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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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gegeben hat, wo Fabricio del Dongo, auch er siebzehn Jahre alt, über das Schlachtfeld irrt, «ohne irgendetwas vom Geschehen zu begreifen». Stendhal fügt hinzu: «Man muss anerkennen, dass unser Held sehr wenig Held war in diesem Augenblick.» Das gilt auch für Barry
Lyndon, der die Erfahrung der Schlacht von Minden in die Gedanken münden lässt: «Mit diesen entsetzlichen Werkzeugen haben ihre großen Krieger und Könige überall auf der Welt ihr mörderisches Werk vollbracht; und während wir zurzeit alle ‹Friedrich den Großen›, wie wir ihn nennen, seine Philosophie, seine Liberalität und sein militärisches Genie bewundern, kann ich, der ich ihm gedient und gewissermaßen hinter den Kulissen gestanden habe, vor denen das große Spektakel aufgeführt wird, all dies nur mit Grauen betrachten. Wie viel Verbrechen, Elend, Sklaverei am Ende für den Ruhm nötig ist! Ich kann mich noch an einen bestimmten Tag erinnern, etwa drei Wochen nach der Schlacht bei Minden, und an ein Bauernhaus, in das einige von uns eindrangen; und wie die alte Frau und ihre Töchter uns zitternd Wein servierten; und wie wir uns mit dem Wein betranken und das Haus bald in Flammen stand; und wehe dem armen Kerl, der später heimkam, um nach seinem Haus und seinen Kindern zu sehen!» – Wer spricht hier? Ist das noch die Stimme des notorischen Aufschneiders Barry Lyndon? Oder bereits die des Autors Thackeray? Er kannte die Friedrich-Verehrung seiner Zeitgenossen, die einige Jahre später in Carlyles Biografie des preußischen
Monarchen gipfelte. Drei Jahre vor Barry Lyndon hatte Carlyle sein Buch Über Helden, Heldenverehrung und das Heroische in der Geschichte veröffentlicht. Thackeray widersetzt sich solcher Heldenverehrung, wenn er schreibt: «Der große, ruhmreiche Friedrich … machte vor keinem Verbrechen halt, um seine großartigen Regimenter mit Schießpulverfutter zu versorgen.» Die Fridericus-Legende wird hier ebenso entzaubert wie die von Carlyle gerühmten deutschen Zustände in der Epoche der Duodezfürstentümer. Die prunkvolle Residenz des württembergischen Herzogs mit Hofoper und siebzig Spieltischen wird in einer Weise beschrieben, dass wie von selbst die ironische Absicht des Autors hervortritt. Dass der Reichtum der Herrschenden auf der Armut und dem Elend der Landeskinder beruht, wird nicht verschwiegen. Über den berüchtigten Landgrafen von Hessen heißt es: «Der Fürst, auf dessen Gebiet wir uns befanden, war als der skrupelloseste Menschenhändler in Deutschland bekannt. Er verkaufte an jeden, der bezahlen konnte, und in den fünf Jahren, die der Krieg (später der Siebenjährige Krieg genannt) nun währte, hatte er die männliche Bevölkerung seines Fürstentums so vermindert, dass die Felder ungepflügt blieben».

    Es gehört zu Thackerays raffinierten Kunstgriffen, dass er solche Äußerungen einem Mann in den Mund legt, den wir hauptsächlich als prahlerischen Maulhelden kennen. Der Autor des Barry Lyndon ist zwar ein satirischer Gesellschaftskritiker, aber seine Kritik ist gepaart mit einem grimmigen Humor, der nicht selten an Swift erinnert. «Der Autor ist ein fröhlicher Anarchist», schrieb Julien Green in seinem Tagebuch,«sein Lachen hat, wie das von Swift, etwas Vernichtendes, ist jedoch mit größerer Gelassenheit gepaart, der Gelassenheit eines Henkers … Mit welch trockenen, präzisen und geringschätzigen Worten Thackeray die Dinge beschreibt, mit welch kalter Wut er es genießt, über den Geiz, den Hochmut und die Prostitution der Begüterten herzuziehen! Er ist wie ein Frettchen im Hühnerstall.» Dabei war Thackeray ein Liebhaber des galanten Jahrhunderts, dessen Schattenseiten in seinem Buch so erbarmungslos bloßgestellt sind; keine Epoche hat er mit vergleichbarer Leidenschaft und Ausdauer immer wieder aufgesucht. Er bewunderte Steele und Addison, die großen Zeitschriftenautoren, er schrieb Vorträge über «Englische Humoristen des 18. Jahrhunderts», sah sich selbst in der Tradition von Swift, Fielding und Smollett, der
grimmigen und burlesken Satiriker. Acht Jahre nach Barry Lyndon kehrte er mit der Geschichte des Henry Esmond auch als Romancier noch einmal in das 18. Jahrhundert zurück, diesmal in die Queen-Anne-Periode. Es ging ihm dabei weniger um die kritische Ausleuchtung der sozialen Welt als vielmehr um die Beschwörung von Geist und Atmosphäre jener Epoche.
    In Barry Lyndon feiert die Kunst der Beschreibung wahre Triumphe in der wuchernden Fülle charakteristischer

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