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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Lichtbündel jagten in jede Ecke und jeden Winkel des Felsendoms, einige trafen auf die Spitzen der höchsten Stelen. Daria erkannte blitzartig, dass diese Stelen an ihrem Scheitelpunkt mit faustgroßen Kristallen präpariert waren. Diese Kristalle fingen das Licht ein, brachen es erneut und bestrahlten in Sekundenbruchteilen die gesamte unterirdische Weihestätte. Der Stelenwald wurde in taghelles Licht getaucht. Aber die Wunder wollten nicht aufhören vor Darias Augen zu wirken. Der glühende Globus begann zu schmelzen. Der Bernstein verflüssigte sich. Nur die konzentrischen Ringe behielten Form und Position inne. Der Globus tropfte wie flüssiges Sonnenlicht in den Bauchnabel des kauernden Mannes auf dem Sargdeckel. Dann floss der Bauchnabel über und Daria verfolgte gebannt den Weg, den das Rinnsal aus geschmolzenem Bernstein nahm. Das Bernsteinbächlein floss in winzige Rinnen und Rillen, die Darias Augen bislang nicht wahrgenommen hatten, sammelte sich in einer Art von drittem Auge auf der Stirn des kauernden Mannes, erglühte ein letztes Mal orangerot, begann zu erstarren und formte – die Umrisse einer Spiralsonne.
    Das Licht im Felsendom erlosch auch ohne den Globus nicht. Das dritte Auge und der Solarplexus des kauernden Mannes hatten seine Funktion übernommen und verteilten die Bündel des einfallenden Sonnenlichts. Wie ihre Begleiter hatte Daria das überwältigende Scha uspiel schweigend genossen. Aber Domnall sorgte sich immer noch um die Sicherheit seiner Gefährtin.
    " Daria, komm dort runter, die Stufen bewegen sich immer noch!", sagte er vom Rande der Stelenlichtung.
    " Ich kann nicht", erwiderte Daria schlicht.
    " Wir kommen zu dir!", rief Caldera und sprang mit einem beherzten Satz über den langsam wachsenden Graben auf das Podest zu Fuße des Sarkophags. Virginia und Domnall taten es ihm eilig nach.
    Dann begannen die Seitenwände des Sarkophags ohne jedes Geräusch in der Erde zu ve rsinken. Die große Grabplatte mit der Spiralsonne und dem in ihrem Zentrum kauernden Mann wurde von vier Stelen, die bisher im Innern des Sarkophags verborgen gewesen waren und den Weltenbaum darstellten, gestützt, so dass sie nun wie ein Baldachin da stand. Unter der Steintafel öffnete sich ihren neugierigen Blicken eine quadratische Kammer.
    " Diesmal fünf Stufen!", sagte Daria. "Fünf Stufen ins Innere der Gruft."
    " Natürlich, Gnädigste, was hätten Sie sonst erwartet?", sagte Caldera, starrte in die Dunkelheit zu seinen Füßen und fragte sich, ob seine Alpträume mit den Funden in dieser Geheimkammer enden würden.
    " Ein vierarmiger Steinbaum!", raunte Domnall O'Domhnaill und hielt seine Fackel unter die Steinplatte. "Sieht aus wie ein großer Kandelaber. Direkt unter dem glühenden Solarplexus des kauernden Mannes. Aber dieser Ständer hält keine Kerzen. Oh, mein Gott, das sind Bücher..."
    " Und darum herum vier Gerippe. Oh, nein!", sagte Virginia Gluth und fasste sich an den Mund. "Hab mich vertan, das sind keine Skelette, die Schädel haben mich einen Moment irritiert... Ich kann Haare sehen und Haut... Gesichter... Die Gesichter der Toten sind mit grünen Mosaikmasken bedeckt. Aber die Hände auf der Brust... Die Hände sind... die sind echt. Das sind Mumien. Echte Mumien."
    Daria Delfonte schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und wusste vor Begeisterung nicht, wo sie beginnen sollte. Caldera nahm ihr die Entscheidung ab. Bevor die Archäologin ihn warnen konnte, hielt er bereits das erste Leporello in seinen Händen. Zum Glück waren die Bücher der Sechsten Sonne in hervorragendem Zustand. Die hölzernen Einbände zeigten keine Spuren von Feuchtigkeit, Schimmel oder Verwitterung. Die Grabkammer hatte nicht nur die vier Leichen bestens konserviert. Die Mosaikmasken auf den Gesichtern der Toten waren aus winzigen Jadesplittern und –stücken zusammengesetzt und auf einen Untergrund aus Holz aufgetragen worden. Die offenen Augen der Jadegesichter waren aus Obsidian und Muscheln gefertigt und starrten vielleicht schon seit Jahrhunderten auf die ebenfalls mit einem Relief verzierte Unterseite der steinernen Grabplatte, deren Seiten spiegelverkehrte Abbilder voneinander waren. Die gesamte Gruftszenerie schien sorgfältig und mit Absicht arrangiert und zeigte keinerlei Auflösungserscheinungen. Nicht einmal die hölzerne Maske unter den Jademosaiken war vermodert. Die Toten trugen Jaderinge an allen Fingern, außer den Daumen. Ihr Solarplexus und ihre Stirn waren mit jeweils einer besonders

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