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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wir wissen inzwischen, dass Victor Van Weldon das Kopfgeld, das auf Clea Rice ausgesetzt ist, auf zwei Millionen erhöht hat. Spätestens in vierundzwanzig Stunden wird es hier von Profikillern wimmeln. Wenn die Clea Rice aufspüren, hat sie keine Chance. Und Tavistock auch nicht.“
    Richard startete den Motor. „Ich weiß, wohin ich an ihrer Stellegehen würde. Weg von hier. Weit weg, so schnell wie möglich. Und ich würde versuchen, in der Menge unterzutauchen.“
    „London?“
    Richard nickte. „Fällt Ihnen ein besseres Versteck ein?“
    Hinter der Eibenhecke in Guy Delanceys Garten warteten Jordan und Clea darauf, dass im Haus das Licht erlosch. Bisher hatte der Butler sich an seine festen Uhrzeiten gehalten.
    Im Radio hatten sie gehört, dass Guy tot war. Bald würde das Anwesen neue Eigentümer bekommen. Der alte Whitmore würde sich umgewöhnen müssen.
    Sein Fenster wurde dunkel.
    „Geben wir ihm eine halbe Stunde“, flüsterte Jordan.
    Eine halbe Stunde, dachte Clea fröstelnd. Bis dahin war sie erfroren. Sie trug Montys schwarzen Pullover und eine viel zu weite Jeans, die sie mit der Schere gekürzt hatte.
    „Wo steigen wir ein?“ fragte Jordan.
    Clea ließ den Blick über die Fassade wandern. Beim letzten Mal hatte sie die Terrassentür genommen, aber bestimmt waren die Schlösser im Erdgeschoss längst ausgewechselt.
    „Im Obergeschoss“, sagte sie. „Über den Balkon in Delanceys Schlafzimmer.“
    „Das war meine Route beim letzten Mal.“
    „Wenn du das geschafft hast, muss es ein Kinderspiel sein.“
    „Okay, beleidige deinen neuen Partner ruhig.“
    Sie sah ihn an. Das blonde Haar war unter einer Mütze verborgen, das Gesicht mit schwarzer Farbe getarnt.
    „Traust du es dir wirklich zu?“ fragte sie.
    „Clea, wenn etwas schief geht, renn weg. Warte nicht auf mich.“
    „Sag so etwas nicht. Es bringt Pech.“
    „Das hier bringt Glück“, flüsterte er, bevor er sie an sich zog und küsste.
    Das war ein Abschiedskuss, dachte sie, als er sie losließ. Falls sie getrennt wurden und sich nie wiedersahen. Wirst du mich vermissen, Jordan Tavistock? fragte sie stumm. So sehr, wie ich dich vermissen werde?
    Er drehte sich wieder zum Haus um. „Es ist Zeit.“
    Auch sie sah hinüber. Der kühle Wind wehte das Herbstlaub über den Rasen. Bald würde der Winter kommen …
    Sie schlichen über das feuchte Gras. Unter dem Balkon lauschten sie. Zu hören waren nur der Wind und das Rascheln der Blätter.
    „Ich zuerst“, sagte er.
    Bevor sie protestieren konnte, kletterte er am Rankgitter hinauf. Sie zuckte zusammen, als es unter seinem Gewicht knarrte. Nichts geschah.
    Clea folgte ihm und stieg über das Balkongeländer.
    Jordan drehte den Türknauf. „Verschlossen.“
    „Geh zur Seite.“
    Er sah zu, als sie ihre Taschenlampe auf das Schloss richtete.
    „Circa 1920“, murmelte sie. „Vermutlich so alt wie das Haus. Hoffentlich ist es nicht verrostet.“ Mit der Zange und dem Drahtbügel, den sie zu einem L gebogen hatte, machte sie sich an die Arbeit und schmunzelte zufrieden, als es klick machte. „Es geht doch nichts über gutes Werkzeug.“
    „Das werde ich mir merken“, antwortete er trocken.
    Das Zimmer war so, wie sie es in Erinnerung hatte. Das antike Bett mit den Vorhängen, der Schrank, die Kommode, der Sekretär und die Sitzgruppe an der Balkontür. Den Sekretär und die Kommode hatte sie schon durchsucht.
    „Nimm den Schrank“, flüsterte sie. „Ich nehme die Nachttische.“
    Sie gingen sofort an die Arbeit. Im Schein der Taschenlampe durchwühlte sie die Schubladen und fand Zeitschriften, Zigaretten und diverse Gegenstände, die darauf hindeuteten, dass Guy das Bett nicht nur zum Schlafen benutzt hatte. Als sich über ihr etwas bewegte, sah sie nach oben. An der Decke war ein Spiegel befestigt. Und sie hatte doch tatsächlich daran gedacht, sich mit diesem Kerl einzulassen!
    Auch im zweiten Nachttisch lagen Magazine mit Fotos nackter Frauen. Sie war so sehr auf die Suche nach einem Geheimfach konzentriert, dass sie nicht hörte, wie die Dielen auf dem Flur knarrten. Die einzige Warnung war Jordans Zischen, dann flog die Tür auf.
    Das Deckenlicht ging an.
    Clea hockte neben dem Bett und starrte blinzelnd auf die Mündung der Schrotflinte, die auf ihren Kopf gerichtet war.

10. KAPITEL
    W hitmores Schrotflinte zitterte in seinen Händen. „Kommen Sie hinter dem Bett hervor! Na los! Wo ich Sie sehen kann!“ Langsam richtete Clea sich auf, und die Augen des alten

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