Die Meistersinger von Nürnberg
hört' es schon:
‘s geht nicht auf mich.
Sachs: und seinem Engel rief er zu:
Eva: Doch eine Bosheit steckt darin.
Sachs: »Da, mach der armen Sünd'rin Schuh'!
Und da der Adam, wie ich seh',
an Steinen dort sich stößt die Zeh',
daß recht fortan er wandeln kann,
so miß dem auch Stiefeln an!«
Walther: Welch Zögernis! Die Zeit geht hin!
Beckmesser (tritt zu Sachs heran) :
Wie, Meister? Auf? Noch so spät zur Nacht?
Sachs: Herr Stadtschreiber! Was, Ihr wacht?
Die Schuh' machen Euch große Sorgen?
Ihr seht, ich bin dran:
Ihr habt sie morgen. (Er arbeitet.)
Beckmesser (zornig) :
Hol' der Teufel die Schuh'! Hier will ich Ruh'!
Sachs: Jerum! Jerum!
Hallo hallo he!
Oho! Trallalei! Trallalei! O he!
O Eva, Eva! Schlimmes Weib,
das hast du am Gewissen,
Walther (zu Eva) :
Uns oder dem Merker? Wem spielt er den Streich?
Sachs: daß ob der Füß' am Menschenleib
Eva (zu Walther) :
Ich fürcht', uns dreien
gilt er gleich.
Sachs: jetzt Engel schustern müssen.
Eva: O weh der Pein.
Mir ahnt nichts Gutes!
Sachs: Blieb'st du im Paradies, da gab es keinen Kies.
Walther: Mein süßer Engel, sei guten Mutes!
Sachs: Um deiner jungen Missetat
hantier' ich jetzt mit Ahl' und Draht
Eva: Mich betrübt das Lied!
Walther: Ich hör' es kaum!
Du bist bei mir,
welch holder Traum!
(Er zieht sie zärtlich an sich.)
Sachs: und ob Herrn Adams übler Schwäch' versohl' ich Schuh' und streiche Pech.
Wär' ich nicht fein ein Engel rein, Teufel möchte Schuster sein!
(Beckmesser drohend auf Sachs zufahrend.)
Sachs: Je – (Er unterbricht sich.)
Beckmesser: Gleich höret auf!
Spielt Ihr mir Streich'?
Bleibt Ihr tags und nachts Euch gleich?
Sachs: Wenn ich hier sing', was kümmert's Euch?
Die Schuhe sollen doch fertig werden?
Beckmesser: So schließt Euch ein und schweigt dazu still!
Sachs: Des Nachts arbeiten macht Beschwerden;
wenn ich da munter bleiben will,
so brauch' ich Luft und frischen Gesang;
drum hört, wie der dritte Vers gelang!
(Er wichst den Draht ersichtlich.)
Beckmesser: Er macht mich rasend!
Sachs (fortarbeitend) :
Jerum! Jerum!
Hallo hallo he!
Beckmesser: Das grobe Geschrei!
Sachs: O ho! Trallalei! Trallalei! O he!
Beckmesser: Am End' denkt sie gar, daß ich das sei!
(Er hält sich die Ohren zu und geht verzweiflungsvoll, sich mit sich beratend, die Gasse vor dem Fenster auf und ab.)
Sachs: O Eva! Hör mein' Klageruf,
mein' Not und schwer Verdrüssen!
Die Kunstwerk', die ein Schuster schuf,
sie tritt die Welt mit Füßen!
Gäb' nicht ein Engel Trost,
der gleiches Werk erlost,
und rief' mich oft ins Paradies,
wie ich da Schuh' und Stiefel ließ'!
Doch wenn mich der im Himmel hält,
dann liegt zu Füßen mir die Welt,
und bin in Ruh'
Hans Sachs ein Schuh-
macher und Poet dazu.
Beckmesser: Das Fenster geht auf!
(Er späht nach dem Fenster, welches jetzt leise geöffnet wird und an welchem vorsichtig Magdalene in Evas Kleidung sich zeigt.)
Eva (mit großer Aufgeregtheit) :
Mich schmerzt das Lied, ich weiß nicht wie!
O fort, laß uns fliehen!
Walther (auffahrend) :
Nun denn:
mit dem Schwert!
Eva: Nicht doch! Ach, halt!
Beckmesser: Herrgott, ‘s ist sie!
Walther (die Hand vom Schwert nehmend) :
Kaum wär' er's wert!
Eva: Ja, besser Geduld!
Beckmesser (der, während Sachs fortfährt zu arbeiten und zu singen, in großer Aufregung mit sich beraten hat) :
Jetzt bin ich verloren, singt der noch fort!
Eva: O bester Mann,
daß ich so Not dir machen kann!
Beckmesser (tritt zu Sachs an den Laden heran und klimpert, während des Folgenden mit dem Rücken der Gasse zugewandt, seitwärts auf der Laute, um Magdalene am Fenster festzuhalten) :
Freund Sachs! So hört doch nur ein Wort!
Walther (leise zu Eva) :
Wer ist am Fenster?
Beckmesser: Wie seid Ihr auf die Schuh' versessen!
Eva: ‘s ist Magdalene.
Beckmesser: Ich hatt' sie wahrlich schon vergessen.
Walther: Das heiß' ich vergelten!
Beckmesser: Als Schuster seid Ihr mir wohl wert,
Walther: Fast muß ich lachen.
Beckmesser: als Kunstfreund doch weit mehr verehrt.
Eva: Wie ich ein End' und Flucht mir ersehne!
Walther: Ich wünscht', er möchte den Anfang machen.
(Walther und Eva, auf der Bank sanft aneinandergelehnt, erfolgen des weiteren Sachs und Beckmesser mit wachsender Teilnahme.)
Beckmesser: Eu'r Urteil, glaubt, das halt' ich hoch;
drum bitt' ich:
hört das Liedlein doch,
mit dem ich morgen möcht' gewinnen,
ob das auch recht nach Euren Sinnen.
(Er klimpert wiederholt seitwärts nach dem Fenster gewandt.)
Sachs: Oha! Wollt mich beim
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