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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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seinem besonderen Gespür war er einem uralten Menschheitsgeheimnis so nahe gekommen wie sonst nur seine Schöpfer. Er sollte für viele Jahrhunderte der einzige Mensch bleiben, der vor dem Tode eine ungefähre Ahnung von der wahren Bedeutung der Sechsten Sonne erhaschen konnte. Sein Weg ins Licht hatte zu Lebzeiten begonnen.
    –
    Leif Wynfír, Meldocs Onkel, erreichte noch am gleichen Abend die friesische Küste, von wo aus er die Frauen endgültig in Sicherheit brachte. In seinem Bündel steckte gut verpackt in drei Eichenborken ein weiteres Buch, dessen Deckel ebenfalls von einer Spiral-Sonne geziert wurde.
    Zwei Monate später wurde William der Eroberer zum König von England g ekrönt. Seine Schreckensherrschaft kostete Tausende Menschenleben. Ein Jahr vor seinem Tod wurde das domesday book – das Buch des jüngsten Gerichts – fertiggestellt. Es war ein staatliches Grundbuch mit einer – im Gegensatz zu seinem Namen – äußerst weltlichen Wirkung: Es diente der besseren Berechnung und Erhebung von Steuern. Und Meldocs Prophezeiung erfüllte sich auch hier. Ein Jahr später starb William in Rouen. Seine Söhne mussten das Reich nach seiner Anweisung aufteilen, wodurch es schließlich ganz zerfiel. Weder Robert noch Rufus traute der große Eroberer die alleinige Souveränität zu. Zu sehr hatte er sich die Worte eines ermordeten Jünglings zu Herzen genommen. So sehr, dass ihn zeitlebens der quälende Gedanke verfolgte, er habe leichtfertig das Wissen um eine noch größere Macht vergeudet.
    William starb bei Dunkelheit und mit dem Blick nach Westen. Bis zuletzt hatte er gehofft, den Aufgang der Sechsten Sonne zu sehen.
     
    C.M., Januar '29
     
     
    ***

11  Die Magie der Wissenschaft
     
    bestand für Daria Delfonte nicht nur im Sammeln, Vergleichen und Auswerten von Daten. Sie wollte dem klassischen Dreischritt von These, Antithese und Synthese ein neues Paradigma zur Seite stellen. Die Exowissenschaften hatten im letzten Jahrzehnt enorm an Bedeutung gewonnen. In allen Bereichen des Lebens begehrten Menschen gegen die überkommenen Dogmen auf: Die Mythologien wurden durch die Religionen entzaubert und anschließend die Religionen durch die Wissenschaften. Jetzt waren es die Erklärungen der Wissenschaften, die den Menschen nicht mehr genügten. Daria Delfonte glaubte, dass eine zweite Aufklärung bereits im Gange war. Und dieses Mal sprengten die Kunst und die Kreativität die Rüstungen und die Borniertheit der wissenschaftlichen Inquisition. Die Herzen und die Gefühle würden die Herrschaft übernehmen, und Logik und Verstand würden nur noch ihren angemessenen Platz einnehmen: Mittel zum Zweck sein.
    Daria da chte an Barbarossas Grabmal, die Bibliothek von Alexandria und an Atlantis und Lemurien – Projekte, die dank der Zweiten Aufklärung schon bald keine Utopie mehr sein würden.
    A ls sie die jüngsten Aufnahmen des Wikingerschädels in 3D betrachtete, wusste sie, dass sie ihr Näschen für das Besondere wieder einmal nicht getrogen hatte. Daria rückte näher an den Bildschirm heran. Waren da nicht Schatten unter dem Haar? Sie nahm ihren Bildschirm mit zur Grube und verglich die reale mit der virtuellen 3D-Ansicht. Mit einer Pinzette und einer Gummi-Tülle legte sie behutsam reale Haare beiseite, die nach Jahrhunderten die Konsistenz und Brüchigkeit von getrocknetem Gras angenommen hatten. Ganz schwach aber unverkennbar konnte sie feine Linien auf dem Skalp ihres Schädelfundes ausmachen. Wieder nahm sie die Digitalkamera zur Hand und fotografierte. Nach erfolgter Datenübertragung setzte sie sich an den Rand der Grube und lud sich ein besonders gelungenes Bild auf den Schirm des Tablets. Hektisch gab sie Befehle zum Vergrößern und ließ den Rechner schließlich die Lücken und Unterbrechungen der Linien auf dem Bild des Skalps schließen.
    " Heureka und Halleluja!", murmelte Daria und speicherte die Daten.  Dann holte sie einen Kaltlichtscheinwerfer und leuchtete die Grube aus. Der Tote dürfte ein Wächter gewesen sein. Er stand vor einer Türe oder zumindest einem Eingang, der noch teilweise verschüttet war. Doch was ihre Aufmerksamkeit vielmehr erregte als der dunkel gähnende Hintergrund, war der steinerne und mit einer Reihe von Glyphen versehene Türsturz. Die äußere Form dieser Glyphen schien ihr besonders interessant.
    Daria wusste natürlich, dass es eine Tradition der Mayabaumeister war, die Türstürze mit einer Art steinernen Symbolsprache zu schm ücken. Dass aber die

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