Die Meister der Am'churi (German Edition)
auf die drei Kalesh starrte. Alle Am’churi wuchsen in dem festen Glauben auf, dass eher die Welt untergehen als Elfen in dieser Halle wandeln könnten. Was immer der Grund für all das hier sein mochte, ein Weltuntergang war gar nicht so unwahrscheinlich, wenn gleich drei Götter daran beteiligt waren.
„Verzeiht, dass wir euch warten ließen“, sagte Tamu und nickte ihnen beiden zur Begrüßung zu. Sein Blick verharrte ein wenig zu lange auf ihm, um zufällig zu sein. Ni’yo brüllte innerlich vor Wut. Wie sehr er es hasste , anders zu sein! Angestarrt zu werden, wohin er auch ging!
„Ilanrin wollte vorab ein Wort mit den Gesandten der Muria wechseln, aber nun, wo wir vollzählig sind, dürfen wir wohl alle erfahren, um was es genau geht.“
Lynea zwinkerte ihm kurz zu, was Ni’yo ein wenig beruhigte. Die uralte Feindschaft zwischen den Kalesh und Am’churi mochte – für den Augenblick – beigelegt sein, doch das Misstrauen ließ sich nicht mit einem Schulterzucken abschütteln. Da war es wichtig zu wissen, dass Lynea weiterhin auf ihrer Seite stand.
Ilanrin sah genauso aus, wie Ni’yo ihn in Erinnerung hatte, mit langen, glatten weißen Haaren, die er offen trug und einen eigentümlichen Kontrast zu seiner tiefschwarzen Haut und den dunklen Augen bildete. Sein schönes Gesicht zeigte keinerlei Gefühlsregung, als er sich ihm und Jivvin zuwandte. Die Erinnerung, wie dieser Elf sie beide hatte foltern und aneinander ketten lassen war noch zu frisch. Spontan flammte Abneigung, ja Hass in Ni’yo hoch und er wusste, Jivvin fühlte genauso. Wenn nicht noch viel stärker, denn Jivvin war bereits zweimal in die Hände der Kalesh gefallen und hatte auf Ilanrins Befehl leiden müssen. Mochte ihre letzte Begegnung auch versöhnlich gewesen sein, Freundschaft würden sie wohl nie schließen.
„Der Grund, warum ich euch rufen ließ, liegt weit in der Vergangenheit“, begann Ilanrin. Seine kalte, so grausam schöne Stimme jagte eisige Schauer über Ni’yos Rücken.
„Einst gab es nur Kalesh, den Gott, der das Volk der Elfen erweckte. Sein Name bedeutet in unserer Sprache „Der Einzige“. Die Geschichte der Drachen ist euch sicherlich vertraut?“
Einmütig schüttelten sie alle die Köpfe, was die Elfen zu verwirren schien.
„Ihr seid Am’churs Erwählte, ihr müsst doch etwas über die Ursprünge der Götter wissen! Nein?“
„Die Legende sagt, dass die Götter diese Welt gefunden haben und der Weltenschöpfer ihnen erlaubte, sie nach ihrem Willen zu gestalten“, sagte Tamu verunsichert, schwieg aber sofort, als Ilanrin die Hand hob.
„Ich will mich auf das Notwendigste beschränken, es ist keine Zeit für lange Erzählungen. Trotzdem, ihr müsst die Zusammenhänge verstehen.
Nun, der Weltenschöpfer hatte Aru eigentlich nicht als einen Ort des Lebens bestimmt … Es ist das Drachenei, aus dem Kalesh einst schlüpfte, denn Kalesh sollte der erste Himmelsdrache sein, als Wächter über das Sternenmeer.“
Mit einer energischen Geste unterband der alte Elf das ungläubige Gemurmel.
„Gemeinsam mit ihm sollte seine Gefährtin schlüpfen, doch sie ist in ihrem Ei gestorben, das Aru bis heute umkreist – der Mond, wie wir ihn nennen. Die Hülle wurde von Himmelssteinen zerstört. Kalesh war außer sich vor Kummer und bat den Schöpfer, dass er in die Zwischenwelt gehen dürfe, wo er seine Gefährtin zumindest spüren könne, und trotzdem noch die Fähigkeit hätte, die Welten zu beschützen. Es wurde gewährt, und Kalesh rollte sich um die Überreste seines Eis, auf dem er seinen Leib versteinern ließ.“
„Das würde bedeuten, wir laufen über Kaleshs Körper?“, rief Jivvin verblüfft.
„So ist es. Um seinen Geist in die Zwischenwelt aufsteigen zu lassen, musste er sein Körper zurücklassen. Was wir als Berge und Täler wahrnehmen, sind einfach nur die Furchen zwischen seinen Schuppen, und die Gliedmaßen des Himmelsdrachen …“ Ilanrins Blick verschleierte, er schien in Erinnerungen an vergangene Zeiten gefangen zu sein. Der Elf, der ihm am nächsten stand und sich als Norim vorgestellt hatte, trat einen Schritt vor:
„Der Weltenschöpfer sorgte für die Geburt der ersten acht Drachen, die sich rasch vermehrten und so jene Rasse begründeten, die ungezählte Jahre lang Aru beherrschten. Der Segen des Schöpfers ließ Kaleshs versteinerten Leib erblühen, Pflanzen und Tiere entstehen, von denen die Drachen sich nähren konnten. Eine Göttin namens Pya, aus den Fernen jenseits der
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