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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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hatte. "Ich verbiete Ihnen, diesen völlig unwichtigen Kahn zu torpedieren. Ich verbiete es! Sie sind mir unterstellt, Kapitänleutnant Steinhardt, ich muss Sie nicht an meinen höheren Dienstgrad erinnern. Dies ist ein geheimes Kommando mit dem einzigen Ziel, besagte Bücher in Besitz zu nehmen und unverzüglich zum Stützpunkt nach Lorient zu überführen. Wir... Sie sind nicht befugt, irgendwelche feindlichen Schiffe zu versenken. Das macht den Feind unnötig aufmerksam auf uns. Ich lasse Sie vor ein Kriegsgericht stellen, Kapitänleutnant. Ich verlange, nein, ich befehle Ihnen, unverzüglich wieder auf Tauchfahrt zu gehen. Ich befe-ehle..." Von Spiekens Stimme kippte endgültig.
    " Maschinen stoppen!", kam das Kommando von Kapitänleutnant Harro Steinhardt. "Unverzüglich", fügte er ironisch hinzu und vergewisserte sich mit einem flüchtigen Seitenblick zum Obersteuermann Gross und seinem Ersten Wachoffizier, Oberleutnant Bajohr, der schweigenden Zustimmung seiner Kameraden. "Spieken, muss ich Sie wirklich daran erinnern, dass ich der Kommandant dieses Unterseebootes bin, und ein Stabsoffizier – selbst einer vom Oberkommando der Wehrmacht – mir in allen Entscheidungen unterstellt ist, die die Bestimmung und die Sicherheit dieses Bootes und seiner Besatzung betreffen? Dieser völlig unwichtige Kahn, wie Sie sich auszudrücken belieben, ist ein Kriegsschiff und transportiert vermutlich bestens ausgebildete amerikanische Soldaten mitsamt ihrem Gerät an die Fronten in Europa. Soldaten, die unseren Kameraden ans Leder wollen und Panzer und Kanonen, die Ihren eigenen Waffenbrüdern im Feld die Hölle unterm Hintern heiß machen. Doch wir können sie davon abhalten. Und deshalb werde ich dieses Schiff versenken. Das Kriegsgericht daheim im Reich möchte ich erleben, das mich für das ehrenhafte Erfüllen meiner verdammten Pflicht und Schuldigkeit verurteilt. Bei Poseidon, das schafft weder ein Canaris noch ein Keitel! Erlauben Sie mir ein privates Wort, Spieken. Wir U-Bootfahrer sind dicke Luft gewohnt, weiß Gott, aber seit Sie und Ihre so kostbaren Bücher uns mit ihrer Anwesenheit beglücken, stinkts mir gewaltig. Und nicht nur mir. Jawoll, mein Herr. Und jetzt, Maschinen unverzüglich stopp!" Bei dem Wort 'unverzüglich' ahmte er den hysterischen Tonfall seines Kontrahenten von der Abteilung "Abwehr" des Oberkommandos nach. Der beißende Spott provozierte ein kaum unterdrücktes Lachen bei seinen Leuten.
    Harro Steinhardt, den sie respektvoll den 'Höllenhund' nannten, hatte sich mal wieder einen Feind fürs Leben geschaffen. Alle Mann an Bord, vom Torpedoschützen bis zum einfachen Maschinisten, wussten, dass ihr Höllenhund dieses Reizklima brauchte, um besonders gut zu sein. Und von der Urteilskraft ihres Kapitäns hing auch ihr Schicksal ab.
    Von Spieken war unter seiner Bräune bleich vor unterdrückter Wut geworden. Pflicht, pah, dieser Idiot von Kommandant wollte ihm e twas von Pflicht erzählen? Schade, dass er den wahren Wert dieser beiden sorgsam verpackten Bücher mit den brüchigen aber nahezu unversehrten Holzdeckeln und den verschnörkelten Bildern von Königen und Kriegern, von unheimlichen Tieren und Fabelwesen – halb Jaguar, halb Mensch – nicht verraten durfte. Zu gerne hätte er seinen Triumph heraus geschrieen. Doch die Befehle von Canaris waren eindeutig und ließen keinen Spielraum für Interpretationen. Dafür stand von Spieken mit seinem Leben in der Pflicht. Seine eigene, schier unglaubliche Abenteuergeschichte, die ihn in geheimer Mission und erst nach monatelanger, mühsamer Kleinarbeit von den Gebrüdern Grimm, über einen französischen Pater und den Seehelden Graf Luckner bis hin zu einem Marinedeserteur aus dem 1. Weltkrieg geführt hatte und von einer verstaubten Studierstube in Brandenburg in eine muffige Höhle auf einer paradiesischen Karibikinsel, würde bis Berlin sein Geheimnis bleiben müssen. Aber dann würde ihm ein grandioser Erfolg beschieden sein. Er konnte das Bilder- und Symbolgewusel in den Büchern zwar nicht enträtseln – das würde Aufgabe der Dechiffrierspezialisten von Canaris sein –, aber was Kampendonk oder May, dieser tolldreiste Deserteur, ihm bereitwillig und froh, nach über zwanzig Jahren zum ersten Mal wieder mit deutscher Zunge reden zu können, verraten hatte, würde reichen, um zwei Weltkriege zu gewinnen und das Dritte Reich endgültig als größtes und glorreichstes der Weltgeschichte zu etablieren. Nur eine wahre Herrenrasse würde es

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