Die Mausefalle
erleichtert auf.
›Ich bin froh, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind‹, sagte er. ›Aber jetzt wissen wir Bescheid.‹
›Ja, das stimmt‹, meinte ich. ›Und ich glaube, wir werden keine Schwierigkeiten haben zu finden, was wir suchen – dank der Maskerade von heute Abend.‹
Und es gab auch keine Schwierigkeiten, gar keine«, schloss Poirot etwas abrupt.
Dieses plötzliche Ende erschien mir so außergewöhnlich, dass ich ihn ganz entgeistert anstarrte.
»Aber – aber wo steckten die Papiere denn?«, fragte ich.
»In seiner Tasche – tout simplement.«
»Aber in wessen Tasche?«
»In Mr Pearsons, parbleu!«
Dann, als er meine bestürzte Miene sah, fuhr er etwas freundlicher fort: »Sie begreifen die Zusammenhänge immer noch nicht? Mr Pearson hatte Schulden, genau wie Charles Lester. Mr Pearson spielte leidenschaftlich gern, genau wie Charles Lester. Und da verfiel er auf die Idee, dem Chinesen die Dokumente zu stehlen. Er traf ihn in Southampton, wie geplant, begleitete ihn nach London und brachte ihn direkt nach Limehouse. Es war an jenem Tag neblig. Dem Chinesen fiel nicht auf, wohin man ihn brachte. Ich nehme an, Mr Pearson rauchte dort häufiger und kannte dadurch einige seltsame Leute. Ich glaube nicht, dass er an Mord dachte. Vielmehr sollte jemand anders die Rolle des Chinesen übernehmen und statt Wu Ling das Geld für die Dokumente entgegennehmen. So weit, so gut. Aber aus orientalischer Sicht war es unendlich viel einfacher, Wu Ling zu töten und seine Leiche in die Themse zu werfen, und Pearsons chinesische Komplizen gingen nach ihren eigenen Methoden vor, ohne ihn um Rat zu fragen. Stellen Sie sich nun vor, was für eine Todesangst Mr Pearson bekam! Vielleicht hatte ihn jemand mit Wu Ling zusammen im Zug beobachtet Mord ist entschieden etwas anderes als eine kleine Entführung.
Seine Rettung ist der Chinese, der Wu Lings Rolle im ›Russell Square Hotel‹ spielte. Wenn nur die Leiche nicht zu früh gefunden wurde! Vermutlich hatte ihm Wu Ling von seiner Verabredung mit Charles Lester erzählt. Er sollte ihn im Hotel abholen. Hier sieht Pearson eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Verdacht von sich abzulenken. Charles Lester wird der Letzte sein, der in Gesellschaft von Wu Ling gesehen wurde. Ein Chinese wird losgeschickt, der sich Lester gegenüber als Wu Lings Diener ausgeben soll. Er bringt ihn auf dem schnellsten Weg nach Limehouse. Höchstwahrscheinlich bot man ihm dort etwas zu trinken an. Passenderweise war ein Betäubungsmittel darin, und als Lester eine Stunde später wieder zu sich kommt, hat er nur eine sehr verschwommene Vorstellung von dem, was passiert ist. Und zwar so verschwommen, dass er, sobald er von Wu Lings Tod erfährt, allen Mut verliert und leugnet, je bis Limehouse gekommen zu sein.
Womit er natürlich Pearson genau in die Hände spielt. Aber ist Pearson jetzt zufrieden? Nein – meine Nachforschungen beunruhigen ihn und er beschließt, die Verdachtsmomente gegen Lester noch zu erhärten. Deshalb führt er diese schöne Maskerade auf. Ich – ich soll so richtig schön reingelegt werden. Sagte ich nicht vorhin, dass er sich wie ein Kind benahm, das sich verkleidet hatte? Eh bien, ich spielte die mir zugedachte Rolle. Triumphierend fährt er nachhause. Aber am nächsten Morgen steht Inspektor Miller auf seiner Schwelle. Die Dokumente werden bei ihm gefunden. Das Spiel ist aus. Und er bereut bitterlich, dass er Hercule Poirot an der Nase herumführen wollte! Bei der ganzen Geschichte war eigentlich nur eines wirklich schwierig.«
»Und was war das?«, fragte ich neugierig.
»Inspektor Miller zu überzeugen! Was für ein Vieh, dieser Mann! Dickköpfig und dumm. Und zum Schluss hat er sich das Ganze auch noch als Verdienst angerechnet.«
»Zu schlimm«, sagte ich.
»Ach, ich bekam auch meinen Teil. Die anderen Direktoren der Minengesellschaft schenkten mir als Dank Anteile im Wert von vierzehntausend Pfund. Nicht so schlecht, was? Aber wenn es um Investitionen geht, Hastings, dann, ich bitte Sie herzlich, bleiben Sie strikt auf der Seite der Konservativen. Die Dinge, über die Sie in der Zeitung lesen, müssen nicht immer stimmen. Die Direktoren der Erdölgesellschaft am Porcupine – es könnten alles Pearsons sein.«
Stille vor dem Sturm
» I m Grund gibt es nichts Schöneres als das Landleben, nicht wahr?«, sagte Inspektor Japp und atmete voll Andacht tief durch die Nase ein und den Mund wieder aus. Poirot und ich stimmten von Herzen
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