Die Mayfair-Hexen
heftiger Erregung und huschten von einem Gegenstand zum anderen. Er wollte sie nicht ansehen. »Beruhigen Sie sich«, sagte sie und umfaßte seine Hände fester. Ruhig, dachte sie und zog ihn näher zu sich, bis er ihr in die Augen schauen mußte.
»Ich bin völlig bei Verstand, Rowan«, sagte er. »Glauben Sie mir. Ich bin nur… ich habe Angst um Mona. Ich habe einen entsetzlichen Patzer begangen. Aber wie oft begegnet man solchen Wesen? Lasher habe ich nie zu Gesicht bekommen; ich war nicht dabei, als er Michael und Aaron seine Geschichte erzählt hat. Ich habe ihn nie gesehen. Aber die beiden habe ich gesehen, und zwar nicht in einer Dunstwolke. Sie waren bei mir, wie Sie es jetzt sind, wir waren in einem Zimmer!«
»Ich weiß«, sagte Rowan. »Aber es ist nicht Ihre Schuld, daß Sie ihnen von der Familie erzählt haben. Sie müssen es jetzt gut sein lassen. Denken Sie lieber an den Orden. Was können Sie uns da noch erzählen? Was ist mit dem Generaloberen?«
»Mit dem stimmt etwas nicht. Ich traue ihm nicht.«
Es klopfte. Michael durchsuchte seine Taschen und zog ein paar Pfundnoten heraus, während er die Tür öffnete.
Wie außerordentlich, dachte sie, daß er sich an solche Dinge erinnert, daß er immer alles in Gang hält.
»Yuri, Sie müssen sich jetzt hinsetzen und Zeichnungen machen«, sagte Michael. Er hatte Papier und Bleistift.
»Und wenn Stuart nicht weiß, daß Aaron tot ist?« fragte Yuri. »Ich will nicht derjenige sein, der es ihm sagt. Gott, sie müssen es doch wissen. Sie wissen es, nicht wahr, Rowan?«
»Hören Sie doch zu«, sagte Rowan sanft, »ich habe Ihnen das alles schon erklärt. Ryans Büro hat die Talamasca nicht angerufen. Ich habe darauf bestanden, daß sie noch warten. Die Exkommunikation war ein guter Vorwand. Ich brauchte Zeit. Jetzt können wir ihre Unwissenheit zu unserem Vorteil nutzen. Wir müssen dieses Telefongespräch bis ins Detail planen.«
»Sie wissen es«, sagte Yuri. »Ihre Ausschnittdienste werden die Zeitungen von New Orleans gesehen haben. Mayfair. Sie haben es gesehen und die Ausschnitte nach Hause gefaxt. Sie wissen alles. Absolut alles. Mein ganzes Leben steht in ihren Akten.«
»Um so mehr Grund, sich jetzt an die Arbeit zu machen«, sagte Michael.
Rowan stand still da.
Sie sah ihn an.
»Ich muß diesen Taltos sehen«, erklärte sie. »Wenn er existiert, muß ich ihn sehen.«
»Das ist zu gefährlich«, wandte Yuri ein.
»Nein, ist es nicht. Ich habe einen kleinen Plan. Weit wird er uns nicht bringen, aber es ist ein Plan. Sie haben gesagt, Stuart Gordon war Aarons Freund?«
»Ja, sie haben jahrelang zusammengearbeitet. Sie wollen, daß wir Stuart ins Vertrauen ziehen? Sie wollen darauf vertrauen, daß Ash uns die Wahrheit gesagt hat?«
»Michael, du hast gesagt, Aaron habe das Wort ›Taltos‹ nie gehört, bevor es über Lashers Lippen kam?«
»Ja, das stimmt«, sagte Michael.
»Sie können mit diesen beiden nicht Kontakt aufnehmen, das können Sie nicht machen!« rief Yuri panisch.
»Michael, die Zeichnung kann warten. Ich muß im Claridge’s anrufen.«
»Nein!« rief Yuri.
»Ich bin nicht dumm«, sagte sie mit schmalem Lächeln. »Unter welchem Namen sind diese Personen von merkwürdiger Körpergröße eingetragen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Beschreibe sie«, sagte Michael. »Und sag ihnen den Namen Samuel. Yuri sagt, sie kannten ihn alle, und sie haben ihn behandelt wie einen drolligen kleinen Weihnachtsmann. Je schneller wir dort anrufen, desto besser. Sie könnten schon weg sein.«
»Aaron hat nicht gewußt, was ein Taltos war. Er hatte nie etwas darüber gelesen, nie etwas gehört…«
»Das stimmt«, sagte Yuri. »Rowan, woran denken Sie?«
»Also gut. Ich erledige meinen Anruf zuerst«, sagte Rowan. »Und dann sind Sie an der Reihe. Wir sollten uns gleich an die Arbeit machen.«
»Willst du mir nicht sagen, was du vorhast?« fragte Michael.
»Mal sehen, ob wir diese beiden erreichen können. Der ganze Plan wird hinfällig, wenn wir sie nicht erreichen können. Dann sind wir wieder da, wo wir angefangen haben. Also los.«
»Ich brauche keine Zeichnungen zu machen?« fragte Yuri. »Sie haben doch vorhin etwas von Zeichnungen gesagt…«
»Nicht jetzt. Holen Sie Ihr Jackett. Kommen Sie«, sagte Michael. Aber Yuri sah so hilflos und verwirrt aus wie schon den ganzen Morgen. Michael nahm das Jackett vom Stuhl und legte es ihm über die Schultern. Er sah Rowan an.
Sie hatte Herzklopfen. Taltos. Muß jetzt
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