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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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ehrlich war, freute er sich nicht nur wegen der Wärme. Es machte ihm Spaß, Olivia zu necken, weil sie so leicht aus der Fassung zu bringen war. Doch seine Schmeicheleien enthielten ein Körnchen Wahrheit. Vielleicht reagierte sie deshalb so gereizt. Mittlerweile sah er Olivia nicht mehr als graue, unscheinbare Maus. Er mußte blind gewesen sein. Ihr Lächeln war zwar keine süße Verheißung, strahlte aber eine Wärme aus, die ihm das Herz öffnete. Ihre Augen waren lebhaft und voller Tatendrang, ihr Haar hatte rote und goldene Glanzlichter wie seine kastanienbraune Stute. Auch sie war einmal ein störrisches Weibsstück. Dreimal hatte sie ihn abgeworfen, bevor er gelernt hatte, mit ihr umzugehen. Ob er dieses Weibsbild auch zähmen könnte, wenn er sich bemühen würde?
    Nicht, daß er den Wunsch danach verspürte. Der Heilige Patrick und seine selige Mutter wußten, daß er im Augenblick keine Frau gebrauchen konnte. Er mußte eine Aufgabe erfüllen. Es gab genügend Kopfgeldjäger und Sheriffs, die es auf ihn abgesehen hatten – falls sie das Glück hätten, ihn an diesem abgelegenen Ort aufzuspüren, oder er dumm genug wäre, ihren Weg zu kreuzen. Er hatte sich geschworen, Rache für Minnie zu nehmen, und die Mordanklage gegen ihn zu widerlegen. Bald hatte er genügend Geld beisammen, um den Mädchen eine gesicherte Zukunft zu gewährleisten, gleichgültig, was mit ihm geschah. Dann konnte er von hier fortgehen und Ace Candliss zur Rede stellen. Wenn er ihm die Pistole unter die Nase hielt,’ würde Ace es vermutlich vorziehen, die Wahrheit zu sagen, was er und sein Bruder an jenem verfluchten Tag vor zwei Jahren verbrochen hatten. Wenn das Gesetz sich dann immer noch weigerte, den Mann hinter Schloß und Riegel zu bringen, würde Gabe tun, was er tun mußte.
    Doch zunächst mußte er soviel Silber aus dieser Mine kratzen, um den Mädchen ein angenehmes Leben zu ermöglichen – und sicherstellen, daß sie nie im Leben zu Opfern von Schuften wurden, wie die Candliss Brüder es waren. Mit Geld konnte er das erreichen. Daß er auf dieses reiche Silbervorkommen gestoßen war, war wirklich das sprichwörtliche irische Glück.
    Irisches Glück – davon brauchte er noch eine ganze Menge, um die Konfrontation mit Candliss und den von ihm gedungenen Gesetzeshütern heil zu überstehen. Erst wenn er lebend aus der Sache herauskam, konnte er daran denken, sich eine Frau zu nehmen. Doch diese Frau wäre gewiß keine gezierte Jungfer aus dem Osten, die nach Desinfektionsmittel roch statt nach Parfum, die sich nichts dabei dachte, einem Mann den Bauch aufzuschneiden und wieder zuzunähen. Aber beim Anblick eines erschossenen Rehbocks beinahe umkippte, und die statt frisch gebackenes Brot verkohlte Ziegelsteine auf den Tisch brachte.
    Die Frau strahlte Wärme neben ihm aus, sie lag stocksteif da, aber er konnte ihren schnellen Herzschlag spüren. Sie hatte ein weiches Herz, bei all ihrer klinischen Nüchternheit und Studiertheit. Ein Herz, das sich für Kinder und Pferde erwärmte und sogar für verlauste Dreckskerle wie die Typen auf dem Speicher, die das Glück verlassen hatte.
    Er zupfte und zerrte solange behutsam an den Decken, bis sie beide im selben Kokoon eingesponnen waren – wegen der Wärme, sagte er sich, obwohl er wußte, daß er sich selbst belog.
    Er wollte ihr nahe sein, wollte ihre warme Haut und ihre sanften Kurven spüren. Heute roch sie nicht nach Karbol, sie roch nach Holz und warmem Flanell und nach Frau – ein betörender Duft.
    Sie versuchte, an die Bettkante zu flüchten, als er näherrückte.
    »Schon gut«, flüsterte er an ihrem Ohr. Wieso hatte er noch nie zuvor gemerkt, wie niedlich ihre Ohren waren? »Schließlich sind wir verheiratet, haben Sie das vergessen?«
    »Nein.« Selbst im Flüstern klang ihre Stimme noch bissig. »Und es wäre jammerschade, wenn Ihre Frau von einem Alptraum geplagt um sich schlüge und Sie schmerzhaft an einer höchst empfindlichen Stelle träfe.«
    Er konnte ein Lachen nur mühsam unterdrücken. »Charmant wie immer, mein kleiner Liebling.«
    »Sollten Sie nicht lieber aufpassen, was unsere zweifelhaften Gäste treiben, statt mich unsittlich zu belästigen? Vielleicht lassen die Typen sich einfallen, die Zwillinge zu behelligen.«
    »In dieser Hütte rührt sich heute nacht nichts, ohne daß ich es bemerke. Und wenn einer dieser Mistkerle es wagt, Hand an Katy oder Ellen zu legen, kann er was erleben.«
    »Sie sind noch Kinder.«
    »Doc, die beiden haben es

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