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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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als Papierfabrikant berichtet hatte – die Bandwurm-, nicht die Glühwürmchenversion. "Papier besitzt die Poesie des Beständigen", pflegte Kautsky zu dozieren. "Es duftet nach Ewigkeit, selbst wenn es nur eine geringfügig längere Halbwertzeit als Elektronikdaten hat." Dann hatte er sehr ausführlich die Fabel von der Prinzessin und dem Blütenbaum rezitiert, mit der er die eiskalt kalkulierenden japanischen Geschäftsleute überzeugt hatte, sein Unternehmen zu erwerben. Danach hatte der junge Mann sich eiligst und ohne ein weiteres Wort der Selbstverliebtheit davongemacht. So konnte Kautsky in aller Ruhe den irischen Pater nach Spuren indianischen Lebens auf den Auroren ins Gebet nehmen und war wider Erwarten auf eine Spur gestoßen, mit der er Dr. Delfonte überraschen wollte.
    Kautsky holte das schwere Fernglas aus dem Fach unter der Instr umentenkonsole und seufzte. Irgendwie war er zu lange schon alleine mit seinen Gedanken und Gefühlen. Am Ende würde er noch dem bedauernswerten Schriftsteller nacheifern und sich selbst einziger Freund, Bewunderer und Zuhörer sein. Seine Hoffnung ruhte auf Dr. Delfonte. Auf Daria.
    Am Horizont kam der Leuchtturm von South Point in Sicht. Die Oistins Bay lag Steuerbord voraus, und ganz verschwommen kon nte man sogar Barbados' höchste Erhebung, den 340 Meter hohen Hügel, Mount Hillaby, erkennen. William Peter Kautsky beendete sein zielloses Philosophieren und peilte die Mündung des Constitution Rivers und den Yachthafen von Bridgetown an.
    " Das karibische Licht ist unübertroffen in seiner Weichheit und dem Wechselspiel von Stimmungen und Schattierungen", sagte Kautsky Stunden später und hoffte, dass es geheimnisvoll und nicht dozierend klang. Alleine mit Dr. Daria Delfonte an Bord der Cuttlefish . Er musterte die stattliche Frau, die ihn trotz ihrer schlichten Schuhe aus Segeltuch um mehrere Zentimeter überragte. Damals in Mexico City auf der Preisverleihung, bei der sie für einen Aufsatz über die Emanzipation mittelamerikanischer Indianerfrauen zur Zeit der frühen Konquistadoren ausgezeichnet worden war, hatte er sie kleiner kennen gelernt. Er musste tatsächlich geschrumpft sein.
    " Wie ist sie so?", fragte Daria Delfonte und ignorierte William Peter Kautskys schweigende Inspektion tapfer. Schließlich hatte sie ihren Finanzmagnaten schon auf dem Flughafen gründlich durchleuchtet.
    " Äh, 'sie'?"
    " Unsere Heilige, meine ich", schmunzelte Daria, "Santa Aurora."
    " Oh, natürlich. Ja, also, Aurora liegt so ziemlich genau dort, wo der achtundfünfzigste Längen- den dreizehnten Breitengrad schneidet", sagte Kautsky und war froh, sich fürs erste an harte Fakten halten zu können. "Der Laune eines äußerst gnädig gestimmten Wettergottes ist es zu verdanken, dass die Inseln kaum unter menschlichen Eroberungsgelüsten zu leiden hatten. Wahrscheinlich ist eine Felsformation und ein Riff vor der Küste von Malbay, der östlichsten Auroren-Insel, verantwortlich für die jähen, ablandigen Winde, die es jedem Seefahrer, der sich aus Nord, Süd oder Ost  nähert, beinahe unmöglich machen, vor Anker zu gehen oder gar anzulanden. Malbay ist das Fort, das die übrigen Auroren vor allen Invasoren geschützt hat. Andererseits ist den widrigen Winden der Beiname des Archipels zu verdanken: Die Auroren, die Inseln wider die Winde. Glauben Sie mir, Dr. Delfonte, äh Daria, Mark Twain kann das Eiland unmöglich gekannt haben, als er behauptete, das Hawaiiarchipel sei die schönste Flotte von Inseln, die je in einem Ozean vor Anker gegangen wäre. Aurora ist ein Juwel. Ein grüner Edelstein auf dem tiefblauen Samttuch des Ozeans. Und auch ihre Schwesterinseln sind lauter funkelnde Brillantsplitter. Siebzehn Flecken sonnenverwöhnter Erde in der endlosen See. Tropenwälder, Teiche, Savannen, Flüsse, Berge, Strände. Dies ist das wahre karibische Paradies, meine Teuerste. Auf Aurora gibt es keine Schlangen und nur sehr wenige Menschen. Keines der Inselchen ist größer als Manhattan, und dennoch hat jedes Eiland sein unverwechselbares Gesicht, seinen individuellen Charakter. Aurora ist von dichtem Wald bedeckt, die letzten unberührten Mahagoni- und Zedernwälder der gesamten karibischen Inselwelt. Auf Ornuga gibt es Orchideen, Schmetterlinge und Kakaobüsche; Farne aus der Urzeit und wilde Vanille auf Fanigua; Moosteppiche auf den Höhen von Malbay und schroffe Klippen wie an Irlands Westküste mit tosender Brandung und Vogelkolonien. Ein prächtiger Wasserfall schäumt auf

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