Die Meister der Am'churi (German Edition)
erwartet“, sagt er langsam. „Die Drachen werden mich wohl kaum durch die Höhle und zurück zum Eingang begleiten und sich dafür bedanken, dass ich ihre Gefangenschaft noch verlängere.“
„SIE WERDEN DICH NICHT TÖTEN.“ Am’churs Stimme hallte für alle hörbar durch den Tempel. „CHARUR, IHR ANFÜHRER, WIRD SOFORT ERKENNEN, DASS DU LEBENDIG FÜR IHN NÜTZLICHER BIST, DENN DU BIRGST WISSEN ÜBER DIE WELT, DIE ER SO VIELE JAHRE LANG NUR ERTRÄUMEN KONNTE. ER WIRD ALLES AUS DIR HERAUSPRESSEN, WAS DU WEISST, UND DICH DANN ZWINGEN, DAS SIEGEL ZU ZERSTÖREN. ES GIBT NICHTS, WAS DU TUN KÖNNTEST, UM DAS ZU VERHINDERN.“
„Und meine Aufgabe ist trotzdem, es zu versuchen?“, fragte Ni’yo beherrscht. „Oder soll ich sogar das Siegel zerstören und die Drachen befreien?“ Innerlich gefror seine Seele vor Angst, er verstand durchaus die Reichweite dessen, was Am’chur von ihm verlangte. Er sollte sich von einem Drachen zerbrechen lassen, bis er bereit war, Verrat an seinem Volk zu begehen, an seinem Gott, an allen, die ihm vertrauten.
Völlig widersinnig … Was plant er wirklich?
„Die Prophezeiung des Kalesh ging noch weiter“, fuhr Ilanrin fort.
„Ungewiss, wie lange wird das Siegel währen. Wird es nicht erneuert, zerbricht es. Der Auserwählte muss freien Willens wählen, ob er erneuert oder bricht. Sobald er durch das erste Portal schreitet, trägt er die Siegelmagie bis zu seinem Tod in sich. Gibt es niemanden, der ihm nachfolgen kann, sollte er vor Erfüllung der Aufgabe sterben, bleibt das Siegel bestehen, bis ein neuer Erwählter geboren ist.“
„Wenn er Selbstmord begeht oder ermordet wird, wäre seine Aufgabe also auch erfüllt?“, frage Jivvin verstört nach. Ilanrin schüttelte den Kopf. „Es würde nur aufschieben, was unvermeidlich ist. Irgendwann müssen Elfen und Drachen sich ein letztes Mal stellen. Charur weiß das, darum wird er Ni’yo nicht töten wollen, sondern so zugrunde richten, dass er am Ende freiwillig das Siegel zerstört.“
„FÜR DIESE AUFGABE WURDEST DU AUSGEBILDET, OHNE ES ZU WISSEN. ES IST DER HAUPTGRUND, WARUM DU IN EINSAMKEIT AUFWACHSEN MUSSTEST, GEHASST VON ALLEN, DIE DICH UMGEBEN. LERUAM HÄTTE DAFÜR SORGEN KÖNNEN, DASS DEINE WAFFENBRÜDER NICHT NUR DIE DUNKELHEIT IN DIR SEHEN. DU BIST GESCHULT, DEM HASS DER DRACHEN UND DER EINSAMKEIT IN IHREM HORT ZU BEGEGNEN.“
„Leruam sprach oft darüber, wie sehr er mit seiner Aufgabe haderte. Genaueres hat er mir nie anvertraut.“ Tamu wirkte verlegen und sah Ni’yo nicht an. „Er wusste wohl, wie unwahrscheinlich es ist, dass du die Wette der Götter überlebst und danach noch zur Erneuerung des Siegels bereitstehen kannst. Er hat darunter gelitten, dich so misshandeln lassen zu müssen, wenn es doch wohl kaum einem Zweck dienen würde.“
„Nun gut, Ni’yo soll in die Höhle der Drachen gehen. Und dann? Geschult oder nicht, er kann nicht ewig standhalten. Was soll also getan werden?“, fragte Lynea fordernd.
„T’Stor hat einen Schmied erwählt“, sagte Ilanrin. Alle starrten ihn ungläubig an – T’Stor, der Gott, dem alle Schmiede ihr Dasein weihten, ob Waffen-, Werkzeug-, Gold- oder Hufschmied, erwählte kaum jemals einen Menschen oder einen Elf. Wann immer dies geschah, war von demjenigen Großartiges zu erwarten, legendäre Schmiedekunst, die alles andere übertraf.
„IHR KENNT DIESEN ERWÄHLTEN – ES IST YUMARI AUS KAURO.“
Jivvin und Ni’yo wechselten einen verständigen Blick. Yumari war eine Schmiedin, eine höchst bemerkenswerte Frau in jedem denkbaren Wortsinn – größer noch als selbst Jivvin und massiger als ein junger Hünenbär. Niemals zuvor, soweit sie wussten, hatte T’Stor eine Frau erwählt, aber wenn sie hätten raten müssen, wäre Yumari ihr erster Gedanke gewesen.
„Sie ist bereits auf dem Weg hierher“, mischte sich Tamu ein. „Jivvin, deine Aufgabe wird es sein, sie zu treffen und ihr zu helfen, eine Kette zu schmieden, eine Fessel, die selbst einen alten Drachen binden kann – und töten. Sobald … Solltest du scheitern, Ni’yo, werden die Drachen ausbrechen. Es ist deine Pflicht, solange wie nur möglich standzuhalten, wenn möglich, bis Yumari, die stärksten Kinder Murias und die besten Meister der Am’churi vor dem zweiten magischen Portal angelangt sind. Jenem Zugang zur Höhle, der sich im Pevva-Gebirge befindet. Ein Jammer, wie es scheint, wussten nicht einmal die Götter, wann die Zeit gekommen ist, sonst hätte alles schon bereit sein
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