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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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zeigte ihr wahres Selbst nicht jedem – verbarg ihr weiches Herz unter einem hochgeschlossenen Kragen, ihr Mitgefühl und ihr Lachen hinter einer strengen Miene. Ihre sittsame Zurückhaltung und steife Züchtigkeit schmolzen zu warmem Honig, wenn der richtige Mann sie berührte. Aber sie hielt ihn nicht für den richtigen Mann, das verfluchte Weib.
    Sollte sie sich doch von ihren Universitätsdiplomen in New York City wärmen lassen. Was sollte er mit einer Frau mit hochgestochenen, ehrgeizigen Ambitionen anfangen? Warum wollte er überhaupt eine Frau? Er mußte über andere Dinge nachdenken – Dinge, die ihm in Olivias Gegenwart unbedeutend erschienen waren.
    »He! Bist du das, Danaher? Du dreckiges Stinktier von einem Weiberheld?«
    Die Beleidigungen wurden mit gutmütigem Lachen herübergegröhlt. Gabe hob den Kopf und sah niemand anderen als Jebediah Crowe, der von einem der Pokertische zu ihm herüber feixte. Gabe fluchte laut in sich hinein.
    »Hast du dich von ihrem Schurzzipfel losreißen können?« Jeb lallte bereits. »Komm rüber, Mann! Wir nehmen dir gern dein Geld ab, was Leute?«
    Die beiden anderen Männer am Tisch beäugten Gabe gleichgültig und nickten.
    »Ich trinke, Jeb. Keine Lust zu spielen.«
    »Ein Mann kann trinken und spielen zugleich. Komm, du Stinktier. Ich finde, du schuldest mir eine Revanche.«
    Gabe trug seinen Stuhl zum Tisch und gesellte sich zur Kartenrunde; teils, um eine Auseinandersetzung mit Jeb zu vermeiden, teils, um seine Gedanken beim Pokern von Olivia abzulenken. Der reichlich angetrunkene Jeb prostete ihm mit einem Krug Tanglefoot zu: Ein Sud aus wildem Salbei, Cayennepfeffer und Kautabak mit einer gehörigen Menge Alkohol versetzt. »Trink mit mir, du nichtsnutziger Tagedieb.«
    Gabe hielt seine Whiskeyflasche hoch. »Ich bleib bei dem, danke.«
    »Dieser gottverdammte Ire hier kämpft verbissener als ein in die Ecke getriebener Marder«, klärte er die Mitspieler grunzend auf. »Ich rate euch, tretet dem Kerl nicht auf die Füße, meine Herren.«
    Die ›Herren‹ blieben nicht lange genug am Tisch sitzen, um Jebs Warnung zu beherzigen. Nach zwei Spielen standen sie auf und gingen – entweder, weil Gabe den Pot gewann, oder weil Jeb von dem Zeug, das er in sich hineinschüttete, erbärmlich aus dem Mund stank.
    »Wo ist denn dein kleines Frauchen?« fragte Jeb, als Gabe die Karten verteilte. »Hast du sie ganz allein mit den beiden Satansbraten in den Bergen gelassen?«
    »Nein.«
    »Hast du sie in die Stadt gebracht?«
    »Ja.«
    »Aber zum Teufel, warum trinkt sie nicht mit uns?«
    »Ich glaube nicht, daß sie Lust dazu hat. Kaufst du?«
    Jeb legte ab. »Ich nehme drei. Da hast du dir aber was Vornehmes geangelt, Ire.«
    »Sie ist nicht meine Frau.« Wenn der Mann länger in der Stadt blieb, würde er Olivia irgendwann über den Weg laufen, überlegte Gabe. Deshalb war es besser, Jeb jetzt aufzuklären, um Olivia eine peinliche Begegnung zu ersparen. »Die Frau ist zu vornehm für uns beide, mein Freund. Ich eröffne mit zwanzig.«
    »Was heißt das, sie ist nicht deine Frau?«
    »Das haben meine Kinder nur erfunden, damit du dich anständig benimmst. Sie ist eine Ärztin, die wegen der Lawine in den Bergen festsaß. Dein Einsatz!«
    Jeb blickte düster in seine Karten. »Ich geh mit und will sehen. Die Kleine braucht einen Denkzettel. Eine Frau, die lügt, kann Schwierigkeiten kriegen.«
    »Sie braucht keinen Denkzettel von Typen wie dir, Kumpel. Was hast du?«
    »Zwei Paare. Ich hab’s aber nicht gern, wenn man mich anlügt, Danaher.«
    »Full House.« Gabe strich den Pot ein.
    »Wenn ich gewußt hätte, daß du der Färse nicht einen Stempel eingebrannt hast, hätte ich sie mir genommen, ohne Ringkampf.«
    »Ich geb dir einen guten Rat, Crowe. Laß die Finger von Frauen wie ihr. Sie sind komplizierter als ein Mann durchschauen kann, selbst wenn er nüchtern ist.«
    Jebs vierschrötiges Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Eine Ärztin, was? Sieht aber nicht halb so gut aus wie die Weiber hier drin.« Sein Blick wanderte anerkennend zu den Barmädchen und Tänzerinnen. »Aber ich hab’s nicht gern, wenn man mich anlügt.«
    Gabe gab jedem eine verdeckte und eine offene Karte. »Eine Runde Stud Poker. Einsatz.«
    Finster glotzte Jeb in seine Karte. »Ich eröffne mit zehn.«
    »Ich geh mit.« Gabe gab die nächste verdeckte Karte.
    »Wenn sie mir in der Stadt über den Weg läuft, werde ich der kleinen Quacksalberin zeigen, was sie sich entgehen ließ. Es

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