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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Verfolgern.
    „Ich habe eine Idee.“ Er nahm ihre Hand und zog sie über eine Lichtung. Vor ihnen tauchten die Lichter eines Cottage auf.
    „Hoffen wir, dass sie keine Hunde haben“, sagte er.
    „Was hast du vor?“
    „Nur ein kleiner Diebstahl. Langsam gewöhne ich mich daran.“
    „Was willst du stehlen? Einen Wagen?“
    „Nicht ganz.“ Er lächelte. „Fahrräder.“
    „Wenn ich mehr weiß, melde ich mich“, sagte der Polizist leise.
    Trott griff in die Jackentasche und holte einen Umschlag voller Fünf-Pfund-Noten heraus. Es war nicht viel Geld, aber genug um der Familie des jungen Beamten wenigstens für eine Weile ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen.
    Die beiden Männer verließen nacheinander die Hotelbar. DerPolizist sah sich nervös um und verschwand in der Dunkelheit. Trott kehrte auf sein Zimmer zurück und rief Victor Van Weldon an.
    „Vor ein paar Stunden waren sie noch in der Gegend“, sagte er. „Sie sind in Delanceys Haus eingebrochen.“
    „Haben sie den Dolch?“ fragte sein Chef.
    „Ja. Vermutlich sind sie schon auf dem Weg nach London.“
    Clea Rice triumphiert bereits und glaubt, alles sei vorüber, dachte Trott. Weil sie den Dolch hat. Den Dolch, den sie das Auge von Kaschmir nennt.
    Sie irrte sich. Gründlich.
    Der Lärm des Großstadtverkehrs weckte Clea aus einem tiefen Schlaf. Sie drehte sich auf den Rücken und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf das Licht, das durch den zerschlissenen Vorhang drang.
    Gegen sechs Uhr morgens waren sie in diesem schäbigen Hotel abgestiegen. Sie hatten sich ausgezogen und erschöpft aufs Bett geworfen. Stundenlang hatten sie auf dem Bahnhof von Wolverton auf den Vier-Uhr-Zug nach London gewartet.
    Sie tastete unter dem Bett nach dem Paket, das sie in der Nacht dort verstaut hatten. Das Auge von Kaschmir war noch da. Erleichtert ließ sie sich zurückfallen.
    Jordan lag neben ihr. Selbst im Schlaf sah er aus wie der Aristokrat, der er war. Lächelnd strich sie über sein jungenhaft zerzaustes Haar. Mein geliebter Gentleman, dachte sie. Was für ein Glück, dass ich dich kennen durfte. Wenn du eines Tages mit einer jungen Lady aus deinen Kreisen verheiratet bist, wenn deinLeben so verläuft, wie es dir gebührt, wirst du dich überhaupt noch an Clea Rice erinnern?
    Sie setzte sich auf, starrte in den Spiegel über der Kommode und fühlte sich plötzlich deprimiert. Hastig stand sie auf und ging unter die Dusche. Als sie später ihre neueste Haarfarbe betrachtete, diesmal nussbraun, spürte sie Wut in sich aufsteigen.
    Sie war keine Lady und nicht standesgemäß, aber sie war klug, zielstrebig und vor allem stand sie mit beiden Beinen im Leben. Wozu brauchte sie schon einen Gentleman? Sie würde nicht in seine Welt passen. Und er nicht in ihre.
    Aber hier, in diesem Hotelzimmer mit dem durchgelaufenen Teppich und den zerschlissenen Handtüchern, konnten sie für eine kurze Zeit etwas Gemeinsames finden und sich ihre eigene kleine Welt erschaffen.
    Sie schlüpfte zu Jordan ins Bett.
    Er bewegte sich. „Ist das mein Weckruf?“ murmelte er schläfrig.
    Als Antwort schob sie eine Hand unter die Decke und strich an seinem Körper entlang.
    „Wenn das der Weckruf war“, stöhnte er, „hat er gewirkt.“
    „Vielleicht stehst du jetzt endlich auf, du Schlafmütze“, erwiderte sie lachend und wollte sich wegdrehen.
    Er hielt sie am Arm fest. „Was ist damit?“
    „Wo mit?“
    „Da mit.“
    Ihr Blick wanderte an seiner Decke hinab. „Soll ich mich darum kümmern?“ flüsterte sie.
    „Schließlich bist du dafür verantwortlich …“
    Sie rollte sich auf ihn und rieb die Hüften an seinen. Er packte sie mit beiden Händen und drückte sie an sich. Irgendwann hörte sie ihn ihren Namen flüstern.
    Ja, dachte sie, jetzt gehörst du ganz mir. Nur mir.
    Es waren nur ein paar berauschende Momente, aber die mussten ihr reichen.
    Anthony Vauxhall war ein kleiner, aber äußerst blasierter Mann, dessen Nase permanent gerümpft zu sein schien. Jordan hatte ihn kennen gelernt, als er nach dem Tod seiner Eltern einige Versicherungsfragen klären musste.
    Es war fast vier Uhr nachmittags, und sie saßen in Vauxhalls Büro bei Lloyd’s of London in der Lime Street. In den letzten eineinhalb Stunden hatten Jordan und Clea sich neu eingekleidet, etwas gegessen und es trotzdem geschafft, vor Büroschluss bei Lloyd’s zu erscheinen. Jetzt sah es aus, als wäre alles umsonst gewesen. Denn Vauxhall reagierte skeptisch und schien nicht sicher, ob er

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