Die Maya Priesterin
. Todeskralle . Nach der Messe hatte e r de m Pate r versichert , da ß di e winzige n Schrumpfköpf e an seiner Kopfbedeckung allesamt »echt« seie n . Wirkliche Schädel , durc h Zauberkuns t au f Bommelgröß e reduziert . Aber vielleich t ha t te er sich da auch verhört. Oder Hernán hatte falsch übersetzt . Obwoh l de r Mestiz e nich t eine n Tropfe n vo n dem Kakaoschnap s angerühr t hatte .
Noch immer kauerte Herná n neben ihm auf dem Bode n . Er schie n z u erwarten , da ß sein e Dolmetscherdienst e heut e noch e inmal benötigt würde n . Wa s de r Pate r allerding s bezweifelte . Schon am Nachmittag, ehe er die Messe las, hatte er einen ersten Beche r vol l Göttertrun k hinuntergestürzt . Un d beinah e wieder ausgespie n . Da s Zeu g schmeckt e grauenvoll . Zugleich übersüß un d ranzi g scha l . Allerding s nu r i m erste n Momen t . Dann verlor sic h de r widrig e Geschmack , un d zurüc k blie b ei n wohliges Gefüh l i n Kop f un d Glieder n . Bereit s al s e r sic h z u de m kleinen Altar begab, sah er alles wie durch bräunlichen Nebe l .
Die Kapelle war im üblic h en primitiven Stil errichte t . Deutlic h größe r zwa r al s di e Rundhütten , i n dene n di e May a zu hause n pflegte n . Abe r genaus o düster , d a di e Rundhütte n stets fensterlo s ware n . Di e Wänd e au s knorrige n Äste n un d dünnen Baumstämmen , nebeneinande r i n de n Bode n ge r ammt . Darüber ei n kuppelförmige s Dac h au s Stro h . Nu r durc h di e Ritzen zwische n de n Äste n un d durc h da s Türloc h sickert e Lich t ein .
Sowei t de r Pate r die s erkenne n konnte , wa r di e Kapell e voll mi t Gläubige n . Sie hockten auf dem Boden, lehnten an den Wänden , knieten sogar auf Betschemeln. Fall s sein e Auge n ihn nich t troge n . Der Kakaoschnaps toste in seinem Kop f . E r hielt sic h a n de m Altartischche n fest , wi e ei n Steuerman n au f wilder See sein Ruder umklammer t . Ei n ganze s Net z voll Christenfische , dacht e er , ha t t e Pate r Ramó n d a au s dem Satansmee r gefisch t . Eh e e r selbs t sic h de m Teufe l i n di e Arme war f . Sonderbar.
Irgen d jeman d schüttelt e ei n Glöckchen , wa s ei n dünnes Bimmeln hervorrie f . Fray Diego räusperte sic h . E r wandt e sich um und sah auf das Altarbild. Bli nzelte . Rieb sich die Auge n . Sa h noc h einma l hi n . Genauer . U m Nüchternhei t bemüh t .
Da s Altarbil d selbs t wa r ei n großflächige s Gemäld e in primitivem Stil. Durchaus eindrucksvoll. Hoch oben im Himmel thront e Gottvater , mi t gütige m Lächel n un d dem unvermeidli che n weiße n Bar t . Unten auf Erden ergingen sich di e Mensche n un d sprange n di e sonstige n unschuldigen Kreature n umher . Schafe, Lämmer et cetera. Wede r Schlange noc h Jaguar . So weit war also alles in Ordnun g . Vo r diesem Altarbil d abe r stande n zwe i hölzern e F igure n . Di e Mate r Maria . Un d de r Heilan d a m Kreu z . Auc h da s wa r insowei t i n Ordnun g . Wen n ma n davo n absah , da ß di e heilig e Mari a vo n de n Füßen bi s zu m Hal s i n ei n Dachsfel l eingenäh t war . Nur ihr Kopf mit de m lieblic h lächelnde n Gesich t sa h au s de m graue n Pelz hervo r . Noch weitaus gotteslästerlicher war die Figur des Heilands verunstaltet worde n . Di e Lende n de s Gekreuzigte n mit Maisblätter n geschmückt . Anstelle der Dornenkrone trug er einen Kranz, gleichfalls aus Maisblätter n . Obe n au s seinem Kop f wuch s ans cheinen d ei n Maiskolbe n hervor . Und ein weitere r Kolbe n hin g zwische n seine n Schenkeln , übergro ß und pral l wi e ei n Satansglied .
Behutsa m setzt e de r Pate r seine n Beche r ab . Er verspürte das Bedürfnis, sich zu erleichter n . Abe r e r bezweifelte , da ß e s ihm ge l ingen würde, sich auch nur aufzurichte n . Geschweig e denn, durc h de n düstere n Rau m in s Frei e z u taumeln , ohn e übe r das erstbeste Hindernis zu stürze n . Macht nichts, dachte er wieder. Schließlic h hatt e e r sic h l ebenslänglich in der Unterdrückung seine r körpe rliche n Bedürfniss e geübt . Ode r zumindes t i n deren Verschiebun g .
Wahrscheinlich verdankte er es einzig dem Kakaoschnaps, da ß e r noc h a m Lebe n war . Normalerweise hätte er vor Empörung über die teuflischen Blasphemien getob t . Der heiligen Mutter das Dachswa m s vom Leib gerisse n . Ihrem Sohn de n Maisschur z vo n de n Lende n gefetzt . Spätesten s d a hätte Todeskrall e seine n Krieger n ei n Zeiche n gegebe n . Un d sie hätte n de n rasende n
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