Die Mayfair-Hexen
könnte man sagen. Hoppla, da hatte sie noch was vergessen: dünne Scheiben von gelbem Schmelzkäse, zum Würgen, voll von Chemie und Farbstoffen. Pfui bah. Sie zerkaute das Zeug. Runter damit. Weg, vielen Dank.
»Weißt du, Darling, wenn aus dir eine Idiotin geworden wäre…«, sagte sie.
Die Möglichkeit hat nie bestanden, Mutter, Ich bin du und ich bin Michael. Und auf eine sehr reale Art bin ich jeder, der von Anfang an mit dir gesprochen hat, und ich bin auch Mary Jane.
Sie brach in lautes Lachen aus, ganz allein in der dunklen Küche an den Kühlschrank gelehnt. Was war mit Eiscreme! Scheiße, fast vergessen!
»Tja, Honey, du hast gute Karten gezogen. Hätte gar nicht besser sein können. Und darf ich vermuten, daß dir keine einzige Silbe entgangen…«
Häagen Dazs, Vanille! Ein ganzer Liter!
»Mona Mayfair!«
Wer rief da? Eugenia? Will nicht mit ihr sprechen. Will nicht, daß sie mich oder Mary Jane stört.
Mary Jane saß noch in der Bibliothek mit den Papieren, die sie aus Michaels Schreibtisch geklaut hatte – oder war es Rowans, nachdem Rowan nun wieder mit von der Partie war? Egal, es war jedenfalls eine Menge medizinisches Zeug und Anwaltskram und Unterlagen, die mit Sachen zu tun hatten, die erst vor drei Wochen passiert waren. Als Mary Jane all die Akten und Geschichten gesehen hatte, war sie nicht mehr zu halten gewesen. Die Familiengeschichte war für sie sozusagen wie Eiscreme.
»Die Frage ist nun, teilen wir dieses Eis hier mit Mary Jane, wie es sich für brave Cousinen gehört, oder fressen wir alles alleine?«
Alleine fressen.
Es wurde Zeit, Mary Jane alles zu erzählen! Es war soweit. Als sie vor ein paar Minuten an der Tür vorbeigekommen war, vor der endgültigen Plünderung der Küche, hatte Mary Jane etwas von diesen toten Ärzten vor sich hin gemurmelt, Gott helfe ihnen, von Dr. Larkin und dem da draußen in Kalifornien, und von den Autopsien an den toten Frauen. Entscheidend war, daß sie daran dachte, das ganze Zeug so zurückzulegen, daß Rowan und Michael nicht unnötig aufmerksam wurden. So was machte man schließlich nicht so nebenher, sondern es war mit Sinn und Zweck verbunden, und Mary Jane war diejenige, auf die sie sich voll und ganz verlassen mußte.
»Mona Mayfair!«
Es war Eugenia. Wie lästig! »Mona Mayfair, Rowan Mayfair ist am Telefon, aus England, und sie will dich sprechen!«
Mecker, mecker. Was sie jetzt brauchte, war ein Eßlöffel für dieses Eis, auch wenn sie die Hälfte der Packung schon fast aufgegessen hatte. Die andere war noch da. Na, wem gehörten denn die kleinen Füßchen, die da tripptrapp im Dunkeln herankamen? Jemand lief durch das Eßzimmer. Morrigan schnalzte mit ihrer kleinen Zunge im Takt mit dem Getrippel.
»Ja, das ist ja meine geliebte Cousine Mary Jane Mayfair!«
»Psst.« Mary Jane legte einen Finger an die Lippen. »Sie sucht dich. Sie hat Rowan am Telefon. Rowan will mit dir sprechen; sie hat ihr gesagt, sie soll uns wecken.«
»Nimm du das Gespräch an, in der Bibliothek. Ich kann jetzt nicht riskieren, mit ihr zu reden. Du mußt ihr was vormachen. Sag ihr, uns geht’s prima, ich bin in der Badewanne oder so was, und dann erkundigst du dich nach allen. Wie es Yuri geht und wie es Michael geht, und ob mit ihr alles in Ordnung ist.«
»Alles klar.« Und die kleinen Füßchen trippelten davon, tripptrapp über den Fußboden.
Mona kratzte den letzten Rest Eiscreme aus dem Karton und warf ihn dann in die Spüle. Was für eine versaute Küche! Mein Leben lang war ich so ordentlich, und jetzt guck, das Geld hat mich verdorben. Sie riß die zweite Packung auf.
Und wieder kamen die Zauberfüßchen heran. Mary Jane stürmte in die Geschirrkammer und kam um die Ecke geflogen mit ihrem weizenblonden Haar und den langen, dünnen, braunen Beinen und der Wespentaille. Der weiße Spitzenrock umschwang sie wie eine Glocke.
»Mona!« wisperte sie.
»Yeah!« wisperte Mona zurück. Was denn? Sie nahm einen großen Löffel Eis.
»Rowan sagt, sie hat wichtige Neuigkeiten für uns.« Mary Jane war sich offensichtlich über die Bedeutung dieser Nachricht im klaren. »Sie will uns alles erzählen, wenn wir uns sehen, aber vorläufig hat sie noch etwas zu erledigen. Das gilt auch für Michael. Und Yuri geht es gut.«
»Das hast du ausgezeichnet gemacht. Was ist mit den Wachleuten draußen?«
»Sie sagt, wir sollen sie behalten und nichts an den Sicherheitsmaßnahmen ändern. Sie hätte schon Ryan angerufen und es ihm gesagt. Du sollst im
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