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Die Mausefalle

Die Mausefalle

Titel: Die Mausefalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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beizubringen suchte, freundlich aber bestimmt zu sagen: »Aber nein, alter Freund, das ist ganz verkehrt. Ich werde es ihr zeigen.« Und sein Ton war von einer solchen Selbstsicherheit, dass Claud sich verlegen zurückzog. Leider jedoch war sein Triumph nur von kurzer Dauer. Die Temperatur der englischen Gewässer verlockte Badende nicht dazu, sich für längere Zeit in ihnen aufzuhalten. Grace und die Sopworth-Mädchen hatten bereits blaue Lippen und klapperten hörbar mit den Zähnen. Wenig später rannten sie den Strand hinauf, und James kehrte mutterseelenallein zu »Mon Désir« zurück. Während er sich kräftig abrubbelte und in sein Hemd schlüpfte, war er sehr mit sich zufrieden. Er hatte zweifelsohne ein dynamisches Auftreten gezeigt, fand er. Und dann erstarrte er plötzlich vor Schreck. Von draußen erklangen weibliche Stimmen, und zwar ganz andere als die von Grace und ihren Freundinnen. Einen Augenblick später erkannte er die Wahrheit: die rechtmäßigen Eigentümer von »Mon Désir« waren im Anmarsch. Wäre James vollständig angezogen gewesen, so hätte er sich möglicherweise ein Herz gefasst, die Ankömmlinge abgewartet und sich herauszureden versucht. So wie die Dinge lagen, geriet er in Panik. Die Fenster von »Mon Désir« waren sittsam durch dunkelgrüne Vorhänge verhängt. Mit einem Satz stürzte James zur Tür und klammerte sich verzweifelt am Knauf fest. Vergeblich versuchte jemand von draußen, daran zu drehen.
    »Jetzt ist doch zugesperrt«, sagte eine Mädchenstimme. »Ich dachte, Pug hätte gesagt, es wäre offen.«
    »Nein, Woggle hat das gesagt.«
    »Woggle ist wirklich ein Idiot«, schimpfte das andere Mädchen. »So was Blödsinniges, jetzt müssen wir extra nochmal zurück, um den Schlüssel zu holen.« James hörte, wie ihre Schritte sich entfernten. Er holte lange und tief Luft. Dann fuhr er in hektischer Eile in seine Kleider. Zwei Minuten später bereits schlenderte er mit fast schon aufreizend unschuldiger Miene den Strand entlang. Nach etwa einer Viertelstunde gesellten sich auch Grace und die Sopworth-Mädchen zu ihm. Den Rest des Vormittags verbrachte man vergnüglich mit harmlosen Neckereien, Steinewerfen und Sandburgenbauen. Schließlich blickte Claud auf die Uhr.
    »Zeit zum Mittagessen«, verkündete er. »Wir machen uns besser langsam auf den Heimweg.«
    »Ich habe schrecklichen Hunger«, rief Alice Sopworth. Die anderen Mädchen beteuerten ebenfalls, schrecklichen Hunger zu haben.
    »Kommst du mit, James?«, fragte Grace.
    James war zweifellos übertrieben empfindlich. Er fühlte sich genötigt, an ihrem Tonfall Anstoß zu nehmen.
    »Nicht, wenn meine Kleidung dir nicht gut genug ist«, brauste er auf. »Da du es damit so genau zu nehmen scheinst, sollte ich wohl besser nicht mitkommen.«
    Das war das Stichwort für Grace, das Gegenteil zu beteuern, doch die Seeluft hatte offenbar einen ungünstigen Einfluss auf sie. Sie antwortete bloß: »Na gut, wie du willst. Dann bis heute Nachmittag.«
    James verschlug es die Sprache. Stumm starrte er den Davongehenden nach.
    »So was!«, stieß er schließlich hervor. »Das ist doch wirklich…«
    Er schlenderte in bedrückter Stimmung zum Ort zurück. In Kimpton-on-Sea gab es zwei Imbissstuben, beide stickig, laut und überfüllt. Es war wieder das Gleiche wie bei den Badekabinen: James musste warten, bis er an der Reihe war. Er musste sogar noch länger warten, denn als endlich ein Platz frei wurde, schnappte eine skrupellose Matrone, die gerade erst gekommen war, ihm diesen vor der Nase weg. Endlich konnte er an einem freien Tisch Platznehmen. Dicht neben seinem linken Ohr gaben drei junge Damen mit schlecht geschnittenen Bubiköpfen ein kunterbuntes Potpourri aus italienischen Opern zum Besten. Glücklicherweise war James unmusikalisch. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, studierte er ohne nennenswertes Interesse die Speisekarte.
    Egal, was ich bestelle, es ist bestimmt schon von der Karte gestrichen, dachte er. Ich bin schon ein Pechvogel.
    Plötzlich stieß seine rechte Hand im untersten Zipfel seiner Hosentasche auf einen fremdartigen Gegenstand. Er fühlte sich an wie ein Kieselstein, ein großer runder Kieselstein. Wozu habe ich mir bloß einen Kieselstein in die Tasche gesteckt, dachte James. Seine Finger schlossen sich um den Stein. Eine Kellnerin schlängelte sich an seinem Tisch vorbei.
    »Gebackene Scholle mit Bratkartoffeln, bitte«, sagte James.
    »Gebackene Scholle gibt es nicht mehr«, murmelte die

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