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Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
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müssen wir davon ausgehen, dass Røed noch irgendwo eine andere Adresse hat.«
    »Nach Aussage seines Nachbarn fährt er jeden Tag in die Stadt und bleibt lange weg, aber im Museum ist er krankgeschrieben«, sagte Singsaker.
    »Das passt doch«, sagte Brattberg.
    »Ich habe ein paar Leute daran gesetzt, alle öffentlichen Archive zu durchforsten, bis jetzt deutet aber noch nichts darauf hin, dass er eine weitere Immobilie besitzt«, sagte Jensen.
    »Was ist mit seiner Familie? Eltern oder Geschwistern?«, fragte Singsaker.
    »Sein Vater ist in den Achtzigern gestorben. Selbstmord. Eine hässliche Sache. Er war ein ziemlich berühmter Pianist. Waren wir beide nicht damals da, Singsaker?«
    »Ja, irgendwas klingelt da bei mir. Mit einer Schrotflinte in den Mund. Es gab damals aber keinen Hinweis auf Fremdver schulden. Frau und Kind waren zu Hause, als es geschah. An den Jungen erinnere ich mich gut. Hatte der nicht an einer Hand nur drei Finger?«
    »Und du beschwerst dich über dein Erinnerungsvermögen?«, kommentierte Jensen.
    »Das heißt, wenn Jonas Røed nicht auf wundersame Weise zwei neue Finger gewachsen sind, kennzeichnet ihn das noch heute.«
    Singsaker schloss die Augen und konzentrierte sich. Eine kurze Szene aus seiner Begegnung mit Røed in Ringve tauchte plötzlich ganz klar vor ihm auf. Es war der Moment, in dem Røed ihm die Spieldose zurückgab. Seine Sehnerven hatten es registriert, sein Gehirn war darauf aber nicht angesprungen. Es war etwas mit den Fingern gewesen. Das waren Prothesen, dachte er jetzt. Und dann wurde ihm auch bewusst, was ihm in Røeds Blick aufgefallen war: Angst, die Angst entlarvt zu werden.
    »Wo hat er als Kind gewohnt?«, fragte er.
    »Das war doch da in der Gegend, oder?«, sagte Jensen.
    Das war mehr als dreißig Jahre her, und auf den genauen Ort konnten sie sich nicht einigen.
    »Wie auch immer. Die Mutter ist auch schon vor ein paar Jahren gestorben, und hätte er das Haus geerbt, stünde das in den Akten«, sagte Jensen.
    »Ich finde, wir sollten uns das trotzdem genauer angucken«, sagte Brattberg. »Verschaff dir Einblick in die Grundbuchdaten. Wenn er das Haus in den letzten Jahren in seinem Namen oder unter dem Namen seiner Mutter verkauft hat, sollten wir relativ schnell herausfinden, wo es sich befindet.«
    Singsaker nickte, dachte aber gleichzeitig, dass er das Haus ja kaum als Versteck nutzen konnte, wenn er es verkauft hatte. Er streckte sich und spürte plötzlich einen der Schwindelanfälle kommen, an die er sich nach der OP bereits gewöhnt hatte und die der Arzt für ganz normal hielt. Er blieb in Gedanken versunken sitzen, während Brattberg durchging, was sie der Presse gegenüber sagen sollten.
    Vor dem abgesperrten Bereich des C. J. Hambros vei hatten die Pressefotografen längst Stellung bezogen, und Vlado Taneski hatte in der Webausgabe der Adressavisen bereits einen Artikel über den Leichenfund veröffentlicht, der anschließend in den meisten Medien zitiert und reproduziert worden war. Sie mussten mit einem Riesendruck rechnen, und Brattberg hatte deshalb bereits eine Pressekonferenz einberufen lassen.
    Singsaker schaffte es aber nicht, sich darauf zu konzentrieren. Er dachte an den kleinen Jungen mit den zwei fehlenden Fingern, den er ganz am Anfang seiner Polizeikarriere getroffen hatte. Er sah die Leiche des Vaters vor sich, der mit weggeschossenem Hinterkopf auf dem Ehebett lag, und versuchte, sich genau zu erinnern, wie dieses Bett ausgesehen hatte.
    Als Brattberg fertig war, stand er auf und hätte beinahe gleich wieder das Gleichgewicht verloren. Ihm war noch immer schwindlig und er hatte Kopfschmerzen. Brattberg sah ihm besorgt nach, als er aus ihrem Büro taumelte. Das Letzte, was er hörte, war aber, dass sie das Telefon nahm und darum bat, mit Staatsanwalt Knutsen verbunden zu werden.
    Singsaker lief die Treppe nach unten und ging zu seinem Auto.
    Ich kann so nicht weitermachen, dachte er, als er einstieg. Wenn dieser Fall zu Ende ist, nehme ich mir eine längere Aus zeit, lasse mich einfach krankschreiben. Vielleicht reise ich nach Amerika, dachte er und spürte, dass ihm dieser Gedanke einen Stich versetzte.
    Jetzt komm schon, sagte er zu sich selbst. Konzentrier dich. Sein Kopf platzte beinahe auseinander und er hörte Dr. Nordraaks Stimme: »Ihr Problem ist, dass Sie einfach zu viele Gedanken auf einmal im Kopf haben.« Jetzt wimmelte es da drinnen nur so vor ihnen. Er erinnerte sich an den kleinen Raum in der Rosenborg-Schule, in

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