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Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
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schwachen Augenblick hatte er Sex mit der besten Freundin seiner Frau gehabt, wobei Felicia da noch gar nicht seine Frau gewesen war und sie und Siri sich noch nicht einmal kannten. Aber spielte es eine Rolle, wann es geschehen war, solange er Felicia nichts davon erzählt hatte? Singsakers Kopfrechnung ergab, dass sein Fehltritt vor fünf Monaten gewesen war. Aber was hieß das schon? Keiner von ihnen wusste, wie Siri Holms Körper auf eine Schwangerschaft reagierte, vielleicht war sie ja bereits im fünften Monat?
    Er würde eine schlaflose Nacht vor sich haben.

15
    V on dem Kind in ihrem Bauch wusste nur Fredrik. Solange er es seinen Eltern noch nicht erzählt hatte. Sie erwartete ein Kind von ihm, und an dem Abend vor ihrer Entführung war sie bei ihm gewesen und hatte es ihm gesagt. Julie Edvardsen fragte sich, was ihre Eltern sagen würden, wenn sie erfuhren, dass sie schwanger war. Würden sie wütend auf sie sein?
    Idiotisch, sich in diesem Moment so eine Frage zu stellen. Eigentlich machte es überhaupt keinen Sinn mehr, an irgendetwas zu denken. Die Welt außerhalb ihres Kopfes war längst nicht mehr die gleiche. Das wurde ihr ziemlich krass vor Augen geführt, wenn sie vor Erschöpfung einschlief. Das Einschlafen selbst war wie immer. Auch das Aufwachen, die benebelten Sekunden, in denen man nicht wusste, wo man war. In diesen Momenten war sie weder geknebelt noch gefesselt. Und sie lag dann auch nicht auf steinhartem Boden. Die Träume schenkten ihr für einen Augenblick so etwas wie eine weiche Unterlage aus warmer Luft. Merkwürdig, sie hatte noch keinmal da von geträumt, gefesselt zu sein. Auch seine Stimme hatte sich noch nicht in ihren Schlaf geschnitten. Sie hatte von Bismarck geträumt, aber nicht von seinem Winseln irgendwo in einem dunklen Raum weit entfernt. Sie hatte geträumt, mit dem Kopf auf seinem Bauch zu schlafen, wie sie es früher öfter getan hatte, in dieser seltsamen Zwischenphase, in der sie noch immer Angst vor der Dunkelheit hatte, aber zu groß war, um zwischen ihren Eltern zu schlafen. Ihre Träume handelten erstaunlich wenig davon, etwas falsch gemacht und den einen fatalen Schritt aus der Welt heraus gemacht zu haben.
    Ein paar Dinge waren näher herangerückt, andere hatten sich entfernt. Die Freundinnen waren weit, weit weg, während die Toilette zu Hause, die Donald-Duck-Hefte neben dem Klo, das Gefühl, mit den nackten Füßen auf den warmen Fliesen zu stehen, noch immer sehr nah waren. Die Wut war weg, aber die feinen Härchen auf den Armen ihrer Mutter, die Haut unter ihren Lippen, die gleichermaßen alt und jung wirkte, das Zögern in einem Streit, und die Lust ihrer Mutter, manchmal innezuhalten und einfach über alles zu lachen, waren näher gekom men. Sie lag lange da und dachte über solche Dinge nach. Das Knirschen unter ihren Füßen, wenn sie Schnee schob, die Straßen in der Nachbarschaft, das flimmernde Licht hinter den Sehtests ihres Vaters und die so schwierig zu treffenden Töne. Ein wirklich kranker Gedanke suchte sie heim. War das eine Prüfung? Konnte das Ganze sogar für etwas gut sein?
    Sie stand auf. Was harte Arbeit war, wenn man die Hände nicht nutzen konnte, aber wenn sie sich langsam an der Wand nach oben schob, ging es. Sie zog sich die Jogginghose und den Slip hinter dem Rücken herunter und setzte sich auf den Eimer. Vor einer Weile hatte er ihr Essen gebracht. Erst hatte er damit gedroht, sie zu töten, dann war er wieder nach oben verschwun den, und schließlich war er zurückgekommen und hatte ihr den Knebel abgenommen. Beim letzten Mal hatte er nicht mehr damit gedroht, sie zu töten, wenn sie etwas sagte. Und er hatte ihr etwas zu Essen angeboten. Geschmierte Brote, die aussahen wie die, die sie sich als Zehnjährige selbst geschmiert hatte. Sie hatte nichts gesagt. Kein Wort. Und gegessen hatte sie auch nichts. Es war wichtig, Stärke zu zeigen, auch wenn der Magen vor Hunger revoltierte. Vielleicht konnte ihr dieser Hunger sogar eine Art Übermacht geben.
    Am meisten Sorgen machte sie sich um Bismarck. Sein Winseln war leiser geworden, schwächer. Anfangs hatte er ängstlich geklungen, wütend, doch davon war nichts mehr zu hören. Jetzt klang es eher so, als hätte er aufgegeben und hoffte nur noch, nicht allein sterben zu müssen.
    Als sie auf dem Eimer saß, warf sie einen Blick auf die Zettel, die er ihr in den Verschlag gelegt hatte. Es waren Kopien eines alten Drucks.
    Sie hatte den Text mehrmals gelesen. Es ging ums Schlafen und

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