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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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auf Iona blieb, bis alle die, die wußten, was es war oder wer es geschrieben hatte oder warum es dort war, längst dahingegangen waren.
    Ich sollte überdies nie erfahren, ob Vater Columba es gelesen hat oder nicht. Noch am Abend von Ninians Abreise beschloß ich, Donnelaith für immer zu verlassen.
    Ich rief die Taltos-Priester in der Kirche zusammen und gebot ihnen, die Türen zu verriegeln. Die Menschen mochten denken, was sie wollten – und in der Tat, es machte sie natürlich unruhig und mißtrauisch.
    Ich teilte meinen Priestern mit, daß ich fortgehen wollte.
    Ich sagte ihnen, daß ich Angst hätte.
    »Ich weiß nicht, ob ich das Richtige getan habe. Ich glaube es, aber ich weiß es nicht. Und ich fürchte die Menschen um uns herum. Ich fürchte, daß sie sich jeden Augenblick gegen uns wenden können. Wenn ein Unwetter kommt, wenn eine Seuche das Land heimsucht, wenn eine schlimme Krankheit die Kinder der mächtigen Familien befällt – jede Katastrophe könnte einen Aufstand gegen uns auslösen.
    Sie sind nicht unser Volk! Und ich war ein Narr, daß ich geglaubt habe, wir könnten je mit ihnen in Frieden leben.
    Jeder von euch mag tun, was er will, aber ich rate euch als Ashlar, der euch geführt hat, seit wir das verlorene Land verließen: Geht fort von hier. Sucht die Absolution in irgendeinem fernen Kloster, wo man von eurer Natur nichts weiß, und erbittet die Erlaubnis, dort in Frieden euren Gelübden entsprechend zu leben. Aber verlaßt dieses Tal.
    Ich selbst will auf eine Wallfahrt gehen. Erst nach Glastonbury, wo Joseph von Aritmathaia das Blut Christi ins Wasser goß. Dort will ich um Anleitung beten. Dann reise ich nach Rom, und dann vielleicht nach Konstantinopel, um die heiligen Ikonen zu sehen, denen man nachsagt, sie bergen wie durch magische Kraft das Antlitz Christi. Dann nach Jerusalem, um den Berg zu sehen, auf dem Christus für uns gestorben ist. Und hiermit widerrufe ich mein Gehorsamsgelübde gegen Vater Columba.«
    Ein Aufschrei erhob sich, und alle weinten, aber ich blieb fest. Es war eine sehr taltostypische Art, eine Sache zu beenden.
    »Wenn ich mich irre, möge Christus mich in Seine Herde zurückführen. Möge er mir vergeben. Oder… ich möge zur Hölle fahren.« Ich zuckte die Achseln. »Doch ich gehe.«
    Und so traf ich meine Reisevorbereitungen…
     
    Bevor ich diese Abschiedsworte zu meiner kleinen Herde sprach, hatte ich meine ganze persönliche Habe aus meinem Turm geholt, darunter alle meine Bücher, meine eigenen Schriften, meine Briefe von Vater Columba und alles, was mir sonst noch wichtig war, und es in zwei Erdkellern verborgen, die ich vor Jahrhunderten angelegt hatte. Dann holte ich die letzten meiner schönen Kleider hervor, die ich noch besaß aus der Zeit bevor ich alles für das Priestergewand und die Kirche aufgegeben hatte, und kleidete mich in einen grünen Wollmantel, lang und dick und mit schwarzem Pelz besetzt, und ich schlang mir meinen letzten Gürtel aus feinem Leder und Goldbesatz um den Leib, schnallte mein Breitschwert mit der juwelenbesetzten Scheide an, setzte mir eine alte Pelzmütze auf den Kopf und darauf einen Bronzehelm von ehrwürdigem Alter. Wie ein Edelmann gekleidet, machte ich mich auf den Weg. Ein kleiner Sack enthielt meine Habe, als ich das Glen verließ.
    Dies alles war bei weitem nicht so prunkvoll und schwer, wie meine königliche Staffage es gewesen war, aber auch keineswegs so bescheiden wie die Kutte eines Priesters. Es war einfach gute Reisekleidung.
    Ich ritt vielleicht eine Stunde lang durch den Wald und folgte alten Pfaden, die nur diejenigen kannten, die einmal hier gejagt hatten.
    Immer höher ging es, über dicht bewaldete Hänge zu einem geheimen Paß, der zur Landstraße führte.
    Es war schon spät am Nachmittag, aber ich wußte, daß ich die Straße erreichen würde, bevor es dunkel wäre. Der Vollmond würde scheinen, und ich gedachte zu reiten, bis ich zu müde wäre, um weiter voranzukommen.
    Es war dunkel in diesen dichten Wäldern, so dunkel, glaube ich, daß Leute von heute es sich gar nicht so recht vorstellen können. Es war die Zeit, bevor die großen Wälder Britanniens vernichtet wurden, und die Bäume waren dick und alt.
    Wir glaubten, daß diese Bäume die einzigen Lebewesen auf der Welt seien, die älter seien als wir. Wir liebten den Wald und hatten ihn niemals gefürchtet.
    Aber ich war noch nicht sehr lange im finstersten Wald gewesen, als ich die Stimmen des Kleinen Volkes hörte.
    Ich hörte

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