht wirklich Christopher Wren, nicht?« Auch das war eher eine Feststellung als eine Frage.
    »Nein.«
    »Und warum haben Sie – «
    »Diesen Namen angenommen? Ach, das war eigentlich mehr so ein drolliger Einfall. In der Schule haben sie mich immer gehänselt und mich Christopher Robin genannt. Von Robin zu Wren – das war wohl einfach so eine Assoziation.«
    »Wie heißen Sie denn wirklich?«
    Leise antwortete Christopher: »Ich finde nicht, dass wir näher darauf eingehen sollten. Es würde Ihnen auch gar nichts sagen. Ich bin jedenfalls kein Architekt. Ich bin Deserteur.«
    Ganz kurz erschien ein Ausdruck des Erschreckens in Mollys Augen.
    Christopher bemerkte ihn. »Tja«, sagte er. »Genau wie unser unbekannter Mörder. Ich habe es Ihnen ja gesagt, ich bin der Einzige, auf den alles passt.«
    »Seien Sie nicht albern«, sagte Molly. »Ich habe Ihnen gesagt, dass ich Sie nicht für den Mörder halte. Erzählen Sie weiter – erzählen Sie über sich. Warum sind Sie desertiert – wegen der Nerven?«
    »Aus Angst, meinen Sie? Nein, komischerweise hatte ich keine Angst – also jedenfalls nicht mehr als alle anderen. Ich war sogar bekannt dafür, selbst unter Beschuss ziemlich ruhig zu bleiben. Nein, es lag an etwas ganz anderem. Es lag an – meiner Mutter.«
    »An Ihrer Mutter?«
    »Ja – nämlich, also, sie ist umgekommen – bei einem Luftangriff. Verschüttet. Sie – sie mussten sie ausgraben. Ich weiß nicht mehr, was in mir vorging, als ich es erfuhr – ich nehme an, ich bin ein bisschen durchgedreht. Ich dachte, also, dass mir das passiert ist. Ich hatte das Gefühl, ich muss sofort nachhause und – mich selbst ausgraben – ich kann das nicht erklären – es war alles so verworren.« Er legte den Kopf in die Hände und sprach gedämpft weiter. »Ich bin dann lange durch die Gegend gezogen und habe sie gesucht – oder mich – ich weiß nicht, wen. Und als mein Kopf wieder klarer wurde, da hatte ich Angst, zurück in die Armee zu gehen – oder Meldung zu machen – ich wusste, ich kann das doch gar nicht erklären. Seit der Zeit bin ich einfach – nichts.«
    Er starrte sie an aus seinem jungen, vor Verzweiflung hohlwangigen Gesicht.
    »So dürfen Sie das nicht sehen«, sagte Molly sanft. »Sie können doch noch einmal von vorne anfangen.«
    »Kann man so etwas wirklich?«
    »Natürlich – Sie sind ja noch ganz jung.«
    »Schon, aber wissen Sie – ich bin am Ende.«
    »Nein«, sagte Molly. »Sie sind nicht am Ende, das glauben Sie nur. So ein Gefühl hat, glaube ich, jeder mindestens einmal in seinem Leben – dass er am Ende ist, dass er nicht mehr weiter weiß.«
    »Sie kennen das also auch, nicht wahr, Molly? Das müssen Sie – sonst könnten Sie nicht so sprechen.«
    »Ja.«
    »Worum ging es bei Ihnen?«
    »Um dasselbe wie bei vielen anderen. Ich war verlobt, mit einem jungen Kampfflieger – und der ist dann gefallen.«
    »Das war aber noch nicht alles, oder?«
    »Wahrscheinlich nicht, nein. Ich habe einen furchtbaren Schock erlitten, als ich noch jünger war. Ich habe etwas sehr Grausames und Quälendes erleben müssen. Und das hat mich geprägt, ich war überzeugt, das Leben ist eben immer so – grauenvoll. Als Jack dann umkam, war das nur die Bestätigung für meine Überzeugung, nämlich dass das ganze Leben sowieso nur aus Grausamkeit und Verrat besteht.«
    »Oh ja. Aber dann, so nehme ich jedenfalls

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