Die Medizinfrau
Erst nachdem Danaher in Sicherheit war, krallte sich die Angst wieder an ihr fest. Und wie wenig Überredung hatte es bedurft, bis sie bereitwillig in sein Bett sank. Sie hatte sich auf die schamloseste Weise gehen lassen, hatte ihm die sittenlosesten Ausschweifungen gestattet und hatte jede Sekunde genossen. Schlimmer noch, sie hatte ihn auf die schamloseste Weise berührt und gestreichelt.
Olivia bettete seufzend den Kopf in die Hände. Wie konnte sie sich in diesen Mann verlieben? Den sie im Grunde überhaupt nicht kannte. Ein Mann, der nicht in ihr Leben paßte, dessen Existenz so weit von ihren Ambitionen entfernt war, als sei er von einem anderen Stern. Vielleicht war es eine vorübergehende Verrücktheit, und dennoch schien diese Leidenschaft bereits fest verwurzelt. Sie war aufgekeimt und gewachsen, ohne daß sie es bemerkt hatte, und nun schien sie ihr törichtes Herz zu beherrschen.
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, sie schrak mit einem kleinen Laut hoch.
»Ich bin es nur«, sagte Danaher leise hinter ihr. »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Er massierte ihre Schultern, seine Finger strichen durch ihr Haar, das ihr in Lockenkaskaden über den Rücken fiel. »Sitzt du hier und brütest an einem Racheplan gegen den Mistkerl, der dich verführt hat?«
Lächelnd lehnte sie den Kopf an ihn. »Na ja, an dem Mistkerl denke ich schon. Aber mit Sicherheit sind es keine Rachegedanken.«
»Ich sage nicht, daß es mir leid tut, Liebes. Ich bin ein solcher Mistkerl, daß ich gestehe, ich will dich sofort wieder.«
»Hast du je geliebt, Gabriel?«
»Ja.«
»Deine Frau?«
»Ja. Nach Minnies Tod glaubte ich, mein Leben sei zu Ende. Ohne die Kinder wäre ich froh gewesen zu sterben.«
»Liebst du mich?« Die Frage war unverfroren, doch Olivia hielt nichts von Ratespielen. Sie wußte nichts über die Liebe, sie hatte das Gefühl, überhaupt nicht viel vom Leben zu wissen. Aber sie wußte, daß Männer und Frauen sich öfter von ihrer Wollust treiben ließen als von der Liebe. Für sie war es wichtig zu wissen, ob die leidenschaftlichen Umarmungen dieser Nacht nur animalische Begierde waren.
Er zögerte einen endlos langen Augenblick, dann antwortete er mit ruhiger, fester Stimme. »Ja, Olivia. Ich liebe dich. Was immer es für dich bedeuten mag, ich liebe dich.«
Sie seufzte, als seine Finger ihre Schläfen umkreisten. »Ich weiß nicht, was es bedeutet. Weißt du es?«
»Nein«, antwortete er mit einem leisen Lachen. »Aber du wirst es herausfinden, stimmt’s? Wie ich dich kenne, gibst du dich erst zufrieden, wenn du die Frage genauestens untersucht und analysiert hast.« Seine Hände legten sich um ihre Schultern, kneteten sanft ihre Muskeln, glitten sanft über ihre Brüste. Ein Wonneschauer durchbebte ihren Körper und ließ sie vor Erregung aufstöhnen. »Warum vergessen wir nicht, was es bedeutet und genießen einfach das, was uns gegeben ist?«
»Das klingt ziemlich genußsüchtig.«
»Aber es ist praktisch.«
Olivia war nicht sicher, ob sie mit dieser Anschauung einverstanden war, doch seine Zauberhände vertrieben jegliche Vernunft, und die Lust gewann die Oberhand.
»Komm ins Bett, Doc. Du erfrierst hier draußen, und ich verbrenne an meiner Lust.«
Sie wehrte sich nicht, als er sie hochhob und zum Bett trug. Ihre kalte Haut erwärmte sich rasch unter seiner Wärme. Sie spreizte die Beine, um ihn zu empfangen. Sie spürte sein Lächeln, als er sie küßte.
»Ich liebe dich, Doc. Ich liebe dich so sehr, daß es weh tut.«
Dann genoß sie nur noch seine Leidenschaft.
Kapitel 14
Die Morgensonne drang in schmalen, grellen Lichtstreifen durch die Vorhangritze, der Duft von brutzelndem Speck stieg ihr in die Nase. Olivia löste sich träge aus der süßen Schwere des Schlafes und blickte in große, grüne Augen, die sie durch den leicht geöffneten Vorhang betrachteten.
»Guten Morgen«, begrüßte Ellen sie mit feierlichem Ernst. »Ich backe Pfannkuchen.«
Olivia öffnete den Mund, ohne die passenden Worte zu finden. Was sagte man, wenn man auf frischer Tat ertappt wurde – noch dazu einem Kind? Dem Kind des Geliebten.
Geliebter! Gütiger Gott! Was hatte sie nur getan? Sie schaute zu Danaher hinüber und stellte fest, daß sie alleine war.
»Pa ist schon vor Sonnenaufgang in den Schacht gegangen. Wir sollten Sie schlafen lassen und ihn zum Frühstück holen. Wollen Sie aufstehen? Ich habe Wasser heiß gemacht.«
»O Gott! Es ist spät. Warum hast du mich nicht geweckt?«
»Pa sagt,
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