Die Melodie des Todes (German Edition)
dem er mit Fredrik Alm gesessen hatte. Der Junge hatte ihm ein Haus beschrieben. Er hatte sich das in seinem Notizbuch notiert. Dann dachte er an die abgetrennten Finger und daran, dass Jonas Røeds Mutter damals etwas von einem Unfall in der Garage gesagt hatte. Bilder vom Tatort flimmerten vorbei. Dann sah er sich selbst un weit des Tatorts über die Bernhard Getz’ gate laufen. Und plötz lich erinnerte er sich, dass er über etwas gestolpert war. Er war mit dem Fuß an etwas hängen geblieben, das an einem Tor pfosten hing. Und da wusste er wieder, wo Jonas Røed als Kind gewohnt und wo er sich in der letzten Zeit aller Voraussicht nach aufgehalten hatte.
Wir hätten diesen Teufel schon vor zwei Tagen schnappen können, wenn ich den Hinweis von Fredrik Alm weiter untersucht hätte, dachte er und drehte den Zündschlüssel um.
*
Jonas Røed setzte sich in die Küche und schnitt drei dicke Scheiben Brot ab, aber statt sie zu essen, schaltete er den PC ein. Er wollte die Nachrichten überprüfen und begann mit der Webseite der Adressavisen .
»Makabrer Leichenfund in Heimdal.«
Lachend zündete er sich eine Zigarette an.
»Sind nicht alle Leichenfunde makaber? Was ist denn das für ein Journalistenarsch?«, sagte er zu sich selbst. Dann sah er sich die Bilder an. Das Haus kannte er.
»Okay«, sagte er. »Okay, alles in Ordnung, ja.«
Die Fliege in seinem Kopf erwachte zu neuem Leben und schien Gesellschaft von anderen Fliegen bekommen zu haben. Sie schwirrten wie wild herum. Manchmal war das einfach so. Sie flogen gegen den immer gleichen Punkt in seinem Schädel, wieder und wieder. Er stand auf und ließ sich von dem Druck in seinem Kopf durch die Küche treiben. Wenn es so war, konnte er nur nachgeben. Er führte ihn nach unten, in den Keller, direkt vor ihre Tür.
Erst dort beruhigte er sich allmählich wieder. Er atmete lang samer. Und das Schwirren in seinem Kopf nahm ab. Er musste jetzt scharf nachdenken. Er starrte auf die Tür, bis er ver stand, was er tun musste. Das war wirklich nicht dumm. Aber er musste verdammt vorsichtig sein.
Als er die Tür aufschließen wollte, spürte er, wie hart sein Glied war und dass er noch immer das Brotmesser in der Hand hielt.
*
Sie stand aufrecht da, als sie ihn oben an der Tür hörte. Dann kam er die Treppe herunter und sie sank auf die Knie und blieb mit dem Gesicht zur Tür gewandt sitzen.
Er bewegte sich schnell, aber seine Schritte waren unrhythmisch, als hätte er sie nicht unter Kontrolle. Er fummelte lange mit dem Schlüssel herum und ließ ihn mehrmals zu Boden fallen, bis er ihn schließlich ins Schloss bekam. Erst ließ er sich nicht drehen, und sie hoffte schon, dass das Schloss klemmte, bis die Tür sich dann doch öffnete.
Das Erste, was sie sah, als das Licht in ihren Verschlag fiel, war das Messer, das er wie beiläufig in der Hand hielt, als wüsste er gar nicht, dass er es dabei hatte. Er kam langsam auf sie zu und hockte sich neben sie. Sie spürte seinen Atem an ihrem Ohrläppchen und sah aus dem Augenwinkel die roten Haare.
Dann legte er die Klinge des Messers an ihren Hals. Sie schnappte nach Luft und spürte, wie das kalte Metall ihre Haut ritzte, als sie Luft holte.
Atme ruhig, sagte sie zu sich selbst. Atme ruhig. Aber ihr Brustkorb wollte ihr einfach nicht gehorchen.
»Ich muss schlafen«, sagte er.
Dann nahm er das Messer weg und hielt es vor seine Augen. Erst jetzt wagte sie es, ihn anzusehen. Sein Blick zeigte echte Verwirrung.
Er lachte und warf das Messer weg.
»Du hast doch wohl nicht gedacht, dass ich dich mit dem Brotmesser umbringen will?«, fragte er und stand auf. Dann ging er wieder nach draußen auf den Kellerflur und schloss ihre Tür, ohne sie zu verriegeln.
Er verliert die Kontrolle, dachte sie. Er ist total am Abdriften. Das machte ihn noch gefährlicher, andererseits aber auch verwundbarer.
Sie wusste nicht, ob sie es wagen sollte aufzustehen, die Tür zu öffnen und das Messer zu ergreifen, das direkt vor ihrer Tür lag.
Er war noch nicht weit genug weg. Den Geräuschen nach zu urteilen, war er bei der Matratze am Ende des Flurs und schien darunter nach irgendetwas zu suchen. Dann verstummten die Geräusche und er kam wieder zu ihr zurück.
*
Als Singsaker das große braune Haus an der Kreuzung der Ludvig Daaes gate und der Bernhard Getz’ gate erreichte, fiel ihm als Erstes die gründlich geräumte Einfahrt auf.
Er fuhr hinein und parkte, blieb eine Weile sitzen und sah sich um.
Allein das
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