Die Mayfair-Hexen
Steine mit den wunderlichen Inschriften und den seltsamen Schlangenfiguren? Was wurde aus den Piktischen Herrschern jener Zeit, die so stattlich auf ihren Pferden saßen und die Römer mit ihrem sanftmütigen Benehmen so sehr beeindruckten?
Was von Donnelaith noch geblieben ist, wissen Sie: ein altmodisches Gasthaus, eine Burgruine, eine ungeheure Ausgrabungsstätte, an der nach und nach eine große Kathedrale zutage gefördert wird, Geschichten von Hexerei und Herzeleid, von Earls, die eines frühen Todes starben, und von einer seltsamen Familie, die durch Europa nach Amerika zog und eine böse Ader in sich trug, das Potential, Kinder wie Ungeheuer zu gebären, eine böse Ader, die durch den Glanz der Hexentalente offensichtlich wurde. Um dieser Gaben, dieses Blutes willen umwarb sie Lasher, der verschlagene, rachsüchtige Geist eines Wesens aus unserem Volk.
Wie wurden die Pikten von Donnelaith vernichtet? Warum sind sie untergegangen, so gewiß wie das Volk des verlorenen Landes und das Volk der Ebene? Was ist passiert?
Es waren nicht die Bretonen, die Angeln oder die Schotten, die uns besiegten. Es waren nicht die Sachsen, nicht die Iren und auch nicht die germanischen Stämme, die über die Insel kamen. Denn sie alle waren zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu vernichten.
Im Gegenteil, uns besiegten Leute, die so sanftmütig waren wie wir selbst, deren Regeln so streng waren wie unsere eigenen und die genauso wunderbare Träume hatten wie wir. Der Führer, dem sie folgten, der Gott, den sie anbeteten, der Erlöser, an den sie glaubten, war der Herr Jesus Christus. Er war unser Untergang.
Es war Christus selbst, der fünfhundert Jahre Wohlstand zu Ende gehen ließ. Es waren seine sanften irischen Mönche, die unseren Sturz bewirkten.
Können Sie ahnen, wie es geschehen konnte?
Können Sie sich vorstellen, wie verwundbar wir waren, die wir in der Einsamkeit unserer Steintürme spielten, webten, schrieben, wie kleine Kinder, die den ganzen Tag singen, weil es ihnen Freude macht? Wir, die wir an die Liebe und den guten Gott glaubten und uns weigerten, den Tod für sakrosankt zu erachten?
Was war die reine Botschaft der frühen Christen? Der römischen wie auch der keltischen Mönche, die an unsere Gestade kamen, um den neuen Glauben zu predigen? Was ist noch heute die reine Botschaft dieser Kulte, die sich Christus und seinen Lehren stets von neuem weihen?
Die Liebe. Der Gegenstand auch unseres Glaubens!
Die Vergebung, die auch wir für unentbehrlich hielten. Die Demut, die auch wir in unserem Stolz für weit edler hielten als die tobende Hybris derer, die endlos Kriege gegeneinander führten. Güte, Barmherzigkeit, Freude an der Gerechtigkeit – alle unsere alten Werte. Und was verdammten die Christen? Das Fleisch, das auch für uns stets den Untergang bedeutet hatte! Die Sünden des Fleisches, die uns in den Augen der Menschen zu Ungeheuern gemacht hatten, wenn wir in den großen Kreisen kopulierten und unsere ausgewachsene Nachkommenschaft zur Welt brachten.
Oh, wir waren reif dafür. Oh, das alles war wie geschaffen für uns.
Und der Trick, der raffinierte Trick, bestand darin, daß das Christentum in seinem Kern nicht nur dies alles enthielt, sondern daß es ihm irgendwie auch gelang, den Tod mit der Weihe des Sakralen zu versehen und dafür sofort einen Ausgleich zu liefern.
Folgen Sie meiner Logik. Christus war nicht in der Schlacht gestorben; sein Tod war nicht der Tod des Kriegers mit dem Schwert in der Hand, sondern ein demütiges Opfer, eine Hinrichtung, für die es keine Rache gab, die totale Unterwerfung des Gottmenschen zur Erlösung seiner menschlichen Kinder. Aber es war ein Tod, und es bedeutete alles!
Oh, es war herrlich! Keine andere Religion hätte eine Chance bei uns gehabt. Wir verabscheuten die Pantheone der Barbarengötter. Wir lachten über die Götter der Griechen und Römer, und die Götter Sumers und Indiens hätten wir wohl ebenso fremdartig und abscheulich gefunden. Aber dieser Christus – ja, mein Gott, er war das Ideal eines jeden Taltos.
Und obschon er nicht ausgewachsen aus dem Schoß seiner Mutter entsprungen war, so war er doch gleichwohl aus einer Jungfrau geboren, und das war ja ebenso wunderbar! Ja, die Geburt Christi war genauso wichtig wie sein demütiger Tod am Kreuz. Das war unser Wesen, der Triumph unseres Wesens! Es war der Gott, dem wir uns ohne Vorbehalte anheim geben konnten!
Und was es vollends unwiderstehlich machte, will ich auch noch
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