Die Mausefalle
leid! Ich wollte nur meinen Baedeker holen.«
»Du kannst ihn nicht haben«, antwortete Mrs Clapperton. »Ich stehe nicht auf. Geh, bitte, John, und lass mich in Ruhe!«
»Natürlich, natürlich, meine Liebe.« Der Oberst wich zurück. Pam und Kitty nahmen ihn in die Mitte.
»Also gehen wir sofort. Gott sei Dank haben Sie den Hut schon auf. Ach, du meine Güte – Ihr Pass ist doch nicht etwa in der Kabine?«
»Nein, natürlich steckt er in meiner Tasche – «, sagte der Oberst.
Kitty quetschte seinen Arm. »Wunderbar«, rief sie. »Also, kommen Sie schon!«
Poirot beugte sich über die Reling und beobachtete die drei beim Verlassen des Schiffs. Er hörte ein Atmen neben sich, wandte den Kopf und entdeckte Miss Henderson neben sich. Ihre Augen waren auf die drei verschwindenden Gestalten geheftet.
»Also gehen sie an Land«, sagte sie leise.
»Ja. Sie auch?«
Sie war mit Sonnenhut, besonders hübscher Tasche und festen Schuhen ausgerüstet und sah aus, als wollte sie ebenfalls an Land gehen. Trotzdem schüttelte sie nach einer winzigen Pause den Kopf.
»Nein, ich glaube, ich bleibe an Bord. Ich habe viele Briefe zu schreiben.« Sie wandte sich ab und ging.
Keuchend von seinen morgendlichen achtundvierzig Runden nahm General Forbes ihren Platz ein. »Aha!«, rief er, als er die entschwindenden Umrisse des Obersts und der beiden jungen Mädchen entdeckte. »Das wird also gespielt! Wo ist die Gnädige?«
Poirot erklärte, dass Mrs Clapperton einen ruhigen Tag im Bett verbringen wolle.
»Das glauben Sie doch selbst nicht!«, sagte der alte Krieger mit wissendem Blick. »In kürzester Zeit wird sie erscheinen und wenn sich herausstellt, dass der arme Teufel ohne Erlaubnis verschwand, gibt’s Dresche.«
Aber die Prognosen des Generals erfüllten sich nicht. Mrs Clapperton erschien zum Lunch nicht und als der Oberst und seine Begleiterinnen um vier auf das Schiff zurückkehrten, hatte sie sich noch immer nicht gezeigt. Poirot war in seiner Kabine und hörte das zaghafte Klopfen des Ehemannes an der Kabinentür. Er hörte, wie es wiederholt wurde, wie der Oberst versuchte, die Kabinentür zu öffnen, und schließlich den Steward rief. »Wissen Sie, ich bekomme keine Antwort. Haben Sie einen Schlüssel?«
Poirot erhob sich entschlossen und trat auf den Flur hinaus.
Die Neuigkeit breitete sich so schnell wie ein Waldbrand aus. Mit ungläubigem Entsetzen hörten die Passagiere, dass Mrs Clapperton in ihrer Kabine tot im Bett aufgefunden worden war – einen Eingeborenendolch ins Herz gestoßen. Eine Kette mit Bernsteinkugeln hatte auf dem Boden gelegen.
Gerücht folgte auf Gerücht! Alle Kettenverkäufer, die an jenem Tag an Bord gewesen waren, seien geholt und befragt worden. Eine große Summe Bargeld sei aus einer Schublade in der Kabine verschwunden! Das Geld sei gefunden worden! Schmuck im Wert eines Vermögens sei gestohlen worden! Es sei überhaupt kein Schmuck gestohlen worden! Ein Steward sei festgenommen worden und habe den Mord gestanden!
»Was ist eigentlich wahr?«, fragte Miss Henderson, die Poirot aufgelauert hatte. Ihr Gesicht war bleich und verstört.
»Meine Liebe, wie soll ich das wissen?«
»Natürlich wissen Sie es«, behauptete Miss Henderson. Es war spät am Abend. Die meisten Reisenden hatten sich in ihre Kabinen zurückgezogen. Miss Henderson führte Poirot zu den Liegestühlen auf der geschützten Seite des Schiffs. »Jetzt erzählen Sie!«, befahl sie.
Poirot sah sie nachdenklich an. »Es ist ein interessanter Fall.«
»Stimmt es, dass wertvoller Schmuck gestohlen wurde?«
Poirot schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist kein Schmuck verschwunden. Eine kleine Summe Bargeld ist aus der Schublade genommen worden.«
»Ich werde mich auf einem Schiff nie mehr sicher fühlen«, sagte Miss Henderson fröstelnd. »Gibt es irgendeinen Hinweis auf einen dieser kaffeebraunen Urwaldmenschen?«
»Nein«, erwiderte Hercule Poirot. »Die ganze Sache ist ziemlich merkwürdig.«
»Was soll das heißen?«, fragte Miss Henderson scharf.
Poirot spreizte die Hände. »Eh bien – halten wir uns an die Tatsachen. Mrs Clapperton war bereits mindestens fünf Stunden tot, als sie gefunden wurde. Etwas Geld ist verschwunden. Eine Bernsteinkette lag auf dem Boden neben ihrem Bett. Die Tür war verschlossen, der Schlüssel weg. Das Fenster – ein Fenster, keine Luke – geht auf Deck hinaus und stand offen.«
»Nun?«, fragte Miss Henderson ungeduldig.
»Glauben Sie nicht auch, dass ein Mord unter
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