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Die Mausefalle

Die Mausefalle

Titel: Die Mausefalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wie?«
    »Mein Lieber, ich finde wirklich, du könntest dich etwas sorgfältiger kleiden. Hier sind alle so wahnsinnig elegant. Sieh dir nur Claud Sopworth an!«
    »Das habe ich schon«, erwiderte James grimmig. »Und ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so dämlich aussieht wie er.«
    Grace richtete sich zu voller Größe auf.
    »Du brauchst gar nicht meine Freunde schlechtzumachen, James, das schickt sich nicht. Er ist genauso angezogen wie alle anderen vornehmen Herrn im Hotel.«
    »Pah!«, stieß James hervor. »Weißt du, was ich neulich in den ›Notizen aus der Gesellschaft‹ gelesen habe? Dass der Herzog von – also ich komme jetzt nicht auf den Namen, irgendein Herzog jedenfalls, dass der also der am schlechtesten angezogene Mann von ganz England ist, jawohl!«
    »Meinetwegen«, gab Grace zurück, »aber der ist eben ein Herzog.«
    »Na und?«, fragte James erbost. »Wer sagt, dass ich nicht auch eines Tages ein Herzog sein werde? Na, vielleicht nicht direkt ein Herzog, aber ein Pair.«
    Er klopfte auf das gelbe Buch in seiner Tasche und zählte ihr eine lange Reihe von Pairs von England auf, die noch viel bescheideneren Verhältnissen entstammten als James.
    Grace kicherte bloß.
    »Sei nicht so albern, James«, sagte sie. »Man stelle sich vor, du als ein Earl von Kimpton-on-Sea!«
    James betrachtete sie mit einem Blick, in dem sich Wut und Verzweiflung mischten. Die Luft von Kimpton-on-Sea war Grace tatsächlich zu Kopf gestiegen.
    Kimpton besaß einen langen, geraden Sandstrand. Darauf erstreckte sich über eineinhalb Meilen eine ununterbrochene Front von Badehäusern und Kabinen. Die Gruppe hatte inzwischen vor einer Reihe von sechs Badekabinen haltgemacht, die sämtlich die imposante Aufschrift trugen: »Nur für Gäste des Hotels Esplanade«.
    »Da sind wir«, verkündete Grace heiter. »Aber ich fürchte, du wirst nicht mit uns hereinkommen können, James; du musst zu den öffentlichen Badezelten dort drüben gehen, wir treffen uns dann im Wasser. Bis gleich.«
    »Bis gleich!«, entgegnete James und strebte in die angegebene Richtung.
    Zwölf schäbige Zeltkabinen blickten dort feierlich aufs Meer, bewacht von einem betagten Matrosen mit einer blauen Papierrolle in der Hand. Nach Entgegennahme eines Geldstücks riss dieser ein blaues Billett von seiner Rolle, warf James ein Handtuch zu und wies mit dem Daumen über die Schulter.
    »Sie müssen warten, bis Sie dran sind«, brummte er.
    Erst jetzt kam James zu Bewusstsein, dass er nicht konkurrenzlos im Rennen lag. Außer ihm waren noch andere auf die gute Idee gekommen, ein Bad im Meer zu nehmen. Nicht nur waren sämtliche Kabinen besetzt, es hatte sich vor einer jeden obendrein eine stattliche Gruppe von Menschen versammelt, die einander mit finster entschlossenen Bücken maßen. James gesellte sich zu der kleinsten Gruppe und wartete. Plötzlich teilte ein Windstoß die Zeltflügel, und ein schönes, spärlich bekleidetes junges Mädchen wurde sichtbar, das sich so gemächlich die Bademütze über die Haare zog, als gedenke es, sich den ganzen Vormittag damit Zeit zu lassen.
    »Da komme ich niemals dran«, sagte James zu sich selbst und trat schleunigst zu einer anderen Gruppe. Nachdem er fünf Minuten gewartet hatte, wurde es in dem zweiten Zelt lebendig. Die Zeltwand tat sich ächzend auf, und es quollen nacheinander vier Kinder nebst Vater und Mutter hervor. Angesichts der Miniaturausgabe des Zelts fühlte sich James ein bisschen an gewisse Jahrmarkttricks erinnert. Sofort schossen zwei Frauen vor und ergriffen je einen Zipfel Zeltleinwand.
    »Ich bin dran«, stieß die eine Frau atemlos hervor.
    »Nein, ich«, erwiderte die andere erbost.
    »Ich muss Ihnen mitteilen, dass ich gute zehn Minuten vor Ihnen hier war«, erklärte die erste Frau.
    »Ich stehe bereits seit über einer Viertelstunde hier«, gab die andere trotzig zurück.
    »Na, na.« Der alte Matrose trat bedächtig näher.
    Die beiden jungen Frauen redeten in schrillen Tönen auf ihn ein. Als sie fertig waren, deutete er mit dem Daumen auf die zweite und erklärte knapp: »Sie sind dran.«
    Damit machte er kehrt, ohne sich um die Proteste hinter ihm zu kümmern. Er hatte keine Ahnung, wer von den beiden Konkurrentinnen zuerst an der Reihe war, und es kümmerte ihn auch nicht, doch seine Entscheidung war, wie es bei Zeitungspreisausschreiben hieß, unanfechtbar. James ergriff ihn verzweifelt am Arm.
    »Sie – hören Sie mal!«
    »Was ist, Mister?«
    »Wie lange wird es noch

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