Die Melodie des Todes (German Edition)
schon etwas zu trinken bekommen?«
»Ich habe meine Reserven leider überschätzt, als ich mich gestern Abend aus meinem Flachmann bedient habe.« Bayer lächelte schief und dieses Lächeln wurde auf gleiche Weise be antwortet. Engel nahm ein kleines Glöckchen, das auf dem Tisch zwischen ihnen stand, und klingelte damit. Ein anderer Diener als der Schwarze, der Bayer hereingeführt hatte, erschien in der Tür.
»Eine Flasche unseres besten aqua vitae und zwei Gläser«, sagte Engel, ohne den Diener anzusehen.
»Nun, Ihr habt mir noch nicht geantwortet«, sagte er zu Bayer, nachdem der Diener die Tür geschlossen hatte. »Was führt Euch zu mir?«
»Ich suche Hilfe bei einem schwierigen Fall«, sagte Bayer. »Ihr habt nicht zufällig mitbekommen, dass wir draußen vor der Stadt einen Toten gefunden haben?«
»Doch natürlich, der Leichnam am Strand. Ich wurde von Prokurator Martinus Nissen davon unterrichtet, mit dem ich gestern ein Bier getrunken habe. Wir haben die baldige Her ausgabe seines Nachrichtenblatts gefeiert, das Einzige seiner Art hier in der Stadt. Er fragte mich, ob ich es für eine gute Idee hielte, dem geheimnisvollen Leichenfund einen kleinen Absatz zu widmen, aber ich habe ihm abgeraten. Eine solche Sache zieht nur unseriöse Leser an und führt zu unnötigem Ge rede. Ganz zu schweigen von dem schmälernden Effekt, den das zweifelsohne für sein Blatt haben würde. Das ist ein Fall für die Polizei, habe ich ihm gesagt, überlasst das Bayer. Das Blatt sollte sich auf die Dinge konzentrieren, die ihm Ehre machen. Der Mann ist ein scharfer Jurist. Mein Vorschlag war, sich auf Themen zu konzentrieren, die von allgemeiner, juristischer Bedeutung sind.«
»Eure Meinung ist ganz entschieden auch die meine«, sagte Bayer zufrieden. »Das wird seine Zeitung von den simplen Drucken abheben, von denen in der letzten Zeit so viele in der Stadt aufgetaucht sind. Wo kämen wir denn hin, wenn alle Druckerzeugnisse dieses Landes voll wären mit Berichten über gemeine Verbrechen?«
»Nissen ist ein vernünftiger Mann, und es ist ein Glück für die Stadt, dass er das Privileg für die Veröffentlichung der Zeitung bekommen hat.«
»Da bin ich ganz Eurer Meinung. Aber zurück zu der Leiche. Meine Nachforschungen zeigen, dass der Mann, wie bereits an gedeutet, auf höchst unredliche Weise zu Tode gekommen ist. Er war fremd in der Stadt und stammte aller Wahrscheinlichkeit nach aus Schweden. In meinen weiteren Ermittlungen bin ich dann auf einen anderen Schweden gestoßen, der sich vor Kurzem in der Stadt einquartiert hat. Es gibt Zeugen, deren Aussagen den Schluss zulassen, dass die beiden sich gekannt ha ben. Derjenige der beiden, der noch am Leben ist, scheint von Rang zu sein, weshalb ich dachte, er habe vielleicht versucht, sich mit den vorzüglichsten Vertretern unserer lokalen Bürgerschaft bekannt zu machen.«
In diesem Moment ging die Tür auf. Bayer hörte kaum die Schritte des Dieners auf dem neuen Boden. Ebenso dezent wurden Flasche und Gläser zwischen den beiden Männern auf den Tisch gestellt. Herr Engel goss ihnen beiden ein.
»Ihr wollt also wissen, ob ich in den letzten Tagen auf einen vornehmen Herrn aus Schweden gestoßen bin?«
Er legte sein Gesicht in tiefe Falten, und Bayer konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ein wenig zu tief waren.
»Da muss ich Euch leider enttäuschen«, sagte Engel schließlich. »Aber damit Ihr nicht vergebens gekommen seid: Prost!«
Er hob sein Glas. Bayer folgte seinem Beispiel und leerte es in einem Zug.
»Und was ist mit dem Toten? Habt Ihr den jemals zu Gesicht bekommen?«, fragte der Polizeimeister.
»Wie meint Ihr das? Wenn ich es richtig verstanden habe, hat es sich um einen Herumtreiber gehandelt, der sich seinen Lebensunterhalt durch Spiel und Gesang verdiente.«
»Genau. Es ist aber allgemein bekannt, dass gute Musiker in unserer Stadt Mangelware sind und Mitglieder Eures Standes häufig Troubadoure aus den Wirtshäusern oder herumwandern de Spielleute für ihre Gesellschaften engagieren müssen.«
»Ihr seid ein gründlicher Mann, der nicht so schnell aufgibt. Diese Eigenschaft schätze ich an Euch, wohl wissend, dass ich mit dieser Meinung bekanntlich ziemlich allein dastehe«, seufzte Engel. »Es ist gut möglich, dass ich in Ringve mal einen schwedischen Troubadour getroffen habe, aber das ist min destens zwei Monate her und seither habe ich ihn nicht mehr gesehen. Aber jetzt müsst Ihr mich wirklich entschuldigen. Ich habe
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