Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
durchaus zu schätzen und schmähen einen Gatten, der seine Autorität ziemlich streng ausübt, keineswegs.
Ich hatte meiner Gemahlin eine solche Angst eingeflößt, dass sie maßlos glücklich war, wenn ich nur lächelte, und wenn ich sie zu mir winkte, kam sie und schmiegte sich an mich wie ein Hund. Ich erinnere mich daran, wie in den wenigen Tagen meines Schulbesuchs die feigen, jämmerlichen Jungen gelacht haben, sooft unser Schulmeister einen Witz machte. Genauso war es im Regiment; wenn der brutale Sergeant zu scherzen beliebte, setzte jeder Rekrut ein breites Grinsen auf. Ein kluger und entschlossener Ehemann wird seine Frau in ebendiesen Zustand der Diszipliniertheit versetzen, und ich brachte meine hochwohlgeborene Gemahlin dazu, mir die Hand zu küssen, die Stiefel auszuziehen, mich wie ein Lakai zu bedienen und es immer als einen Festtag anzusehen, wenn ich gut gelaunt war. Vielleicht habe ich mich zu sehr auf die Dauerhaftigkeit dieses disziplinierten Gehorsams verlassen und vergessen, dass ebenjene dafür nötige Heuchelei (alle Furchtsamen sind in ihrem Herzen Lügner) auf höchst unangenehme Weise auch zum Betrug genutzt werden kann.
Nach dem Fehlschlag ihres letzten Abenteuers, der mir zahllose Gelegenheiten gab, sie zu verspotten, hätte man meinen sollen, ich wäre nun auf der Hut hinsichtlich ihrer wahren
Absichten, aber es gelang ihr, mich mit ihrer durchaus bewundernswerten Kunst der Verstellung in die Irre zu führen und, was ihre Pläne anging, in falscher Sicherheit zu wiegen; als ich nämlich eines Tages mit ihr scherzte, sie fragte, ob sie wieder eine Badekur machen wolle und ob sie einen neuen Liebhaber gefunden habe, brach sie plötzlich in Tränen aus, ergriff meine Hand und rief leidenschaftlich: «Ach, Barry, Sie wissen doch zu gut, dass ich nie einen anderen als Sie geliebt habe! War ich denn je so elend, dass mich nicht schon ein einziges liebes Wort von Ihnen glücklich gemacht hätte? Je so zornig, dass mich nicht das kleinste Zeichen guten Willens von Ihnen wieder versöhnt hätte? Habe ich denn nicht meine Zuneigung zu Ihnen ausreichend bewiesen, als ich Ihnen eines der größten Vermögens Englands übergab? Habe ich geklagt oder Vorwürfe wegen der Art erhoben, in der Sie es verschwendet haben? Nein, ich habe Sie zu sehr und zu innig geliebt; ich habe Sie immer geliebt. Schon als ich Sie zum ersten Mal gesehen habe, fühlte ich mich unwiderstehlich zu Ihnen hingezogen. Ich habe Ihre schlechten Eigenschaften gesehen und vor Ihrer Gewalttätigkeit gezittert, aber ich konnte nicht anders und musste Sie lieben. Ich habe Sie
geheiratet, obwohl ich wusste, dass ich damit mein Schicksal besiegelte – gegen alle Vernunft und Pflicht. Welches Opfer erwarten Sie von mir? Ich bin bereit, jedes zu bringen, wenn Sie mich nur lieben oder wenigstens freundlich zu mir sind.»
An diesem Tag war ich in besonders guter Stimmung, und wir feierten eine Art Versöhnung, obwohl meine Mutter, als sie die Rede hörte und sah, wie ich Lady Lyndon gegenüber weich wurde, mich feierlich warnte und sagte: «Verlass dich darauf, das tückische Luder heckt wieder etwas aus.» Die alte Dame hatte recht, und so einfältig wie jeder Gründling den Haken schluckte ich den Köder, den Mylady ausgelegt hatte, um mich in die Falle zu locken.
Ich hatte versucht, mit einem Mann über einiges Geld zu verhandeln, das ich dringend brauchte; aber seit unserem Streit hinsichtlich der Erbfolge hatte Lady Lyndon sich entschieden geweigert, irgendein Papier zu meinen Gunsten zu unterzeichnen, und leider muss ich sagen, dass ohne ihren Namen der meinige auf dem Markt kaum noch Wert besaß und ich von keinem Geldmakler in London oder Dublin auch nur eine Guinee bekommen konnte. Es gelang mir wegen des unseligen Zwischenfalls mit
Anwalt Sharp nicht einmal mehr, die Schurken aus letzterem Ort zu einem Besuch in Castle Lyndon zu bewegen; seit ich ihn dazu gebracht hatte, mir Geld zu leihen, und Solomons, dem alten Juden, die Schuldverschreibung geraubt wurde, als er mein Haus g verließ, mochten sich die Leute nicht mehr unter mein Dach begeben. Auch unsere Pachterträge befanden sich inzwischen in Händen der Eintreiber von Gläubigern, und ich hatte größte Mühe, von den Schuften so viel Geld zu bekommen, dass ich die Rechnungen meiner Weinlieferanten bezahlen konnte. Unsere englischen Besitzungen waren, wie schon erwähnt, ebenso belastet, und sooft ich mich an meine Anwälte und Agenten um Geld wandte, erhielt ich als
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