Die Mausefalle
beugte sich beschützend über sie: Stand ihr Liegestuhl richtig? Sollte er nicht lieber…? Sein Benehmen war sehr aufmerksam – voll sanfter Fürsorglichkeit. Eindeutig eine bewunderte Frau, die von ihrem Mann verwöhnt wurde.
Miss Ellie Henderson sah in den weiten Himmel hinaus, als widerte sie die Szene ziemlich an.
Unter der Tür des Rauchsalons stehend sah Poirot ihnen zu.
Da sagte eine heisere Stimme hinter ihm: »Diese Frau würde ich mit dem Beil erschlagen, wenn ich ihr Mann wäre.« Der alte Gentleman, der von den jüngeren Leuten an Bord respektlos »Großvater aller Teepflanzer« genannt wurde, war eben hereingekommen. »Boy!«, rief er, »bitte, einen Whisky.«
Poirot bückte sich und hob ein Stück Papier auf, das aus Mrs Clappertons Handtasche stammen musste und übersehen worden war. Teil eines Rezepts, stellte er fest, für Digitalin. Er stopfte es in die Tasche, um es Mrs Clapperton später zurückzugeben.
»Ja«, fuhr der alte Mann fort, »eine teuflische Frau. Ich kann mich an eine ähnliche Ausgabe in Poona erinnern. Das war anno 87.«
»Ist einer mit dem Beil auf sie losgegangen?«, fragte Poirot.
Der Teepflanzer schüttelte traurig den Kopf.
»Sie trieb ihren Mann vor Gram ins Grab. Clapperton sollte sich wehren. Er gibt seiner Frau zu sehr nach.«
»Sie ist aber der Zahlmeister«, sagte Poirot bedeutungsvoll.
»Haha!« Der alte Mann kicherte. »Das haben Sie treffend gesagt. Sie ist der Zahlmeister. Haha!«
Zwei junge Mädchen platzten in den Rauchsalon herein. Die eine hatte ein rundes Gesicht mit Sommersprossen und dunkles Haar, das vom Winde zerzaust war, die andere Sommersprossen und kastanienbraune Locken.
»Hilfe – Hilfe!«, rief Kitty Mooney. »Pam und ich wollen Oberst Clapperton retten.«
»Vor seiner Frau«, sagte Pamela Cregan atemlos.
»Wir finden, er ist reizend…«
»Und sie ist einfach grässlich – sie erlaubt ihm überhaupt nichts!«
»Und wenn er nicht mir ihr zusammen ist, schnappt ihn sich meistens die Henderson…«
»… die ja ganz nett ist, aber schrecklich alt…«
Die Mädchen rannten hinaus und riefen wieder kichernd: »Hilfe – Hilfe…«
Dass Clappertons Rettung nicht nur eine augenblickliche Eingebung, sondern ein fester Plan war, wurde noch am selben Abend klar, als die achtzehnjährige Pamela Cregan zu Hercule Poirot kam und flüsterte: »Beobachten Sie uns, Monsieur Poirot. Er wird direkt unter ihrer Nase eingekreist und zu einem Mondscheinspaziergang auf das Bootsdeck verschleppt.«
Gerade sagte Oberst Clapperton: »Natürlich ist der Preis für einen Rolls-Royce hoch. Aber man hat ihn praktisch ein Leben lang. Nun ist mein Wagen – «
»Mein Wagen doch wohl, John.« Mrs Clappertons Stimme klang schrill und penetrant.
Er verriet keinerlei Verärgerung über ihre Unhöflichkeit. Entweder war er dies schon gewohnt oder aber…
Oder aber?, dachte Poirot und versank in Grübeleien.
»Natürlich, meine Liebe, dein Wagen.« Clapperton verneigte sich vor seiner Frau und beendete ungerührt den angefangenen Satz.
Voilà ce qu’on appelle einen Gentleman, dachte Poirot.
»Aber General Forbes behauptet, Clapperton sei keiner. Jetzt wundere ich mich.«
Jemand schlug eine Bridgepartie vor. Mrs Clapperton, General Forbes und ein Paar mit Adleraugen setzten sich zusammen. Miss Henderson entschuldigte sich und ging an Deck.
»Und Ihr Gatte?«, fragte General Forbes zögernd.
»John will nicht spielen«, antwortete Mrs Clapperton. »Das ist sehr langweilig von ihm.«
Die vier Bridgespieler beugten sich über ihre Karten.
Pam und Kitty näherten sich Oberst Clapperton und packten ihn an den Armen.
»Sie kommen mit uns auf das Bootsdeck. Es ist Vollmond.«
»Sei nicht albern, John«, sagte Mrs Clapperton. »Du wirst dich erkälten.«
»Nicht mit uns, bestimmt nicht«, meinte Kitty. »Wir sind sehr heißblütig!«
Er ging lachend mit ihnen mit.
Poirot bemerkte, dass Mrs Clapperton in der zweiten Runde passte, obwohl sie mit zwei Treff eröffnet hatte.
Er schlenderte auf das Promenadedeck. Miss Henderson stand an der Reling und sah sich erwartungsvoll um. Als Poirot erschien und sich neben sie stellte, bemerkte er ihre Enttäuschung.
Sie plauderten eine Weile. Dann fragte sie plötzlich, als er lange schwieg: »Woran denken Sie?«
Poirot antwortete: »Ich zweifle an meinen Englischkenntnissen. Mrs Clapperton sagte: ›John will nicht spielen.‹ Sollte es nicht heißen: ›John kann nicht Bridge spielen‹?«
»Sie nimmt es
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